Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

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Alles, was hier im Forum speziell zu Krankheiten, Diagnosen, Medikamenten und deren Dosierungen zu finden ist, sind persönliche Erfahrungen, Tipps und Ratschläge.

Diese Tipps und Ratschläge ersetzen keinen Tierarztbesuch.

Es gibt sehr viele ernst zu nehmende Krankheiten, die man durch Eigenbehandlung/Eigentherapie noch verschlimmern kann.

Es ist daher wichtig, jede Medikamentenabgabe und Therapie unbedingt mit dem Arzt zu besprechen und gemeinsam nach der besten Lösung, für das jeweilige Tier zu suchen.

Also zieht bitte immer einen Tierarzt zu Rate. Selbstverständlich könnt Ihr die hier gegebenen Tipps und Ratschläge mit Eurem Tierarzt besprechen.
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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Heike » Mo 9. Dez 2013, 16:55

Hallo Sarah
Wenn ich deinen Bericht lese, ist mein erster Gedanke, dass mit ihrer Verdauung irgendetwas nicht stimmt. Bietest du ihr Fenchel an?- auch warmer Fencheltee wird in solchen Fällen gerne angenommen.
Wie sieht es mit Fenchel und Kümmelsamen aus? Eventuell verdauungsregulierende Kräuter wie z.B.( Dill, Petersilie, Basilikum...) Hier im Forum wurden auch sehr gute Erfahrungen mit Rodicare akut gemacht.
Bekommt dein Paulinchen grüner Hafer?
Berichte uns doch mal, was deinem Paulinchen im tgl. Nahrungsangebot zur Verfügung steht :lieb:



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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Dajanira » Mo 9. Dez 2013, 17:13

Was hat du denn für Heu? Manche Meeris sind da echt sehr wählerisch.


Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.



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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Ziesel » Mo 9. Dez 2013, 17:49

Mhh..ist Paulinchen ein Kaninchen oder ein Meerschweinchen ?



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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Murx Pickwick » Mo 9. Dez 2013, 20:12

Paulinchen ist ein Meerschweinchen ...

Wieviel Gehölz bekommt sie, wieviel Wiese im Sommer?
Wie groß sind die Frischfuttermengen?
Kommst du an Bambus, Schilf oder ähnlichem ran?

Das Problem ist, daß auch für Meerschweinchen das Heu nur ein ungenügender Ersatz ist, sie bekommen in der Regel zuwenig Oxalsäure, zuwenig Silikate, zuwenig Gerbsäuren und andere wichtige Stoffe mit dem Futter, da diese Wirkstoffe in unserem Gemüse kaum enthalten sind. Die Folge ist, daß sich mit der Zeit eine ungesund zusammengesetzte Darmgesellschaft aufbaut und gleichzeitig dadurch, daß die Meerschweinchen zuviel trockenes Heu fressen müssen, um genügend Gras zu bekommen.

Nun fehlt dem Heu das Wasser, die meisten Meerschweinchen können damit wohl leben, aber einige Meerschweinchen schaffen es über die Zeit nicht mehr, das trockene Heu genügend mit Magensäure einzuweichen ... dadurch entsteht ein zu trockener, scharfreizender Nahrungsbrei durch das Heu, was über die Jahre an den Epithelzellen des Magens kratzt. Diese werden dadurch mit der Zeit stark geschädigt und können die Magenwand nicht mehr vor der ätzenden Magensäure schützen. Der Magen versucht nun, sich zu schützen, indem er Hydrogenphosphat in großen Mengen abgibt, was allerdings den pH-Wert im Magen ansteigen läßt ... damit ist nicht mehr gewährleistet, das Bakterien, die da nicht reingehören, genügend abgetötet werden.

