Ich habe beobachtet, dass meine Ninis seit einiger Zeit schon einen bestimmten Teil des Geheges gar nicht mehr nutzen. Könnte es sein, dass Winterreviere bei wild lebenden Kaninchen kleiner werden? Wenn ja warum? Müssten sie aufgrund von Futterknappheit nicht größer werden?
Bzw. lässt sich dieser Instinkt, falls es so ist, auf gefangene Tiere übertragen?
Sind Winterreviere kleiner als Sommerreviere?
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Sind Winterreviere kleiner als Sommerreviere?
"Dass einmal das Wort Tierschutz geschaffen werden musste,
ist eine der blamabelsten Angelegenheiten der menschlichen Entwicklung."
(Theodor Heuss)
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Re: Sind Winterreviere kleiner als Sommerreviere?
Bei Wildkaninchen gibts keine Winterreviere ...
Im Winter gehen die Kaninchen auf Wassersparmodus, was gleichzeitig jedoch auch eine Art Energiesparmodus ist. Sie können sich dann einfach keine kräftezehrende Revierverteidigung mehr leisten. Sie bewegen sich auch nicht mehr, wie unbedingt notwendig, wenn sie im Winter lange laufen müssen, oder tief sich durch Schnee graben müssen, dann verhungern viele Kaninchen einfach, die bereitgestellte Energie reicht dann einfach nicht mehr. Ein Warmrennen gibt es im Winter deshalb auch nicht - verbraucht zuviel Wasser und damit zuviel Energie.
Man darf dabei nicht vergessen, Kaninchen sind eigentlich an eine wärmere Steppe ohne schneereiche Winter angepaßt, die Wildform kommt auch heute noch nur in Spanien und in Nordafrika, eventuell auch in Südfrankreich vor. Nur, weil die Römer und später irgendwelche Mönche unsere Kaninchen verschleppt hatten und in großen, ummauerten Gehegen zur Mast gezogen hatten, müssen sie sich überhaupt mit feuchtkaltem Herbst und Frühjahr und eisigkalten, schneereichen Wintern rumplagen. Das ist noch nicht sonderlich viele Kaninchengenerationen her, die einzige Anpassung an unsere Winter, welche die Kaninchen inzwischen entwickelt haben, ist ein dichteres Fell und die Fähigkeit, ihren schon eingebauten Wassersparmodus als Energiesparmodus für den Winter zu nutzen. Die mitteleuropäischen Wildkaninchen sind also eigentlich Nachkommen dieser von Römern und mittelalterlichen Mönche verschleppten Kaninchen.
Kaninchen bringen jedoch eine Menge an Anpassungen an trockene Zeiten mit sich, welche sich wiederum ganz prima zum Überleben unserer schneereichen Winter eignen.
1. Kaninchen haben den Wassersparmodus, in dem sie weniger Futter brauchen, weniger Wasser, sich dafür jedoch auch nur wenig bewegen und vor allem alles einstellen, was Kraft braucht: Fortpflanzung, Revierbildung, Bauarbeiten an den Wohnhöhlen, weite Wanderungen, Streitereien, Herstellung von Hormonen, die für die Fortpflanzung gebraucht werden ... es gibt kaum etwas Verträglicheres, wie Kaninchen in Winterstimmung.
2. Kaninchen hatten sich in ihrer ursprünglichen Heimat vor der Hitze in gegrabenen Wohnburgen zurückgezogen, egal wie heiß es draußen ist, innerhalb der Kaninchenburg bleibts angenehm kühl und feucht ... und im Winter bleibt diese Kaninchenburg angenehm warm.
3. Kaninchen haben dichtbefellte Füße, welche sie vor heißem Steppensand schützten - in unseren Wintern schützen dieselben Fellpolster nun vor kalten Schnee.
4. Nierenfett stellt ein wunderbares Energiereservoir dar, so daß Kaninchen nicht täglich zur Wasserstelle oder weit zu guten Nahrungsstellen laufen müssen - klar, das Nierenfett hilft nun im Winter über die desolate Ernährungssituation drüberzukommen.
