Myth: Kaninchen nehmen Mahlzeiten am Tag zu sich

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Giftige Pflanzen die hier aufgeführt oder vorgestellt werden, stellen für Tiere die Ad Libitum ernährt werden selten eine Gefahr dar, da sie in der Lage sind zu selektieren und daher immer wissen, was fressbar und genießbar ist und was nicht.

Wie in allen Fällen auch, ist jedes Tier individuell zu betrachten und man sollte neue Pflanzen IMMER langsam anfüttern.
Jedes Tier kann unterschiedliche Dinge auch unterschiedlich vertragen.

Die User sprechen von eigenen Erfahrungen, es liegt an Euch, Eure zu sammeln.
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Murx Pickwick
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Myth: Kaninchen nehmen Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Murx Pickwick » Sa 2. Jan 2010, 20:19

Es gibt ja immer wieder die Behauptungen, Kaninchen nehmen 30 (wahlweise auch 40, 50 oder 80) Mahlzeiten am Tag auf ... nur ganz ehrlich, was wird da denn als Mahlzeit gerechnet?

Wenn man Wildkaninchen futtern sieht, hoppeln die zu einer Pflanze, schnuppern mal dran, hoppeln nen Schritt weiter, fressen mal ne Pflanze, schauen dumm aus der Wäsche, fressen wieder nen Pflänzchen, hoppeln weiter, schauen dumm aus der Wäsche, rennen hinter einem anderen Kaninchen her, fressen wieder ein Pflänzchen, hoppeln wieder weiter, fressen wieder ein Pflänzchen - und das die gesamte Aktivitätszeit über. Auf die Art und Weise kommen sie über den Tag auf ca. 200g - 400g Frischfutter pro Kilo Kanin.

So ... was wird nun als Mahlzeit gezählt?
Jedes Pflänzchen?
Dann sind wir bei einem Durchschnittsgewicht der Pflänzchen von ca. 0,2g locker bei 1000 Mahlzeiten am Tag!

Die gesamte Aktivitätszeit?
Dann haben wir also zwei Hauptmahlzeiten und ein bis vier Nebenmahlzeiten am Tag.

Alle Pflänzchen, die ohne Zwischenhoppler aufgenommen werden?
Sind wir je nach Charakter, Jahreszeit, Tageslaune, Wetterbedingungen, Gruppenzusammensetzung, Alter, im Stall gehalten oder wildlebend usw usf irgendwo zwischen einer und über 1000 Mahlzeiten ... nur auf eines kommen wir auf gar keinen Fall, die 30, 40, 50 oder 80 Mahlzeiten am Tag ...

Also, was genau ist eine Kaninchenmahlzeit?
Und weshalb genau die magischen 30, oder 40, oder 50, oder 80 Mahlzeiten?

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Re: Myth: Kaninchen nehmen n Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von saloiv » Sa 2. Jan 2010, 22:19

Ich denke wenn das Kaninchen sich dazwischen mit etwas anderen beschäftigt (schlafen, springen etc.) und anschließend wieder frisst, sind es zwei Mahlzeiten. Meine Kaninchen machen immer kleine Pausen. Sie dösen beispielweise in der Sonne, betreiben gegenseitige Körperpflege, buddeln sich Gänge, springen umher, jagen sich, erkunden...
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Re: Myth: Kaninchen nehmen n Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Murx Pickwick » Sa 2. Jan 2010, 22:40

Dann wären es also zwischen 2 und 1000 Mahlzeiten am Tag ... aber eine genaue Angabe, wieviele Mahlzeiten das wirklich sind, läßt sich beim besten Willen nicht angeben.

Beispiel Wildkaninchen, Dauerregen, Herbst.
Die Kaninchen bleiben im Zentralbau, solange es der knurrende Magen zuläßt ... irgendwann am Vormittag kommen sie dann doch raus, bleiben jedoch zumeist im Wald, suchen sich dort eine möglichst lukrative Stelle, was Futter angeht, schlagen sich möglichst schnell den Bauch voll und verschwinden wieder im Bau. Gleiche Spiel dann Abends nach Einsetzen der Dämmerung.