Meist kommt es dann zu Befall mit diversen Bakterien, Würmern etc, auch die massenhafte Vermehrung von Kokzidien im Dickdarm kann die Folge sein. Dem wird meist mit Medikamenten begegnet (bei Matsche oder Durchfall durch Kokzidien ist das sogar dringend notwendig!), oft wird dann von den Tierärzten eine Heudiät verordnet ... und die gibt dann dem Magen den Rest, weil die trockene Heukost nun endgültig die letzte Schutzschicht der Magenwand zerstört!

Nun muß das Meerschweinchen in großen Mengen Hydrogencarbonat produzieren, verballert damit lebenswichtige Energie, kann nicht mehr richtig verdauen - und was noch viel schlimmer ist, wenn nun viele Bakterien mitgefressen werden (Supermarktgemüse ist voll mit schädlichen Bakterien, da das Gemüse keine Schutzschicht gegen Bakterienwachstum ausbildet, wie es Wiesenpflanzen machen), wird mehr Magensäure produziert, die wiederum sofort wieder mit Hydrogencarbonat neutralisiert wird - bei diesem Vorgang entsteht Kohlendioxid - ein Gas!

Der Magen von Meerschweinchen ist zwar durch seine dünne, muskelarme Magenwand dafür ausgelegt, dieses Gas in den Körper zu leiten, so daß da nix passieren kann ... aber durch zu trockene Kost verhärtet die Magenwand immer mehr und läßt immer weniger Kohlendioxid durch. Es dauert dann nur noch ein bis zwei Jahre und es kommt immer regelmäßiger zu Magenaufgasungen, die nur noch über Magensonde entgast werden können ...

Wenn erstmal ein Meerschweinchen durch zuwenig Frischfutter und einer gewissen (vermutlich) angeborenen Empfindlichkeit soweit gekommen ist, ist es ganz schwer, sie wieder gesund zu füttern ... vor Jahren wäre es mit geeigneter Frischkost gegangen, denn die Meerschweinchen futtern mit dem Frischfutter riesige Mengen Wasser in ihren Magen, bis dieser bis zum Anschlag voll mit Pflanzenfasern und Wasser ist, so daß die Magenwand sich wieder erholen kann. Nun aber brauchts ne recht ausgeklügelte Diät ... und das ist nun im Winter nicht gerade einfach.

Wie Heike schon sagte, Fenchel ist gut - allerdings nur der Fenchel aus dem Bioladen, auf gar keinen Fall konventionellen Fenchel, da dieser zuwenig ätherische Öle enthält ... dann, du findest draußen noch Brombeerblätter - so viel Paulinchen fressen mag, davon gibts nicht zuviel!
Dann, wenn du jemanden mit Garten kennst, der Bambus im Garten hat - alles, was du an Bambus bekommen kannst! Wenn du irgendwo Anglervereine kennst, frag da mal nach, ob du Schilf oder Röhricht bekommen kannst. Eventuell findest du Schilf oder Röhricht auch so an Flüssen oder Seen.
Weiterhin gut sind Waldgräser und verschiedenste Ziergräser, die so in Gärten wachsen (und hoffentlich nicht gegen was auch immer behandelt wurden).

Ansonsten kannst du noch Nadelgehölz schneiden, wenn du mal übers WE in den Wald kommst: Kiefer, Fichte, Tanne ... laß Paulinchen davon soviel fressen, wie sie will, sie braucht es, damit die Magenwand sich wieder langsam erholen kann.

An "natürlichen" Medikamenten kannst du Wacholderbeeren, Kümmel, Anis, Fenchel, Schwarzkümmel, Ajowan, Korianderkörner und andere aromatsiche Körner anbieten - davon wird meist nicht viel gefressen, aber jedes Aniskorn und jedes Schwarzkümmelkorn und sei es auch noch so klein, kann ganze Wunderdinge im Darm anstellen, damit wenigstens der Darm wieder in Ordnung kommt!