5. Der Blinddarm ist viel zu uneffektiv, um wirklich Cellulose in genügender Menge verdauen zu können - aber er ist effektiv genug, um aus verdorrten Steppenpflanzen Zucker, Stärke, Pektine, Eiweiße usw usf herauslösen und von den verholzten Teilen der Steppenpflanzen zu trennen. Das können Kaninchen weitaus besser, wie Meerschweinchen oder Rinder, welche tatsächlich auf die Verdauung von Cellulose angewiesen sind. Die Kaninchen nutzen nun zweierlei: mit dem Lignin, was im Dickdarm zu Phenolen abgebaut wird, schützen sie ihren Dickdarm vor einer Überwucherung durch Bakterien, im Blinddarm werden die feinen Nahrungsbestandteile im Nahrungsbrei von Mikroorganismen zerlegt und in für Kaninchen gut verdauliches Bakterieneiweiß mit allen Vitaminen, welches ein Kaninchen braucht, umgewandelt. Die Bakterien können nun ihrerseits als Blinddarmkot ausgeschieden und gefressen werden. Sollte die gefundene Nahrung nicht ausgereicht haben, fressen Kaninchen ihren eigenen Kot (also den richtigen, nicht den Blinddarmkot), zerkauen das alles nochmal, dabei gelangen wieder die feinen Partikel in den Blinddarm, werden ihrerseits wieder in gut verdauliche Bakterien umgewandelt und die groben Bestandteile, wie Lignin, Cellulose etc, werden größtenteils wieder ausgeschieden. So können sie wirklich alles in der Pflanze nutzen, was nicht Lignin, Cellulose oder Lignocellulose ist ... verdorrte Steppenpflanzen haben nun mit dem, was Kaninchen im Herbst und Winter finden, sehr viel Ähnlichkeit, denn auch Rinde, Zweige, unter der Schneedecke befindliche Kräuter, Knospen etc haben einen im Vergleich zum Sommer verminderten Wassergehalt und einen hohen Ligningehalt, im Herbst und frühen Winter finden sich genau wie in der Steppe stärkereiche Kost in Form von Grassamen, Eicheln, Speicherwurzeln oder zuckerreiche Kost wie Beeren, Äpfel, Birnen etc.
6. Kaninchen können sich in besonders kalten Nächten durch Zusammenkauern und Ohrenanlegen warm halten - das tun sie auch im Winter.
7. Kaninchen haben die Möglichkeit, schneller wie viele anderen Säugetiere ihr Fell von einem dichten wärmeisolierenden Pelz zu einem weniger dichten Fell zu haaren, das können sie zur Not auch mehrmals im Jahr ... unser mitteleuropäisches Kaninchen macht nun allerdings etwas anders, wie die Spanier, während die Spanier im Wassersparmodus als Anpassung an heiße Trockenzeiten ein weniger dichtes Fell trägt, lassen sich die mitteleuropäischen Kaninchen einfach ein besonders dichtes Fell mit viel Unterwolle wachsen. Möglich ist das, weil das Haarwachstum allein von der Temperatur und Feuchtigkeit abhängig ist, nicht jedoch vom Wassersparmodus.
8. Aufgrund der enormen Friedlichkeit der Kaninchen im Wassersparmodus können nun viele Kaninchen einen Kaninchenbau bewohnen - es überwintert also alles in der Umgebung, egal ob die Häsinnen vorher zwei oder mehr Reviere hatten, ob es sich um Rammler handelt oder ob es Jungtiere sind. Teilweise sind die Wintergruppen der Kaninchen deshalb sehr, sehr groß, im Sommer sieht man selten so viele ausgewachsene Kaninchen auf einen Haufen wie im Winter. Beim Schlafen können sie so im Kaninchenbau eine sehr hohe Temperatur aufrechthalten, auch wenn es draußen sibirisch kalt ist. Sie verlieren weniger Wärme, was auch wieder eine Wasserersparnis und damit Energieersparnis bedeutet.
9. Der Geruch ändert sich, Kaninchen riechen im Sommer viel stärker und markieren auch überall, im Winter dagegen können sie sich weder leisten, von Beutegreifern entdeckt und gejagt zu werden, noch die entsprechenden Geruchsstoffe herzustellen.
10. Kaninchen dicken ihren Harn ein, so sparen sie noch zusätzlich Wasser und brauchen nicht im Winter kalten Schnee zur Wasseraufnahme fressen, was ja auch wieder einen Energieverlust darstellen würde, da der Schnee erst vom Kaninchenkörper aufgetaut werden müßte.
In Gefangenschaftshaltung klappt das System nicht perfekt, manchmal sind die Lebensbedingungen einfach noch zu gut, als daß sie wirklich 100% in Winterstimmung kommen. Dazu kommt, daß kastrierte Kaninchen selbst in so einer Art Dauerwinterstimmung sind, aber trotzdem noch daran angepaßt sind, auch mal Nachkommen zu haben. Kastraten sind deshalb meist deutlich ruhiger und friedlicher, wie nichtkastrierte Kaninchen, jedoch lange nicht so friedlich, wie die Wilden in Winterstimmung.
