Ende April 2008 fuhren mein ehemaliger Freund, seine Brüder und ich zu seiner Mutter, weil ihr Mann verunglückte. Die Mutter holte uns mit Joy (damals 4 Jahre, 3 verschiedene Besitzer, hieß Jacky) vom Bahnhof ab. Joy machte ein riesen Theater, kläffte jeden an (außer mich ), zeigte Angst. Mein ex Freund und ich waren 3 Wochen bei ihr und haben ihr seelische unterstützung gegeben, ich habe mich aber mehr auf Joy konzentriert. Überwiegend lag Joy dort im Körbchen und kam 3x raus, bis zur Laterne und wieder zurück, damit sie ihr Geschäft machen konnte. Es wurde nur mal groß Spazieren gegangen, wenn das Frauchen lust auf wandern hatte. Es gab billiges Nassfutter und das wars. Mit ihr wurde nicht gespielt, sie konnte nicht mit anderen Hunden toben, wurde nicht beachtet, sie war einfach nur da. Mir ging das natürlich völlig gegen den Strich und ich fand es unmöglich. So habe ich mich dann immer um Joy gekümmert. Ich rief sie zu mir, ich nahm sie auf den Schoß und streichelte sie. Das fand das Frauchen natürlich nicht toll, weil Joy ja haart und sie nicht auf's Sofa sollte, mir war das aber ziemlich egal. Ich ging mit ihr spazieren und versuchte mich nicht "falsch" zu verhalten. Joy gewann in den ersten Tagen vertrauen zu mir, so viel das ich sie ohne Leine laufen lassen konnte. Ich wollte dann mit ihr Stöckchen spielen. Sie kniff sofort den Schwanz ein, legte die Ohren an und rannte ins Gebüsch. So eine Reaktion hatte ich von keinem Hund jemals erlebt. Ich war geschockt, entsetzt, sauer, traurig..ich kann das garnicht beschreiben wie ich mich in dem Moment gefühlt hatte, es war einfach furchtbar. Nach und nach taute Joy bei den vielen und ausgedehnten Spaziergängen immer mehr auf. Ich war so glücklich und im wahrsten Sinne des Wortes tief berührt als Joy ihre ersten "fünf Minuten" hatte. Sie lief los, wie von einer Biene gestochen und drehte ihre Runden, schlug Harken, überkugelte sich, man sah in dem Moment richtige Lebensfreude. Ihr glaubt garnicht, was das für ein Gefühl ist, wenn ein verängstigter gebrochener Hund die ersten Schritte im richtigen Leben macht, es ist überwältigend!
In den drei Wochen kümmerte ich mich ständig um Joy und sie klebte an mir, lag/saß immer auf meinem Schoß. Zwischendurch habe ich mit Venga immer mal Mails geschrieben und ihr geschrieben was passierte und hatte sie um Tipps gebeten.
Irgendwann sagte die Besitzerin, das sie Joy abgeben will, sie würde angeblich nicht mit ihr zurecht kommen. (Eigentlich war ihr der Hund einfach zu anstrengend und machte Dreck) Sie sagte, wenn ich will kann ich sie haben, oder sie kommt ins Heim oder sonstwohin.
Wegen irgendwas war ich tierisch sauer auf die Frau. Mitte Mai redete ich mit meinem Freund, wir packten unsere Sachen, nahmen Joys Leine und Näpfe mit, schrieben ihr einen Zettel und ich schrieb meiner Mutter eine Email das sie mich am Bahnhof mit Venga abholen soll und das ich den armen Hund mitbringe. Meine Mutter war anfangs natürlich nicht begeistert das ich ohne zu fragen einen Hund mitbringe und dazu noch ein Jack Russel mix.
Am Bahnhof angekommen, kam mir meine Mutter mit Venga entgegen. Venga freute sich einen Keks, Joy war verunsichert, ängstlich und kläffte wie eine bescheuerte. Das interessierte Venga garnicht, sie war nur auf mich fixiert.
Zuhause angekommen sind wir direkt in mein Zimmer gegangen und ich hatte Joy eine Decke hingelegt, damit sie einen Platz für sich hatte. Ich zeigte ihr den Platz und sie legte sich auch dorthin.
Erst als ich sie bei mir zuhause hatte, merkte ich, vor was Joy alles Angst hatte und wo ihre Probleme sind. Sie hatte vor vielen Sachen angst - Bälle und Stöcke waren sau gefährlich, da kniff sie sofort die
Zwei Wochen nachdem Joy bei uns war, kam mein Onkel spontan zu besuch. Joy lag auf Vengas Decke im Arbeitszimmer, mein Onkel sah sie, sie legte sofort die Ohren an. Er sprach sie dann lieb an "Ja wer bist du denn? komm doch mal her" Joy kniff die
Jeder Besuch ignorierte sie anfangs, hielt nur kurz die Hand hin und später haben sie ihr dann Leckerlies geben. So lernte sie nach und nach das nicht alle Menschen böse und gefährlich sind.
Da Joy Hunde, Katzen und andere Tiere nicht kannte, war sie zu Venga anfangs 'ne kleine Furie und die Katzen wurden gejagt, sofern sie sich jagen liesen.