Wichtig ist auch - kein Dimeticon bei Magenaufgasungen! Das bringt nur kurzzeitig was, aber langfristig kann es zum Tod des Meerschweinchens führen, da das Kohlendioxid sich mit Dimeticon sich nicht mehr an der Magenwand sammeln kann, daß sie über die Magenwand abgegeben wird - durch Dimeticon gast der Magen immer mehr auf!
Rodicare akut dagegen schadet zumidest nicht ...

Was erstmal gänzlich vermieden werden sollten, das sind Gartensalate ... also Kopfsalat, Eisbergsalat und ähnliches. Chicoree, Endiviensalat und Radicchio dagegen sind wieder gut, soweit sie vertragen werden. Ebenso bietet sich nun Postelein und Rapunzel an, hier muß allerdings auf Frische geachtet werden. Ebenso gut ist Stangensellerie. Möhre, Paprika und Gurke dagegen können das Problem verschärfen, sollten also vorsichtshalber erstmal rationiert bleiben, bis sich Paulinchen erholt hat.
Was auch ausprobiert werden kann, ist Mangold - aber mit Vorsicht und Bedacht in dem Fall.

Sobald es Paulinchen besser geht (und nicht vorher!), sollte schnellstmöglich Kohl angefüttert werden - er verhindert durch seine Senfölglycoside diese Magenaufgasungen, muß aber vorsichtig angefüttert werden, sonst gibts furchtbare Darmblähungen. Am besten fängt man mit Kohlrabiblättern und Chinakohl an, da diese Kohlarten noch am besten vertragen werden. Du brauchst hier viel Fingerspitzengefühl, damit du zwar genügend zur Gewöhnung verfütterst, aber noch zuwenig, damit Dickdarmblähungen entstehen können. Wichtig dabei ist, daß Paulinchen schon Gehölz und aromatische Sämereien futtert - so verträgt sie den Kohl besser.

Bei Magenaufgasungen sollte nicht gepäppelt werden, sondern vielmehr Glucose und Elektrolyte gespritzt werden, damit der Magen nicht noch mehr belastet wird, wie er eh schon durch die Magenaufgasung belastet ist - ich kann nur aus inzwischen eigener schmerzlicher Erfahrung sagen, wie doll der Magen anfängt, wehzutun, wenn man bei Magenaufgasungen auch noch was ißt oder noch schlimmer, Dimeticon verpaßt bekommt! Und ich kann im Gegensatz zum Meerschweinchen Rülpsen und bin nicht darauf angewiesen, daß die Gase über die Magenwand in den Körper geleitet werden!
Eventuell ist ein entkrampfendes Mittel allerdings sinnvoll - das muß allerdings mit dem jeweiligen TA abgesprochen werden.



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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Heike » Di 10. Dez 2013, 15:28

Gast hat geschrieben:Murx Pickwick: Erstmal WOW, danke für die umfangreiche (Ernährungs-)Beratung.
Woher weisst du das alles? Hast du beruflich damit zu tun? Und woher wusstest du das Paulinchen ein Schweinchen ist?
An besten druckst du dir Murx Antwort aus und hängst sie dir an die Pinnwand. Bessere Erklärungen wirst du nicht bekommen.
Gast hat geschrieben: Paulinchen mag KEIN Gehölz. Ich biete Apfel, Haselnuss und auch diverse Nedeläste an. Sie schnüffelt dran und geht wieder. Das ist aber nicht neu...
Biete es ihr weiterhin an- vielleicht knabbert sie dran, wenn du es nicht siehst- Gehölz ist sehr wichtig für den Darm.
Gast hat geschrieben:Die gesamte FrFu-Menge pro Tag dürfte bei 100-200 Gramm liegen. Variiert natürlich, da sie nicht immer alles isst, manchmal aber schon.
Wichtig ist, dass deine Schweinchen nach ihrem Bedarf Gemüse fressen können. Die Vorlieben ändern sich, deswegen sollte recht abwechslungsreich gefüttert werden und nicht nur Karotten, Gurken und Salat.
Gast hat geschrieben: Meine Eltern haben im Garten Bambus, aber der bekommt Dünger, den würde ich ihr niemals geben.
Ich füttere Bambus in großen Mengen. Zuerst gekauften im Topf (der mit Sicherheit auch gedüngt wurde). Ich konnte noch niemals Probleme bei meinen Schweinen deswegen festellen.
Gast hat geschrieben:Im Sommer biete ich schon Gras an, kommt aber bei beiden nicht wirklich gut an,
Tut mir leid, dass kann ich überhaupt nicht verstehen. :crazy: Wo pflückst du das Gras? Welche Sorten von Gras pflückst du? Wie sieht es mit Unkräuter aus? Schweine fressen Wiese ohne Ende- dafür lassen sie hier alles liegen (außer Bambus)
Gast hat geschrieben:Gibt es für mich keine Möglichkeit ihr selbst zu helfen?
Du kannst ihr helfen, wenn du dich an die Tipps hälst, die du vorallem von Murx bekommst.