Bei Wohnungskaninchen gibt es einfach keine Trockenzeit, keinen Nahrungsmangel und sowieso überhaupt gar keine Mangelzeit. Wer will denn auch schon seine Kaninchen im Winter dursten lassen? Oder die Wohnung mal kurz auf 0°C auskühlen lassen? Oder auf künstliches Licht verzichten?
Einzig mit einer saisonalen Kost kann man also versuchen, den Kaninchen ein wenig diese Mangelzeiten zu simulieren.
Im Winter gehen die Kaninchen auf Wassersparmodus, was gleichzeitig jedoch auch eine Art Energiesparmodus ist. Sie können sich dann einfach keine kräftezehrende Revierverteidigung mehr leisten. Sie bewegen sich auch nicht mehr, wie unbedingt notwendig, wenn sie im Winter lange laufen müssen, oder tief sich durch Schnee graben müssen, dann verhungern viele Kaninchen einfach, die bereitgestellte Energie reicht dann einfach nicht mehr. Ein Warmrennen gibt es im Winter deshalb auch nicht - verbraucht zuviel Wasser und damit zuviel Energie.
Man darf dabei nicht vergessen, Kaninchen sind eigentlich an eine wärmere Steppe ohne schneereiche Winter angepaßt, die Wildform kommt auch heute noch nur in Spanien und in Nordafrika, eventuell auch in Südfrankreich vor. Nur, weil die Römer und später irgendwelche Mönche unsere Kaninchen verschleppt hatten und in großen, ummauerten Gehegen zur Mast gezogen hatten, müssen sie sich überhaupt mit feuchtkaltem Herbst und Frühjahr und eisigkalten, schneereichen Wintern rumplagen. Das ist noch nicht sonderlich viele Kaninchengenerationen her, die einzige Anpassung an unsere Winter, welche die Kaninchen inzwischen entwickelt haben, ist ein dichteres Fell und die Fähigkeit, ihren schon eingebauten Wassersparmodus als Energiesparmodus für den Winter zu nutzen. Die mitteleuropäischen Wildkaninchen sind also eigentlich Nachkommen dieser von Römern und mittelalterlichen Mönche verschleppten Kaninchen.
Kaninchen bringen jedoch eine Menge an Anpassungen an trockene Zeiten mit sich, welche sich wiederum ganz prima zum Überleben unserer schneereichen Winter eignen.
1. Kaninchen haben den Wassersparmodus, in dem sie weniger Futter brauchen, weniger Wasser, sich dafür jedoch auch nur wenig bewegen und vor allem alles einstellen, was Kraft braucht: Fortpflanzung, Revierbildung, Bauarbeiten an den Wohnhöhlen, weite Wanderungen, Streitereien, Herstellung von Hormonen, die für die Fortpflanzung gebraucht werden ... es gibt kaum etwas Verträglicheres, wie Kaninchen in Winterstimmung.
2. Kaninchen hatten sich in ihrer ursprünglichen Heimat vor der Hitze in gegrabenen Wohnburgen zurückgezogen, egal wie heiß es draußen ist, innerhalb der Kaninchenburg bleibts angenehm kühl und feucht ... und im Winter bleibt diese Kaninchenburg angenehm warm.
3. Kaninchen haben dichtbefellte Füße, welche sie vor heißem Steppensand schützten - in unseren Wintern schützen dieselben Fellpolster nun vor kalten Schnee.
4. Nierenfett stellt ein wunderbares Energiereservoir dar, so daß Kaninchen nicht täglich zur Wasserstelle oder weit zu guten Nahrungsstellen laufen müssen - klar, das Nierenfett hilft nun im Winter über die desolate Ernährungssituation drüberzukommen.