Es hatte lange gedauert, bis sie zu mir und mein Eltern richtiges Vertrauen aufgebaut hatte. (ca. halbes Jahr) Es hatte Monate gebraucht, bis Joy merkte das Leute die zu Besuch da sind, nicht gefährlich sind. Unterwegs hatte es natürlich noch länger gedauert. Ich glaube, es hatte insgesamt 3 Jahre gebraucht bis sie ihre Angst vor Menschen ganz ablegte.
Um ihr die Angst vor Spielzeug zu nehmen, hatte ich mich so bekloppt wie möglich verhalten. (Meine Nachbarn haben sonstwas gedacht. ) Ich alberte mit den Spielzeug rum, schmiss es in die Luft, rannte weg, nahm es auf, rannte damit durch die Gegend, lies es fallen machte Vollbremsung und nahm es wieder auf, ich hatte mich richtig zum Affen gemacht. Aber genau dieses Verhalten machte Joy neugierig. Irgendwann fing sie an mit mir mit zu spielen und so verlor sie immer mehr die Angst vor dem Spielzeug. Ob es der richtige Weg war, ich weiss es nicht, aber es hatte bei ihr funktioniert.
Da ich damals schon Kaninchen hatte und ich ihnen wegen Joy den Freilauf nicht nehmen wollte. Musste ich Joy beibringen nicht zu den Kaninchen zu rennen. Ich machte also die Tür der Kaninchenecke auf und setzte mich mit Joy auf dem Schoß auf's Sofa. Joy spitzte die Ohren als sie die Kaninchen sah, war angespannt und sabberte etwas. (ausgeprägter Jagdtrieb) Ich hielt Joy fest, wenn sie etwas entspannter war, lobte ich sie und es gab Leckerlies. Diese Übung habe ich 3x täglich für ca. 30 Minuten gemacht, Länger ging nicht, wäre zu viel für Joy gewesen.
Nach ca. 1 Woche durfte Joy dann neben mir sitzen und ich hielt sie noch fest, beruhigte sie sich, bekam sie ein Leckerlie. Irgendwann war sie auf dem Sofa recht entspannt und so musste sie auf dem Boden zwischen meinen Beinen sitzen, blieb sie entspannt, gab es Leckerlies.
Nach ein paar Wochen merkte Joy, das die Kaninchen zum Rudel gehören und tabu sind.
Sie hatte von Anfang an einen ausgeprägten Jagdtrieb. Sie jagte alles über Maus, Vogel, Kaninchen bis zum Reh, alles wollte sie jagen. Ich kann nicht genau sagen, wie ich es hinbekommen habe, das sie nicht mehr jagen soll. Ich habe aber die Vermutung, das sie gemerkt hatte "Ich darf keine Katzen und Kaninchen jagen, also ist der Rest auch tabu". Rehe waren anfangs natürlich trotzdem noch spannend und sie machte Ansätze zum hinterher jagen, ich rief sie aber dann immer Beifuß. Wenn ein Hase oder Kaninchen übern weg lief, war das völlig egal. "Zuhause sind Kaninchen die ich nicht jagen darf, also darf ich die hier auch nicht jagen". Irgendwann legte sie das jagen völlig ab. Da kann ein Reh, Kaninchen etc. 1 Meter vor uns den Weg kreuzen, Joy guckt nur und widmet sich wieder ihren Sachen. Ich weiss nicht ob sie die wilden Kaninchen/Hasen mit unseren Kaninchen verknüpft hat. Könnte es mir aber vorstellen.
Ich hatte damals nicht viel Ahnung mit der Erziehung von Hunden. Ich wuchs zwar mit Venga auf, aber die Erziehung übernahm meine große Schwester und meine Eltern - Ich hab lediglich mit Venga rumgealbert, ging mit ihr spazieren, zu Freunden mit Hunden und spielte mit ihr.
Joy ist wirklich kein Anfängerhund, ich war immer wieder überfordert, aber ich habe von ihr viel gelernt und konnte mich immer mehr in sie hineinversetzen. So habe ich es doch irgendwie geschafft, das Joy ein glücklicher, fröhlicher, frecher und ein richtiger HUND geworden ist. Und kein gebrochenes armes Seelchen.
Die Ausbildung mit Joy ist allerdings immernoch nicht fertig, sie hat immernoch Probleme und etwas Angst vor Hunden. Mit einigen kommt sie aber schon klar. Aber trotzdem haben wir riiiiiesen Fortschritte gemacht!
Ich habe leider keine Bilder von damals, die waren nicht schön anzusehen. Angst, immer Ohren angelegt etc. Es hatte Monate gedauert, bis man Fotos von ihr machen konnte, wo ihre Ohren aufgestellt waren.
Und das ist Joy heute - Bilderflut - freude pur!
Artenfremde Tiere kein Problem mehr!
Joy & Hope
Aufgeweckt und fröhlich.
Mit einigen Hunden kommt sie auch gut zurecht.
Joy und Rüdi (Hund vom Vermieter) lieben sich.
Ich liebe dieses Bild.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein tolles Gefühl es ist, wenn ein gebrochender, verängstigter Hund, anfängt ein richtiger Hund zu werden und es zu genießen.
Es hatte alles lange gedauert, war zeitintensiv und man brauchte sehr viel Geduld, aber es hat sich gelohnt!!
Die die Joy von damals noch kennen, würden denken sie sei ein anderer Hund. Joy ist nicht wiederzuerkennen vom Verhalten und vom Charakter her. Es ist durchaus anstrengend und schwer, aber ich könnte es mir nicht mehr ohne sie vorstellen.