Beispiel Wildkaninchen, schönes Wetter, Frühling.
Es wird wirklich immer nur ein Pflänzchen gefressen, vielleicht auch mal zwei, selten mehr wie vier Bisse nacheinander. Dann wird wieder sich aufgerichtet und nach Feinden geschaut, andere Kaninchen verjagt, sich geprügelt oder wo nin halt so Bock drauf hat.
Man kommt also nach dieser Definition locker auf über 1000 Mahlzeiten am Tag ... zumal die Hauptaktivitätszeiten meist auch noch sehr ausgedehnt sind, nin ist schon vor Morgengrauen unterwegs und gönnt sich erst gegen 10:00 ne Pause. Nachmittags sind sie auch noch mal über mehrere Stunden sehr rege und dann natürlich wiederum deutlich vor der Dämmerung bis man die Kaninchen kaum noch in der Dunkelheit sehen kann, selbst wenn sie sich bewegen.

Im Sommer dagegen lassen sich die Kaninchen wiederum mehr Zeit zum Fressen und futtern durchgängiger - aber auch hier kommst du nie und nimmer auf 40, 50 oder 80 Mahlzeiten, weil die Kaninchen viel zu unterschiedlich pro Tag fressen. Mal springen sie halt mehr durch die Gegend, mal nehmen sie tatsächlich nur eine Mahlzeit deiner Definition pro Aktivitätsphase ein.

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Re: Myth: Kaninchen nehmen n Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von lapin » So 3. Jan 2010, 10:59

Also wenn ich jetzt mal ganz einfach nach mir gehe...habe ich keine typischen, beim Menschen bekannte MahlZeiten (Frühstück, Mittag, Kaffee, Abendbrot)...wenn ich so überlege was ich den ganzen Tag so zu mir nehme, habe ich mindestens 10 Mahlzeiten oder sind das nur Leckerlies :strange:...auf jeden Fall ess ich da :D!

Was ich sagen will, die Mahlzeiten genau zu benennen bzw. zu behaupten das Kaninchen eine bestimmte Anzahl an Mahlzeiten aufnehmen kann wieder nur als Richtlinie dienen, um die ganze Ernährung nicht ad libitum nennen zu brauchen :D!
Mir wurde immer erzählt, Kaninchen fressen 24h (Hauptbeschäftigung), dass müssen sie auch, weil Stopfmagen, nur wenn oben was reingeht, kann unten auch was rauskommen (logisch isses), jedoch hab ich noch keins meiner Nickels rund um die Uhr fressen sehen (sie habens aber rund um die Uhr zur Verfügung) Oo...und trotzdem können sie mächtig kötteln!
Lg lapin"Das Leben ist 10% was dir passiert und 90%, wie du darauf reagierst."

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Re: Myth: Kaninchen nehmen n Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Murx Pickwick » So 3. Jan 2010, 11:53

Leider führen solche Behauptungen sehr leicht dazu, daß zwangsernährt wird, weil die Halter glauben, ihre Kaninchen und Meerschweinchen könnten nicht hungern ... dabei sind "Fastenzeiten" nach schweren OPs und bei endgültiger Überforderung durch Kuntibuntis unbedingt notwendig!
Echte Fastenzeiten, wie wir Menschen sie kennen und ab und an mal praktizieren, sind das zwar nicht, weil der Magen immer noch bis Anschlag mit Blinddarmkot, und wenn vorhanden, auch mit Sägespänen, Holz, altem Laub, Nadelbaumzweigen und ähnlichem gefüllt wird, dennoch ist es eine Zeit, wo bis zu drei Tage lang so gut wie kein Futter aufgenommen wird.
Kaninchen sind hier sogar im Gegensatz zu Meerschweinchen echte "Hungerkünstler", nach ner entsprechend langen Kuntibuntizeit kommen sie bis zu einem halben Jahr mit extrem wenig Nahrung aus, man sieht dann kaum, daß überhaupt was gefressen wird, weil von der Frischkost und dem Heu nur ganz wenig fehlt. Sie verbrauchen in dieser Zeit all die Nährstoffe, welche sie vorher im Übermaß einlagern mußten und nehmen nur noch gezielt die Nährstoffe auf, die zuwenig da sind - außerdem wird in dieser Zeit der Dünndarm vollüberholt und repariert.

Solche Verhaltensweisen wären nicht möglich, wenn die Tiere tatsächlich daran angepaßt wären, 40 - 80 Mahlzeiten am Tag aufzunehmen sondern es deutet darauf hin, daß es diese Notfallprogramme auch in der Natur bei wildlebenden Kaninchen gibt.

