Ich hab da mal etwas Gesprächsbedarf und brauche Ideen und Anregungen

Vorweg: ich bin glücklich darüber, Biskit bei mir zu haben und er/wir haben schon so viele Fortschritte in dem guten Dreiviertel Jahr gemacht, dass ich wirklich stolz auf uns bin


Kurz zu Biskit: er ist ein mittelgroßer Mischling vom Windhundtyp, ca Februar 2018 im Oman geboren. Als „Welpe“ (Alter unklar) wurde er mit Gleichaltrigen von einer Dame von der Straße geholt - alle wohl unterschiedlich stark verletzt. Sie hat die Hunde wohl aufgepäppelt, leider schon mit 6 Monaten kastrieren lassen und dann privat vermittelt. Über ein paar Kontakte kam Biskit dann Anfang 2019 nach Deutschland zu einer jungen Familie. Diese hat ihn aber schon im Sommer wieder abgegeben - ich habe ihn im August von dort mit einigen Baustellen geholt. Er hat ein paar Narben am Körper und offenbar viele auf der Seele. Zu mir hat er sehr schnell Kontakt aufgenommen (ich habe ihn einmal angeschaut, dann abgeholt, etwa 12h bei ist er auf mich zu), danach recht zügig mit meiner Mama und meiner Schwester und seit Herbst gehört auch mein Freund zu „seiner Familie“ - Gassi gehen eigentlich nur mein Freund und ich, aber wir alle 4 können in entspanntem Umfeld mit dem Hund quasi „alles“ machen. Er duldet wirklich viel an Manipulation, verweigert sich aber deutlich, wenn sein Unbehagen länger oder mehrmals nicht zu einem Ende geführt hat - dann knurrt er, schiebt Hände und sich weg, geht und ich denke, er würde als letzte Instanz auch seine Zähne nutzen. Auf Grundstücken, auf denen er schon öfter war, meldet er (potenziell) hereinkommende Menschen sicher, zuverlässig und deutlich, aber freundlich.
Insgesamt ist er ein sehr sensibler Hund mit unglaublich hoher Auffassung, schneller Reizweiterleitung und Reaktion - Unbehagen und Unsicherheit steigert sich bei ihm schnell in Angst und Panik. Trigger sind besonders plötzliche Geräusche, Windgeräusche, fremde Menschen - insbesondere Ansammlungen oder hinter uns laufende, Fahrräder, fahrende Autos/LKWs/Motorräder (insgesamt Straßenverkehr).
Bei einem Intensiv-Training bei einer Trainerin habe ich zu seiner Körpersprache viel gelernt - er ist da sehr fein, durch sie habe ich das sehr schnell zu entziffern gelernt. Zumindest meistens klappt es. Mit einem anderen Trainer habe ich zu Hause gearbeitet - dadurch dass er hauptsächlich über Marker arbeitet und das nichts für mich im Alltag ist, haben wir die Einzelcoachings gelassen, werden aber noch ein Mantrailing-Versuch angehen - Ohne Leistungsdruck, sondern nur, um Biskit im Rahmen von einer spaßigen Sache (wenn er denn Spaß daran hat) an seine Trigger heranzuführen und so die negativen Emotionen hoffentlich „überschreiben“. Ein Versuch ist es wert. Ansonsten habe ich mit dem Trainer einiges aus dem Lernverhalten und der Hormonwirkung aus meinem Hinterkopf geholt.
Aktuell lese und schaue und rede ich viel zu Verhalten, Lernen, Emotionen und Hormonen, Kommunikation unter Hunden und zwischen Hund und Mensch. Und mache neben „Alltagstraining“ (bei jedem zur Tür raus gehen...) etwas Medical Training. Ansonsten läuft hier nicht viel.
Soviel zur Situation. Dann komm ich mal zu meinen einzelnen Punkten.