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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Murx Pickwick » Di 10. Dez 2013, 15:51

Woher weisst du das alles? Hast du beruflich damit zu tun?
Ich beschäftige mich nun seit ich lesen kann mit Tieren, inzwischen seit über 25 Jahren mit Tierernährung, seit über 10 Jahren sehr intensiv mit der Ernährung von Kaninchen, Meerschweinchen, Degu und Chinchilla und ich habe mich als Tierernährungsberater für den Kleintierbereich versucht ... dazu kommt, daß ich mich in Kräuterheilkunde systematisch weiterbilde.
Und woher wusstest du das Paulinchen ein Schweinchen ist? Kennen wir uns irgendwoher?
An der Stelle sollte ich wohl die Gunst der Stunde nutzen und einfach behaupten - jo, das ist alles so typisch verlaufen, da kann es sich nur um Meerschweinchen handeln :D
Aber das wär gelogen, ich hab einfach nur deinen ersten Post in diesem Thread sehr genau gelesen:
Kein TA kann uns helfen und unseren beiden "Haus"-TÄ sind meerschweinchenspezialisiert.
Ich nehme an, daß wenn man Wert auf meerschweinchenspezialisierte TÄ legt, auch Meerschweinchen hält :P

Ich muß beim Gehölz noch mal nachfragen - bietest du getrocknetes Gehölz aus Onlineshops an, oder frisch geschnittenes Gehölz?
Wenn, wird nämlich nur das frisch geschnittene Gehölz gefressen ...

Das hier:
Die gesamte FrFu-Menge pro Tag dürfte bei 100-200 Gramm liegen. Variiert natürlich, da sie nicht immer alles isst, manchmal aber schon.
erklärt übrigens das hier:
Leider kann ich Paulinchen auch nur portionsweise (mehrere Poertionen morgens und mehrere Portionen abends) füttern. Sie kennt kein Stop und gast auf weil sie sich überfrisst (glaubt mir, das haben wir schon unzählige Male probiert).
Ein gesundes Meerschweinchen frißt, je nachdem, ob das Futter gut verdaulich ist (Wurzelgemüse) oder schwer verdaulich (Gras), zwischen hälfte des Eigengewichtes und Eigengewicht, das heißt, ein 1kg schweres Meerschweinchen verfuttert locker zwischen 400g und 1000g Frischfutter!
Wenn Meerschweinchen Frischfutter rationiert bekommen, schlingen sie das Frischfutter in sich hinein, um wenigstens einen Teil dessen zu bekommen, was sie eigentlich bräuchten. Das ist wie mit dem verhungernden Menschen, dem man auch was Leckeres vor die Nase stellt, auch der haut sich das Essen im Rekordtempo rein - mit fataler Wirkung, denn es wird dabei viel Luft mitgeschluckt - und das wiederum führt zu den Aufgasungen, die du beobachten konntest!
Die Kunst ist es nun, das Frischfutter so zu erhöhen, daß Paulinchen genügend Frischfutter fressen kann, ohne aufzugasen. Sie braucht das Doppelte bis Vierfache, was sie bislang von dir bekommt!