5. Der Blinddarm ist viel zu uneffektiv, um wirklich Cellulose in genügender Menge verdauen zu können - aber er ist effektiv genug, um aus verdorrten Steppenpflanzen Zucker, Stärke, Pektine, Eiweiße usw usf herauslösen und von den verholzten Teilen der Steppenpflanzen zu trennen. Das können Kaninchen weitaus besser, wie Meerschweinchen oder Rinder, welche tatsächlich auf die Verdauung von Cellulose angewiesen sind. Die Kaninchen nutzen nun zweierlei: mit dem Lignin, was im Dickdarm zu Phenolen abgebaut wird, schützen sie ihren Dickdarm vor einer Überwucherung durch Bakterien, im Blinddarm werden die feinen Nahrungsbestandteile im Nahrungsbrei von Mikroorganismen zerlegt und in für Kaninchen gut verdauliches Bakterieneiweiß mit allen Vitaminen, welches ein Kaninchen braucht, umgewandelt. Die Bakterien können nun ihrerseits als Blinddarmkot ausgeschieden und gefressen werden. Sollte die gefundene Nahrung nicht ausgereicht haben, fressen Kaninchen ihren eigenen Kot (also den richtigen, nicht den Blinddarmkot), zerkauen das alles nochmal, dabei gelangen wieder die feinen Partikel in den Blinddarm, werden ihrerseits wieder in gut verdauliche Bakterien umgewandelt und die groben Bestandteile, wie Lignin, Cellulose etc, werden größtenteils wieder ausgeschieden. So können sie wirklich alles in der Pflanze nutzen, was nicht Lignin, Cellulose oder Lignocellulose ist ... verdorrte Steppenpflanzen haben nun mit dem, was Kaninchen im Herbst und Winter finden, sehr viel Ähnlichkeit, denn auch Rinde, Zweige, unter der Schneedecke befindliche Kräuter, Knospen etc haben einen im Vergleich zum Sommer verminderten Wassergehalt und einen hohen Ligningehalt, im Herbst und frühen Winter finden sich genau wie in der Steppe stärkereiche Kost in Form von Grassamen, Eicheln, Speicherwurzeln oder zuckerreiche Kost wie Beeren, Äpfel, Birnen etc.
6. Kaninchen können sich in besonders kalten Nächten durch Zusammenkauern und Ohrenanlegen warm halten - das tun sie auch im Winter.
7. Kaninchen haben die Möglichkeit, schneller wie viele anderen Säugetiere ihr Fell von einem dichten wärmeisolierenden Pelz zu einem weniger dichten Fell zu haaren, das können sie zur Not auch mehrmals im Jahr ... unser mitteleuropäisches Kaninchen macht nun allerdings etwas anders, wie die Spanier, während die Spanier im Wassersparmodus als Anpassung an heiße Trockenzeiten ein weniger dichtes Fell trägt, lassen sich die mitteleuropäischen Kaninchen einfach ein besonders dichtes Fell mit viel Unterwolle wachsen. Möglich ist das, weil das Haarwachstum allein von der Temperatur und Feuchtigkeit abhängig ist, nicht jedoch vom Wassersparmodus.
8. Aufgrund der enormen Friedlichkeit der Kaninchen im Wassersparmodus können nun viele Kaninchen einen Kaninchenbau bewohnen - es überwintert also alles in der Umgebung, egal ob die Häsinnen vorher zwei oder mehr Reviere hatten, ob es sich um Rammler handelt oder ob es Jungtiere sind. Teilweise sind die Wintergruppen der Kaninchen deshalb sehr, sehr groß, im Sommer sieht man selten so viele ausgewachsene Kaninchen auf einen Haufen wie im Winter. Beim Schlafen können sie so im Kaninchenbau eine sehr hohe Temperatur aufrechthalten, auch wenn es draußen sibirisch kalt ist. Sie verlieren weniger Wärme, was auch wieder eine Wasserersparnis und damit Energieersparnis bedeutet.
9. Der Geruch ändert sich, Kaninchen riechen im Sommer viel stärker und markieren auch überall, im Winter dagegen können sie sich weder leisten, von Beutegreifern entdeckt und gejagt zu werden, noch die entsprechenden Geruchsstoffe herzustellen.
10. Kaninchen dicken ihren Harn ein, so sparen sie noch zusätzlich Wasser und brauchen nicht im Winter kalten Schnee zur Wasseraufnahme fressen, was ja auch wieder einen Energieverlust darstellen würde, da der Schnee erst vom Kaninchenkörper aufgetaut werden müßte.
In Gefangenschaftshaltung klappt das System nicht perfekt, manchmal sind die Lebensbedingungen einfach noch zu gut, als daß sie wirklich 100% in Winterstimmung kommen. Dazu kommt, daß kastrierte Kaninchen selbst in so einer Art Dauerwinterstimmung sind, aber trotzdem noch daran angepaßt sind, auch mal Nachkommen zu haben. Kastraten sind deshalb meist deutlich ruhiger und friedlicher, wie nichtkastrierte Kaninchen, jedoch lange nicht so friedlich, wie die Wilden in Winterstimmung.
Bei Wohnungskaninchen gibt es einfach keine Trockenzeit, keinen Nahrungsmangel und sowieso überhaupt gar keine Mangelzeit. Wer will denn auch schon seine Kaninchen im Winter dursten lassen? Oder die Wohnung mal kurz auf 0°C auskühlen lassen? Oder auf künstliches Licht verzichten?
Einzig mit einer saisonalen Kost kann man also versuchen, den Kaninchen ein wenig diese Mangelzeiten zu simulieren.