Ich muß hier mal wieder richtigstellen, ihr kennt mich ja inzwischen

(Außerdem gibts ja schon wahnsinnig viele Gegenargumente, nun brauchts noch die Fürargumente, damit es ausgewogen wird)
Fluchttiere sind eigentlich fast alle Säugetiere, wenn man mal von Faultieren und Igeln absieht ... selbst Löwen kennen die Flucht und setzen sie bei solch übermächtigen Gegnern, wie beispielsweise Elefantenbullen in der Musht, sehr erfolgreich ein. Einige Säugetiere, wie beispielsweise Hunde, Katzen, Frettchen, Pferde, Esel, Ziegen, Kamele und was weiß ich noch alles werden an die Leine genommen - ohne daß je jemand drüber nachdenkt, was passiert, wenn diese Fluchttiere tatsächlich sich mal erschrecken und die Flucht antreten. Bei einigen dieser Tiere, wie Hunde, Katzen, Frettchen, PFerden und Schafen kann so eine Flucht an der Leine fatal für Mensch und/oder Tier ausgehen ... andere Fluchttiere, wie Esel, Kamele und Ziegen sind da weniger anfällig für beiderseitige Verletzungen, da gibts dann eher Verletzungen durch Angriffsverhalten.
Flucht ist also ein normales und sehr weit verbreitetes Verhalten von Säugetieren (und nicht nur Säugetieren, sondern auch verschiedensten anderen Tieren). Flucht ist offenbar nicht gleich Flucht, ansonsten gäbe es fatale Unglücke durch Erschrecken und Flucht sowohl bei Eseln, als auch bei Pferden ... es gibt also enorme qualitative Unterschiede im Fluchtverhalten.
Hunde, Katzen und Pferde beispielsweise fliehen kopflos ... wenn die sich richtig erschrecken und panisch werden, fangen sie einfach an zu rennen. Andere Tiere, wie Esel oder Ziegen, fliehen mit Überlegung, Esel bleiben sogar stehen und drehen sich auf der Flucht um, um abzuschätzen, was gefährlicher ist - der Weg vor ihnen oder die Gefahr hinter ihnen ... für Hunde oder Pferde ein Verhalten, was einfach unvorstellbar ist, wenn die sich richtig erschrecken und Panik bekommen, nehmen die ihre Pfoten und Hufe in die Vordergliedmaßen und machen so schnell als möglich, um aus der Gefahrenzone zu kommen ... und schauen hinterher - vielleicht - weshalb sie flohen!
Wenn man nun beurteilen will, wie gefährlich eine Leine bei der Flucht eines Kaninchens ist, muß man also ersteinmal wissen, wie eigentlich Kaninchen fliehen bzw welche Feindvermeidungsstrategien sie haben - und da stellt sich schnell raus, Kaninchen kennen Beides, die kopflose Flucht und die überlegte Flucht. Sie haben gleich ein ganzes Repertoire an Feindvermeidungsstrategien: kopflose Flucht, Flucht in den Kaninchenbau, Wegducken, Verstecken, Springen (teilweise über den Feind drüberweg!), Angriff ... dabei ist den Kaninchen angeboren, zu welchen Feindvermeidungsstrategien sie am meisten tendieren.
Der überwiegende Teil der Kaninchen flieht sehr überlegt ... die Flucht ist abhängig von der Entfernung zum Bau oder zu dichtem Unterholz. Sind die Kaninchen in der Nähe von Bau oder Unterholz, fliehen sie schnellstmöglich in diese Verstecke und ducken sich dort weg. Sie stehen nicht mal dann auf, wenn der Feind anfängt, den Bau aufzugraben oder das Gestrüpp zu inspizieren. Erst, wenn der Feind tatsächlich nur noch *haps* machen braucht, um das Kanin zu bekommen (und manchmal nicht mal dann, ich hab manches mal Wildkaninchen aus dem Gestrüpp fischen können), fliehen die Kaninchen wieder - allerdings sehr geziehlt und kräftesparend, niemals kopflos. Sie kennen ihren Feind und kennen dessen Stärken und Schwächen. Sie nutzen in genialer Art und Weise Baumstämme, Zäune, Gestrüpp, Felsen, steile Berghänge oder sogar Abgründe und Felswände, je nachdem, was ihnen zur Verfügung steht.