Ich denke, immer noch verständlich wäre dann eher, es mit dem Futter wie mit dem Wasser zu halten:
Es ist notwendig, daß immer Frischfutter und Wasser vorhanden ist, damit die Tiere, wenn sie Durst oder Hunger haben, den auch stillen können. Begründen kann man das leicht, indem man darauf hinweist, Kaninchen finden auch in der Natur immer und ständig irgendwas zu futtern und siedeln sich nur dort an, wo sie auch was zum Saufen vorfinden und bei den Meerschweinchen kann man Argumentieren, daß die ja in ihrer Heimat auch immer den Stall mit Gras und Gemüseresten vollgehauen bekamen und nie auch nur ne Minute ohne Frischfutter auskommen mußten.
Bei den Meerschweinchen wirds mit dem Trinken ein wenig schwieriger, die bekommen nämlich in ihrer Heimat kein Trinken extra hingestellt, wenn es heiß und trocken ist, dursten die halt in ihrer Heimat ... hier könnte man vielleicht damit argumentieren, daß sie ja in ihrer Heimat kein Heu bekommen, sondern nur frischgeschnittenes Gras und frische Gemüsereste (ganz stimmt das allerdings nicht, sie bekommen zur Maisernte auch Maisstroh und das ist genauso furztrocken wie unser Heu ... ), bei uns jedoch können wir nicht rund um die Uhr frisches Gras zur Verfügung stellen, also muß trockenes Heu verfüttert werden - und das fehlende Wasser per Trinknapf angeboten werden.
Müßte doch eigentlich kurz und verständlich genug sein, oder?

Was meint ihr?

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Re: Myth: Kaninchen nehmen Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Kaktus » Di 5. Jan 2010, 14:56

Im Endeffekt ist es doch so, dass alle Nager und Kaninchen die meiste Zeit des Tages (ich spreche jetzt mal von 24 h) damit beschäftigt sind

a. zu schlafen
b. sich auszuruhen oder zu wachen
c. zu fressen (ganz viele kleinere Happen, quasi kleine "Mahlzeitchen")
d. ihre sozialen Kontakte zu pflegen, zu "spielen" (Hacken schlagen), Toilette, ...

In der Natur kommt die Futtersuche hinzu (= Bewegung), also erweitert sich die allgemeine Beschäftigungsdauer mit dem Futter (Suche/Bewegung, Probieren, Aufnahme) noch um Einiges. Zudem bewegen sich Wildkaninchen und freilaufend im Garten lebende Ninis deutlich mehr als unsere Haustiere und müssen demnach noch mehr fressen als Wohnungstiere.

Man schaue sich nun ein nicht ad libitum ernährtes (und nicht frei lebendes Tier) an: es muss Langeweile haben ohne Ende... zur Not frisst es halt das böse Heu, was normalerweise kaum angerührt wird. Ist ja doch fast irgendwo ein Stück weit Tierquälerei :X
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Re: Myth: Kaninchen nehmen Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Grashüpfer » Mi 6. Jan 2010, 13:19

Egal wie oft nun ein Kaninchen am Tag etwas zu sich nimmt, meiner Meinung nach sind das immer aus Sicht des Kaninchens eine Hauptmahlzeit.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kaninchen die Fähigkeit besitzt aus Langeweile zu fressen. Ich denke, wenn die fressen, dann eben einfach um ihren Stopfmagen in Gang zu halten bzw. weil sie Hunger haben und dann ist es auf jeden Fall eine Hauptmahlzeit.

Dass sie immer nur mal kurz an einem Blümchen nagen, dann kurz woanders hinhoppeln, weiterfressen, spielen, weiterfressen, schließe ich darauf, dass es A) Fluchttiere sind und sie B) ja ihr Futter selektieren. Es probiert irgendwas, stellt fest, dass es darauf keinen Apetitt hat oder das Zeugs gerade nicht braucht, schaut sich um hoppelt zum nächsten fressbaren, zwischendurch wird es vielleicht durch irgendwas abgelenkt, schließt ja aber nicht aus, dass es trotzdem eine Hauptmahlzeit ist.

