"So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

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Vollblutkaninchen
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"So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von Vollblutkaninchen » Mi 11. Apr 2012, 22:44

Aus Angst vor der Verwilderung bei den eigenen Kaninchen schrecken manche Besitzer vor einer Haltung mit einem großen Platzangebot zurück. Ich möchte für all diejenigen die Geschichte meiner Yonca erzählen und vielleicht kann ich dem ein oder anderen die Angst nehmen. Das wäre zumindest mein Wunsch.
Yonca zog im Sommer 2011 bei mir ein. Sie lebte in einem 30x80cm Stall und kam aus diesem nie raus. Zu Menschen hatte sie eigentlich keinen Bezug. Streckte man ihr die Hand entgegen, schoss sie knurrend vor und wollte ja nicht angefasst werden. Durch anfängliche Einzelhaltung/Quarantäne legte sich das einigermaßen und durch die Einsamkeit und ein etwas größeres Platzangebot ließ sie meine Nähe zu. Als sie jedoch in meine große Gruppe zog, verzichtete sie wieder vollkommen auf menschliche Nähe und näherte sich mir, wenn ich im Gehege saß nur sehr zögerlich und äußerst schreckhaft. Meine Kaninchen leben nachts in 12,5qm Gehege, im Winter haben sie von morgens bis abends circa 80 qm Wiese und im Sommer (auch von morgens bis abends) circa 200qm. Yonca nutzt€ das voll aus. Sie war immer die Erste, die in der Früh raussprang und die Letzte, die nach großem Widerwillen wieder ins Gehege einzog. Na gut, sie hatte ja auch einiges nachzuholen. Es war wirklich nicht einfach sie einzufangen bzw. sie ins Gehege zu lotsen.
Soweit entspricht es noch der These, dass Kaninchen scheu werden, wenn man ihnen ein großes Platzangebot bietet. Doch als die Kaninchen im März wieder ins den großen Garten umsiedelten, vollzog sich bei Yonca ein großer Wandel. Vielleicht liegt es daran, dass sie nun weiß, dass sie niemand mehr in einen winzigen Käfig sperren wird und sie immer viel Platz zum Toben, Hackenschlagen und Springen haben wird. Jedenfalls überrascht sie mich von nun an jeden Abend aus Neue indem sie freiwillig in die Transportbox hoppelt. Und als wäre das noch Sensation genug mutiert ihre Neugier zu etwas, was man sogar Aufdringlichkeit bezeichnen könnte. Setzt man sich zu ihr ins Gehege ist sie gleich die Erste, die sofort an hoppelt, einen gründlich beschnuppert und an stupst. Ich darf mich sogar bewegen, während sie mich „untersucht“, ohne Gefahr zu laufen, sie zu verschrecken (wie es früher sonst immer war). Neuerdings lässt sie es sogar zu (offenbar mit Wohlgefallen ihrerseits), dass man ihr das Köpfchen krault. Und ganz nach dem Sprichwort „eine Hand wäscht die andere“ leckt sie mir auch manchmal als Gegenleistung die Hand ab.
Die verschreckte, kleine Yonca mit dem großen Freiheitsdrang ist in weniger als einem Jahr zu einer wirklich zutraulichen, lieben und ausgeglichenen Häsin aufgeblüht, trotz (oder vielleicht gerade deshalb?) 10-12 Stunden am Tag auf 200qm. Ich möchte also sagen, dass es in den meisten Fällen nicht auf das Platzangebot ankommt, ob ein Kaninchen scheu oder zutraulich wird, sondern auf die Zeit und die Geduld, die man in die Kaninchen investiert. Jene sind der Schüssel um einen wirklichen Bezug zu seinen Tieren aufzubauen, der auch noch so großen Platzangeboten standhält. Aber das ist nur meine Meinung.


Lg Laura


PS: Morgen folgen auch noch Bilder und (,wenn es klappt :daum: ) Videos.


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Re: "So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von sunneblummm » Mi 11. Apr 2012, 23:48

Ich finde es einfach schön zu lesen, wie sich deine Yonca entwickelt hat und kann das nur bestätigen.

Meine allererste Häsin saß 3 Jahre lang in einem 1 Meter Käfig. Sie bekam nie Auslauf. Keine Käfigeinrichtung, kein Heu, Null Beschäftigung und ständiger Stress durch neugierige Hunde. Man konnte das Futter nicht auswechseln, ohne Kratzspuren an den Armen zu haben. Sie sprang mit einer Wucht an die Hände, dass man sich ohne Handschuhe nicht mehr an den Käfig traute. Mich wunderte das nicht. Was soll das Kaninchen denn anderes machen? Es wurde eingeengt und fühlte sich bedroht.

Als ich sie geschenkt bekam und zum Hoppeln kurz frei im Zimmer laufen lassen wollte war ich total geschockt. Ihre Muskulatur war so mikrig, dass sie Minischritte machen musste. Ihr Po war mit Kot beschmiert. Die Zähne zu lang und von den Krallen möchte ich gar nicht erst anfangen. Bei mir zu Hause bekam sie ein Gehege. Das war so um die 10m² groß. Mein halbes Zimmer gehörte ihr. Durch das Gehege kam ich sogar kaum noch ins Bett. Ich musste mehr klettern als sonst was :lol:

10m² sind jetzt nicht viel. Aber im Gegensatz zum Käfig schon ein riesengroßer Unterschied.