Kaninchen fliehen in der Regel nur im Gelände, welches sie gut kennen ... im unbekannten Gelände ducken sie sich weg, sie legen sich wie ihre Verwandten, die Feldhasen, flach auf den Boden mit angelegten Ohren und hoffen, daß der Feind bald vorbeigegangen sein möge ... und genau das wird unbewußt beim Kaninhop ausgenutzt.
Während im eigenen Heim die Kaninchen tatsächlich bisweilen sich erschrecken und losspurten, als wenn der Leibhaftige hinter ihnen her wäre, ist das auf den Kaninhop-Turnieren anders. Die Kaninchen legen sich dort flach auf den Boden, wenn sie Panik bekommen und werden dann oft von ihren Haltern entweder eingesammelt oder durch Anstupsen und leichter Haarmassage (das "Kitzeln", was Wolle erwähnte) dazu animiert, weiterzuhoppeln.
Direkt bei Kaninhop passiert daher so wenig mit der Leine ... ausnahmslos alle Unfälle mit Leine entstanden bei diesen Turnieren durch ungeduldige Kaninhopper, welche der Meinung waren, die Weigerung ihrer Kaninchen zu Springen damit entgegensteuern zu können, indem sie das Kanin mit elegantem Leinenruck zum Katapultstart zu verhelfen ... nunja, dieses Verhalten mag zwar dazu führen, daß das Kanin im eleganten Bogen das Hindernis im Doppelsalto meistert, aber es hat auch oft genug fatale Nebenwirkungen.
Übrigens ... solche Katapultstarts verletzt nicht nur Kaninchen an der Leine, sondern auch Hunde an der Leine, wie sich leicht bei einigen Kleinsthundehaltern nachweisen läßt, die einen solchen Katapultstart ihren Lieblingen bei Ansichtigwerden von tatsächlichen oder vermeintlichen Kampfhunden angedeien lassen ... selbst, wenn die Hundili tatsächlich das Ziel, nämlich den erdrück ... äh ... schützenden Arm ihrer Halter treffen, ist die Masse mal Beschleunigung, mitgeteilt über Halsband oder Geschirr, dazu geeignet, schwerste Läsuren und Knochenbrüche bis hin zum tödlichen Genickbruch auszulösen.
Das Argument Fluchttier bei Kaninhopveranstaltungen kann man also knicken ... die Gefahr, daß ein Kaninchen bei diesen Veranstaltungen Panik bekommt und plötzlich ins Geschirr rast, ist deutlich geringer, wie die Gefahr, daß jemanden sein Hund plötzlich Panik bekommt und plötzlich in Geschirr oder Leine rast.
Die Kaninchen ducken sich weg, statt blindlings zu fliehen.
Die Panickel, welche tatsächlich kopflos fliehen, sind genetisch bedingt - die wird man wohl kaum bis zu einer Veranstaltung bringen, die fallen vorher durch schreckhaftes Losspurten auf ... die bringen es allerdings teilweise auch fertig, in einem 4qm Raum sich kurzerhand an der nächsterreichbaren Wand böse Läsuren bis hin zu Schädelbruch zu verpassen, ganz ohne Leine.
Die meisten Kaninhopkaninchen leben in beengten Verhältnissen ... oft viel zu eng gedrängt. Den Haltern ist gar nicht möglich, den Tieren eine artgerechte Weide zu verpassen, sie müssen oftmals mit 2qm pro Kanin auskommen. Bei zwei Kaninchen sind das gerade mal 4qm, für vier Kanin gerade mal 8qm. Das ist weit weg von den mind. 40qm für eine Kaningruppe ... gibt übrigens Kaninchen, die sich unter diesen beengten Verhältnissen vertragen und wo der soziale Streß nicht in negativen Streß umschlägt, die Normalität ist das jedoch nicht.