Grundsätzlich finde ich die Angabe, dass ein Kaninchen X - Mahlzeiten am Tag zu sich nimmt schon deshalb nicht korrekt, da Kaninchen bestimmt auch unterschiedlcih aktiv sind, unterschiedliches Gewicht haben unter unterschiedlichen Stressfaktoren leben. Auch in freier Natur und dementsrpechend fressen sie halt, aber wenn sie fressen sind es meiner Meinung nach immer Hauptmahlzeiten, so groß ist denen ihr Magen ja nicht, dass sie einfach mal aus Gelüste fressen würden, sie müssten ja dann gleich satt sein, wenn sie aus Gelüste essen würden.
Wie Murx ja schon angedeutet hat, ist das aufnehmen der Anzahl der Mahlzeiten bestimmt auch von der Jahreszeit abhängig. Ich sehe es an meinen, bei Dauerfrost reduzieren die ihr Futter so radikal, dass ich als Mensch Angst habe, dass sie verhungern. Wir werden im Frühling sehen..... :X
"Dass einmal das Wort Tierschutz geschaffen werden musste,
ist eine der blamabelsten Angelegenheiten der menschlichen Entwicklung."

(Theodor Heuss)

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Re: Myth: Kaninchen nehmen Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Kaktus » Mi 6. Jan 2010, 14:33

Grashüpfer hat geschrieben: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kaninchen die Fähigkeit besitzt aus Langeweile zu fressen. Ich denke, wenn die fressen, dann eben einfach um ihren Stopfmagen in Gang zu halten bzw. weil sie Hunger haben und dann ist es auf jeden Fall eine Hauptmahlzeit.
Mit der "Haupt"mahlzeit stimme ich zu, meiner Ansicht nach, ist jede noch keine mahlzeit, eine "Hauptmahlzeit".
Aber zum Rest:
Kaninchen essen nicht nur, wenn sie Hunger haben. Schau dir mal die ganzen Trockenfuttertiere an: sie fressen, weil Kaninchen nun mal daran angepasst sind kontinuierisch Futter aufzunehmen (aber eben eigentlich faserige und energiearmes...). Diese falsch ernährten Tiere sind schon längst mit dem energiereichem Futter vollgestopft, satt, der Magen völlig überladen, aber sie essen weiter, aus dem Instinkt heraus und aufgrund von Langeweile... Verdauungsprobleme, Fettsucht, Gelenkprobleme, Magenwandriss etc. sind die Folge.


Übrigens zum Begriff "Stopfmagen" hatten wir hier mal was dazu: https://www.tierpla.net/ernahrung-chinchilla/stopfdarm-magen-t3133.html" onclick="window.open(this.href);return false;
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Re: Myth: Kaninchen nehmen Mahlzeiten am Tag zu sich

Beitrag von Murx Pickwick » Mi 6. Jan 2010, 16:50

Es ist einfach ein Mythos, daß Kaninchen faserreiche und energiearme Kost futtern - im Gegenteil, der größte Teil machen junge, faserarme und sehr eiweißreiche Blättchen von Kräutern und eiweißreichen bzw zuckerreichen Gräsern aus. Deshalb bevorzugen sie doch in Gefangenschaft gerade den eiweißreichen Kohl, eiweißreichen Klee und fressen sogar Luzerne in großen Mengen!

Wenn du dir mal die pelletgefütterten Kaninchen in den Buchten diverser Rassekaninchenzüchter und Kaninchenmäster anschaust - die Kaninchen sind aufgedunsen - ja, sie haben kaum Muskeln - ja, aber sie sind lange nicht so fett, wie die Kaninchen bei gleichem Platz in den Kinderzimmern ... und genau die Buchtenkaninchen sollten ja eigentlich extraviel Langeweile haben.
Ist jedoch nicht der Fall, der Unterschied liegt ganz woanders ...

Der Hauptunterschied ist, daß Industriefutter feingemahlene, aufgeschlossene pflanzliche Teile sind, die unter hohem Druck zusammengepreßt werden. Erstens werden dabei Eiweiße aufgebrochen und in kleinere Eiweißbausteine zertrümmert, zweitens sind die einzelnen Partikel sogar noch kleiner, wie im gekauten Nahrungsbrei von Kaninchen, welche frische junge Blättchen futtern und drittens brauchts enorm viel Flüssigkeit, um das in einen schlüpfrigen Nahrungsbrei für den Darm aufzubereiten.