Norkie, so hieß sie, habe ich die ersten Tage nicht angerührt. Traute ich mich auch nicht, weil sie ja so aggressiv war. Ich habe lediglich das Futter gewechselt, ausgemistet und mich ans Gehege gesetzt. Meistens telefonierte ich dabei, damit sie sich an meine Stimme und auch an meine Bewegungen gewöhnen konnte. Nachdem sie auch mal Schnuppern kam und mich anstupste, traute ich mich auch mal sie zu steicheln. Ich ging davon aus, dass Norkie mir sofort in die Hand beißen würde und ich im hohen Satz wieder aus dem Gehege springen musste.

Aber da lag ich falsch. Sie genoss es in vollen Zügen. Sie knuspelte mit den Zähnen, legte sich gar richtig breit hin. Das war einfach wunderschön. Ich war richtig stolz.

Norkie war das verschmusteste und menschenbezogenste Kaninchen das ich jemals hatte. Ich hatte das Gefühl, dass sie unheimlich dankbar war. Sie machte mir eine Menge Freude und ich liebte diese Häsin abgöttisch. Ich hatte schon alles geplant. Sie sollte einen Partner bekommen, den ich mir sogar schon ausgesucht hatte. Das Außengehege war geplant, die Einrichtung sah ich direkt vor mir. Ich sammelte Kräuter, trocknete sie. Jede freie Minute war ich bei Norkie.

Dann starb sie.

Das fand ich so unfair! Sie hatte noch alles vor sich.

Seitdem ich Norkie hatte, weiß ich, wie wichtig Tierschutz ist. In fast jedem Wohnzimmer oder noch besser, Kinderzimmer, sitzt mindestens ein Tier in einem Minikäfig. Wieso? Warum hält man Tiere, die in der Natur ihre wahre Schönheit durch ihre Freiheit zeigen können, in einem Käfig? Die Dinger taugen nichts! Sie bringen nur Unglück und machen krank. Man hat nichts von seinem Tier, wenn es eingesperrt ist. Natürlich kann man keinem Tier das bieten, was es in der Natur hätte. Aber man kann wenigstens versuchen es ihm so schön wie möglich zu machen. Es gibt keine artgerechte Tierhaltung, nur einer Tiergerechte.


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Re: "So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von Vollblutkaninchen » Do 12. Apr 2012, 22:59

Nagut, ich glaube es ist noch kaum ein Kaninchen auf 10qm im Zimmer verwildert, aber trotzdem danke, dass du diese Geschichte mit uns geteilt hast, welche ja wirklich gut zeigt, was ein zu beengter Raum aus den Tiere machen kann und wie sehr sie sich verändern, wenn man ihnen Platz gibt. :lieb:

Leider war Yonca heute nicht so gut drauf (weshalb ich auch noch die anderen Tiere gefilmt habe), was vielleicht auch an dem Hochzeitsorchester liegen mag, das natürlich dann einsetzte, als ich die Videos mache (auf manchen hört man es auch). Zwischen drin wurden noch 3 Schüsse losgelassen, was die Tiere natürlich etwas nervös gemacht hat. Dennoch möchte ich die Videos zeigen. Die Tiere waren heute den ganzen Tag draußen und ich hatte sie erst kurz vor dem "Dreh" ins Gehege gesetzt.

(ich haben sie NICHT in die TB mit den Händen gescheucht/getrieben o.Ä.)







Lg


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Re: "So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von WELLEN » Do 12. Apr 2012, 23:03

Einfach nur schön bei dir :love:
:top: :top: :top:



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Re: "So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von Vollblutkaninchen » Do 12. Apr 2012, 23:16

:kiss: Danke!
Naja...mein Zimmer könnte ich mal wieder aufräumen.... :X :pfeif:


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Re: "So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von saloiv » Do 12. Apr 2012, 23:27

Ein schöner Bericht...

Ich kann das auch nur bestätigen, die meisten Leute sind üebrrascht, dass meine Kaninchen sitzen bleiben, sich ducken und gestreichelt werden wollen, obwohl sie doch flüchten könnten. Sie kennen es nur so, dass Kaninchen in eine Stallecke gedrängt werden (oder auf den Arm genommen) um dann nicht mehr fliehen zu können und sich dem Streicheln aussetzen zu müssen.

Wenn ich mit meiner Hand komme, ist Picco die erste, die sich hinlegt und gestreichelt werden möchte. Sunny ist etwas anders, er genießt zwar auch ab und an das Streicheln, aber nur wenn er gerade will. Meine Kaninchen fliehen vor mir auch nicht wenn ich in den Garten komme, sondern sie kommen her. Sie stehen sogar am Fenster der Terrassentüre und schauen rein "wo ich bleibe". Und wenn ich draußen bin, muss ich aufpassen, dass ich keines zusammen trampel, denn sie springen dann sofort um mich herum. Sie kennen schon das Geräusch der Terrassentüre und kommen sofort wenn sie es hören herbei geeilt.


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Re: "So viel Platz? Werden die Kaninchen da nicht scheu?"

Beitrag von sunneblummm » Fr 13. Apr 2012, 11:41

saloiv hat geschrieben: Sie kennen schon das Geräusch der Terrassentüre und kommen sofort wenn sie es hören herbei geeilt.

:liebe:


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