1. Er hatte ANfang des Jahres eine Zahnfleischentzündung mit Zahnsteinbildung, die ANtibiotikum brauchte, und jetzt fängt schon wieder eine Entzündung an. Die TA meinte das letzte Mal schon, dass wir bei einem so jungen Hund mit Maulproblemen nicht ums Putzen rumkommen. Jetzt hab ich für die Zeit des Trainings ein Spray und hochwertige Kaustangen geholt, bei denen ich das Gefühl hatte, es bringt ein bisschen was. Wir sind jetzt aber noch lange nicht so weit, Zähne zu putzen (also ich könnte ihm schon die Zähne putzen, aber das wäre weit von freiwilliger Mitarbeit entfernt und er muss das ja bis an sein Lebensende dulden...). Fleischbrocken zur Zahnreinigung fallen raus - roh verträgt er nicht gut und mit tierischem muss ich eh aufpassen, da er sonst überdreht, hibbelig und unruhig wird und schlecht runter kommt.

2. Er läuft an einem Sicherheitsgeschirr und meistens an einer 5m Biothane-Leine. Durch das Leinengewicht, aber spätestens wenn er versucht, seitlich auszuweichen/zu fliehen, verrutscht das Geschirr, so dass die Öse seitlich hängt. Durch seinen spitzen Brustkorb rutscht er auch nicht mehr mittig, sondern erst auf Zug und dann komplett auf die andere Seite. Ich hatte verschiedene Geschirre ausprobiert und auch eines anfertigen lassen - das was er hat, war das einzige, dass er gut trägt (ich versuche ein Bild anzuhängen). Seit etwa 2 Monaten fällt mir auf, dass sein Rücken im Stehen dort, wo der mittlere Gurt läuft, nach unten absackt. Kann das vom Geschirr-/Leinenmanagement kommen? Und wie löse ich das? Die 3m Leine ist fast genauso schwer und dauerhaft oder hauptsächlich die 1m kommt nicht in Frage, da kein Freilauf möglich ist (also nur in umzäunten Gebiet und da hab ich keine Möglichkeit für mehrmals die Woche, sondern eher so 2 mal im Monat).
3. War so nicht geplant und wir werden die Wohnsituation sowieso ändern - aber aktuell und ich weiß nicht, wie lange noch, wohnen mein Freund und ich mit dem Hund im Ortskern (offiziell Stadt, eher Dorf) - das heißt, bei jedem rausgehen begegnen wir tagsüber all seinen Triggern. Zum Bach, Feld und Auto ist es jeweils nicht weit - aber eben für ihn immer anstrengend. Je nach seiner und meiner Tagesverfassung und Verkehr kann der Weg sehr gut laufen (er ist nur etwas unsicher) oder so eine Panik auslösen, dass gar nichts geht, wir zurück müssen und der Hund nichtmal pinkeln konnte. Insgesamt läuft es besser, wenn wir zu zweit sind, ich „da“ bin und Körperspannung habe oder es nachts ist (also kaum was los). An schlimmen Ecken kommen wir am besten joggend vorbei (schwanger im dritten Trimester ist da aber meine Möglichkeit begrenzt). Stehenbleiben und runter kommen lassen, kann zu einer Verbesserung führen, aber bei der falschen Wartezeit auch zu völliger Panik führen - das ist also eine Gratwanderung. Seit etwa 2 Monaten üben wir, dass ich zwischendurch ganz bewusst die Führung übernehme, er hinter oder neben mir läuft - wenn er entspannt ist, klappt das super. Wenn er unsicher ist, kann ich es einfordern und er nutzt es teilweise von sich aus. Aber wenn er weiter unruhig wird und/oder in Angst oder gar Panik verfällt, geht nichts mehr.
Wie würdet ihr da ran gehen?