Egal, ob Mastpellets oder Kuntibunti, wenn das Zeug erstmal im Darm ist, braucht es deutlich länger, um durch den Dünndarm zu kommen, wie der Nahrungsbrei von wässrigen, jungen Blättchen. Die Nährstoffe, wie beispielsweise Eiweiß, sind schon von Natur aus zerlegt, brauchen also nur noch wenig von körpereigenen Enzymen zerlegt werden und dadurch wird deutlich mehr Nährstoffe von allem aus dem Futterbrei geholt, wie es jemals möglich wäre bei jungen, frischen Blättchen!
Bei der Aufnahme der gleichen Menge Trockenmasse über junge, frische Blättchen und diesem Industriefutter werden also über das Industriefutter deutlich mehr Nährstoffe aufgenommen, von denen, die da sind, ohne das wirklich mehr Energie in diesem Industriefutter steckt.
Es ist also hauptsächlich die Beschaffenheit des Futters, nicht der Energiegehalt!

Die Kuntibuntis haben nun jedoch noch zusätzlich den Nachteil, daß die aufgebrachten Mineralstoffe und Vitamine nur an der Oberfläche sitzen und nach und nach abgeschrubbert werden im Futtersack, so daß ein Ungleichgewicht der Nährstoffe entsteht - und die Kaninchen, welche nur ihr Kuntibunti zur Verfügung haben und sonst nix, fangen nun an zwangsweise solange oben reinzustopfen, bis von allen Mineralstoffen genügend aufgenommen ist - leider bedeutet das jedoch für das Kaninchen, daß es nun durchaus gezwungen wird, alles andere, was zuviel da drinne ist, auch mit aufzunehmen! Einschließlich Stärke und Zucker, also schnell verfügbarer Energie ... daß das nicht gerade gut sein kann für die Figur, liegt hier doch auf der Hand.

Übrigens nimmt ein Großteil der Kaninchen irgendwann nach jahrelanger Industriefutterernährung ab - in der Zwischenzeit sind nämlich durch Fehlgärungen etc wegen der langsamen Darmpassage die Transporter für Nährstoffe futsch und es kann letztendlich nur noch das aufgenommen werden, was passiv durch die Darmwand diffundiert.

Der berühmte Magenwandriß kann nur entstehen, wenn die Kaninchen noch zusätzlich nur einmal am Tag was zu futtern bekommen - sobald das Futter reingestellt wird, lassen sie den Mageninhalt in den Darm, um für ihr Futter Platz zu machen - und schaufeln sich nun diese Trockenmasse rein, fressen bis Anschlag (was sie auch machen, wenn die kleine, junge, grüne Blättchen fressen) - nur, während kleine grüne, junge Blättchen nicht aufquellen - die sind ja schon mit Wasser gesättigt, tut das nun der Nahrungsbrei, der selbst nach Einspeicheln nicht feucht genug ist für den Darm.
Das Kaninchen gibt nämlich nun Magensäfte dazu, bis der Nahrungsbrei feucht genug ist - vorher wird der Pförtner nicht geöffnet. Das Trockenfutter quillt nun um das drei bis achtfache auf ... und reißt damit die Magenwand, wenn es zu stark aufquillt.

Werden Kaninchen übrigens mit Leindotter und Leinsaat gefüttert, passiert das nicht, trotzdem Beides deutlich mehr quillt wie Trockenfutter. Der Grund sind hier die Saponine, welche beim Quellen eine Schleimschicht um die kleingeriebenen Saaten legen und damit selbst dann schon schlüpfrig genug für den Darm sind, wenn sie noch gar nicht voll aufgequollen sind. Sie werden also schon recht früh in den Darm entlassen und nicht noch vollgehauen mit Magensäure.
Trotzdem Leindotter und Leinsaat eine deutlich höhere Energiedichte hat, wie Trockenfutter, nehmen Kaninchen damit auch nicht zu, sondern ab, wenn sie das als einzige Kost bekommen.

Der Fehler der Industriekost ist also keineswegs die Energiedichte, sondern vielmehr das fehlende Wasser und dadurch erhebliche Quellfähigkeit, ohne Schmiermittel zu enthalten. Das Problem ist der langsame Transport durch den Dünndarm. Das Problem sind die gecrackten Eiweiße und die freiliegenden Zusätze.
Kurzum, das Problem ist, daß die Kaninchen erst 50 Generationen höchstens Zeit hatten, sich an sowas anzupassen! Und das reicht bei weitem nunmal nicht aus.

Kaninchen können aufgrund ihres Freßverhaltens nicht aufgrund von Langeweile fressen, sie bekommen nur soviel in den Magen rein, wie reinpaßt - sonderlich dehnfähig ist das Ding nicht. Sobald der Magen also voll ist, hören Kaninchen mit Fressen auf, egal ob Kuntibunti oder junge, grüne Blättchen.

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