Wird nun Kaninhop betrieben, wird der soziale Streß beim Kaninhop abgebaut. Die Kaninchen sind also auf so engem Raum sehr viel ruhiger und entspannter und vertragen sich besser. Kaninhop übernimmt hier die Funktion eines Laufrades oder Lauftellers.
Es geht aber noch weiter ... denn im Gegensatz zu Rassekaninchenveranstaltungen, wo ein erheblicher Teil der Kaninchen nach den Ausstellungen erkranken, ist das bei den Kaninhoppern nicht zu beobachten - die Kaninchen erkranken nicht häufiger, wie Kaninchen in vergleichbaren Haltungen ohne Kaninhop und durch die Gegendkutschieren!
Der Grund scheint auch hier wieder der soziale Streß zu sein ... bei Kaninchen wird durch erheblichen Feinddruck der vorhandene soziale Streß gecancelt ... wenn Füchse in Kaninchenrevieren jagen, kann man oft genug beobachten, daß nach bestandener Gefahr selbst rivalisierende Rammler, die sich sonst sofort an die Gurgel gehen, einträchtig nebeneinandersitzen und das selbst Stunden nach dem Ereignis. Erst nach und nach werden die üblichen Revierabsteckungen und Revierkämpfe wieder aufgenommen.
Gleiches scheint bei den Kaninhopveranstaltungen zu passieren - der negative soziale Streß durch die beengte Haltung wird regelrecht zurückgesetzt, da der Feinddruck, dem die Kanin bei den Kaninhopveranstaltungen ausgesetzt sind, höherwertig ist. Der Streß auf den Veranstaltungen ist jedoch nur zeitlich begrenzt und kann zudem auch noch abgehoppelt bzw abgesprungen werden, wird also bei entsprechender Gewöhnung eher positiver Streß denn negativer Streß sein.
Das durch die Ortsveränderung geschwächte Immunsystem bei und nach den Veranstaltungen geht einher mit einer gleichzeitigen Stärkung des Immunsystems durch den nun fehlenden sozialen Dauerstreß, beides hebt sich auf, die Kanin erkranken deshalb trotz der ständigen Ortsveränderung nicht häufiger, wie ihre gleichgehaltenen Kameraden.
Das wäre anders, wenn zum Kaninhop Weidekaninchen verwendet werden würden ... die haben (normalerweise) keinen sozialen Dauerstreß.
Für Hasenkaninchen hat Kaninhop einen zusätzlichen, gesundheitlichen Effekt ... der lange, mit flacher Muskulatur bestückte Rücken kann sich beim Springen strecken und beugen, die Muskeln werden aufgebaut. Dadurch passiert dem Rücken trotz beengter Haltung nix.
Sicher ist es schöner, wenn andere Möglichkeiten zur lebensnotwendigen Bewegung gefunden werden (beispielsweise Weidehaltung, freie Wohnungshaltung oder ähnliches), aber das läßt sich leider oft genug noch nicht durchsetzen. Sowas haben ja nicht mal meine Gefangenen!
Ich bin übrigens dafür, daß endlich die Leinenpflicht bei Kaninhop fällt - oder noch besser, die Leine gleich ganz verboten wird. Denn dann werden tatsächlich nur die für Kaninhop geeigneten Kaninchen zu solchen Veranstaltungen geschleppt, daß sämtliche anderen Kaninchen entweder gar nicht zum Überspringen der Hindernisse zu überreden sind, oder aber die Kaninchen gleich stiften gehen - ganz ohne Flucht übrigens, einfach so, weil sie gute Weidegründe und tolle Geschlechtspartner zum Kindermachen suchen.
Ich wette mit euch, nur ca. 30% der bei Kaninhop vorgestellten Kaninchen sind tatsächlich zu sowas geeignet ...