4. Auch draußen betreffend. Er diskutiert hin und wieder ausführlich über die Richtung - wenn er vor etwas Schiss hat und das nicht „weg geht“, gehe ich mit ihm wenn möglich einen anderen Weg. Ebenso, wenn ich ihn aus Versehen überfordert habe, er durch ist und Richtung nach Hause möchte. Es gibt aber natürlich sehr viel mehr Situationen, in denen ich auf meinem Weg bestehe. Verbal ist da nichts zu holen - körpersprachlich meistens auch nicht oder ich bin zu schlecht. Wenn ich ihm den Weg versperren und/oder ihn in meine Richtung drücken will, muss ich ja erst auf ihn zu, was er verständlicherweise als Einstimmung in seine Richtung versteht und dann versucht er sich auch an mir vorbeizudrücken. Ziehen geht nicht - da müsste ich ihn über den Boden schleifen (mal abgesehen davon, dass ich generell möglichst wenig an der Leine rumziehen will). Aussitzen und warten geht nicht immer (Straße) und kann auch über 10 Minuten dauern... Vorbeijoggen, wenn ich es voraussehen kann, funktioniert, aber umgeht den Konflikt, statt ihn zu lösen - und ist außerdem auch nicht immer und vermutlich nicht mehr lange möglich... Wie löst ihr das?
5. Von draußen nach drinnen: In unserer Wohnung ist er wie depressiv - total antriebslos, zu nichts zu motivieren und sieht nicht sonderlich glücklich aus. Besonders wenn mein Freund arbeiten ist und ich alleine daheim bin, passiert aber auch nicht viel: er kann zu einem Fenster auf Dächer, ein paar Baumwipfel und ne Hand voll Vögel rausschauen, ich putze mal ne Stunde oder 2 und mach essen, hab aber sonst auch viel sitzende Tätigkeit, die Meerschweine wohnen auch nicht hier, also kann er auch die nicht gucken. Bei meiner Mama hat er 2 bodentiefe Fenster in den großen Garten mit Vögeln und Hühnern und der Straße vorm Grundstück, mindestens 2, eher 3 oder 4 Menschen und 2 Katzen, die ihr Ding machen und er hat einfach bisschen was zu gucken. Da liegt er auch rum (ist ja völlig richtig), aber sieht dabei glücklich und zufrieden aus und ist auch einfach zu motivieren/animieren. Wie kann ich ihm denn die langweilige Wohnung etwas anregender machen?
6.Wie zur Hölle bringe ich ihm bei, sich zu melden, wenn er mal muss? Selbst dass er unruhig wird, ist äußerst selten. Wenn er wach wird und sich aufsteht, denke ich meistens „oh, vielleicht will er jetzt mal raus“ - und dann dreht er sich um und geht, wenn ich das Geschirr in der Hand habe. Kann also nicht so dringend sein - wenn es wirklich bressiert, kommt er zum Geschirr hin. Aber das ist halt, wenn man ihn mal nach vielen Stunden weckt...
7. damit zusammenhängend: Gibt es Hunde, die einfach erst abends wach werden? Wenn wir ihn nicht wecken und aus dem Schlafplatz „werfen“, steht er frühestens um halb 12, 12 auf (wenn das letzte Gassi abends gegen 12 war). Dann gehen wir raus, danach bekommt er Futter und dann legt er sich wieder hin. Vielleicht kommt er dann, wenn ich was esse, frisst dann etwas und legt sich dann aber wieder hin - rausgehen nicht möglich, ohne ne viertel Stunde zu überreden. Er steht dann erst wieder gegen 5 oder 6 auf. Dann geht er einigermaßen gut mit raus, manchmal auch sehr gut. Danach frisst er dann wieder und will dann schon, dass man sich mit ihm beschäftigt - am besten Kuscheln...aber ab da ist er dann viel wach, kuschelt, vielleicht kann man auch mal etwas spielen. Ab etwa 9 kann man sehr schön mit ihm raus gehen, da ist er dann draußen recht gut gelaunt - je nachdem was noch los ist. Nachts ist es dann richtig super draußen! Da steht er sogar meistens nochmal für auf, ist begeistert, tollt rum, schaut sich alles an und ist auch danach daheim wieder noch etwas „aufgekratzt“ - selten zu sehr, sondern eben einfach noch aktiv, aber fährt zügig wieder runter. Aber das kommt mir insgesamt halt irgendwie so seltsam vor - den Großteil des Tages ist er richtig antriebslos und will nicht raus, muss kaum pinkeln und Abends / Nachts hab ich dann das Gefühl, einen einigermaßen normalen, 2 jährigen Hund zu haben.
So, ich glaube ich bin fertig

Liebe Grüße!