Nun geht das ja nun schon ihr Leben lang so und mit sechs Jahren ist sie ne alte Oma ... ihr Leben lang hat sie zuwenig Frischfutter bekommen (daher übrigens auch der Blasengries - die Calciumoxalate, die sich im Körper bei der Verdauung bilden, können nicht richtig rausgespühlt werden und sammeln sich in der Blase, wo sie auskristallisieren. Das gibt Blasengries und wenn du Pech hast, irgendwann sogar Nieren- oder Blasensteine). Das heißt, es ist nun schon irrsinnig viel kaputt im Verdauungstrakt - und es ist sehr schwierig, sie wieder gesund zu füttern.
Das bedeutet von dir aus ein gewisses Feeling für Paulinchen, was du erst entwickeln mußt, die Bereitschaft, alles, was du bisher glaubst, über Meerschweinchenernährung zu wissen über Board zu werfen und neu zu lernen und das Anfüttern des Frischfutters in der richtigen Reihenfolge, damit es eben nicht durch die plötzlich hohe Frischfuttergabe zu zusätzlichen Blähungen kommt.
Das Gesundfüttern ist jedoch deine einzige Chance, um weitere Magenaufgasungen zu verhindern - und damit das Meerschweinchen immer regelmäßiger mit Sonde entgasen zu lassen, bis die Magenwand irgendwann nicht mehr mitspielt und reißt.

Wenn du sie an Gehölz bekommst, ist das relativ einfach ... ansonsten bist du gezwungen, zu improvisieren, ist ein wenig knifflig, aber ich denke, du bekommst das hin. Paulinchen hat ja nun den Anfang gemacht, sie hält strenge Diät, das heißt, sie frißt kein Heu mehr, was ihr ja den Magen erst ruiniert hat ...
An Bambus oder Schilf komme ich so erstmal nicht ran. Meine Eltern haben im Garten Bambus, aber der bekommt Dünger, den würde ich ihr niemals geben.
Der Bambus deiner Eltern könnte den Anfang vom Gesundungsprozeß einleiten, wenn du deine Vorurteile gegenüber Düngung aufgibst. Bambusdünger enthält in aller Regel nur Stickstoff, Phosphor und Kalium (sog. NPK-Dünger), manchmal enthält er auch für Pflanzen wichtige Spurenelemente, wie Eisen und Schwefel. In Dünger für Gräser (Bambus ist ein Gras) werden oft auch Silikate zugemixt.

Der Dünger selbst ist zwar für Meerschweinchen giftig, aber der wird gewöhnlicherweise auf die Erde gegeben oder über die Pflanzen gesprüht. Selbst, wenn der Dünger über die Pflanzen gesprüht wird, wird er vom Regen abgewaschen und verschwindet im Boden, wo er von den Pflanzen aufgenommen wird und verbraucht wird. Pflanzen stellen sich aus den Mineralstoffen und organischem Material im Boden alles lebenswichtige her, was sie brauchen - das tun sie auch, wenn sie keinen Dünger bekommen. Es ist also nachdem die Pflanze den Dünger verbraucht hat, nix mehr in der Pflanze, was Meerschweinchen schädigen könnte - im Gegenteil, gerade einige schnellwachsenden Bambusarten brauchen den Dünger sogar, um gesund zu bleiben.

Einzig, wenn deine Eltern gerade Flüssigdünger über die Blätter gesprüht haben, solltest du besser mit der Ernte bis zum nächsten Regen warten ... ansonsten kannst du ruhig den Bambus deiner Eltern verfüttern - und solltest es auch, und zwar so viel, wie du von dem Bambus ernten darfst!

Vorsichtshalber kannst du auch auf der Packung mit dem Dünger nachschauen, da darf NPK-Dünger drin sein, da darf Eisen und Schwefel drin sein und da darf Silicium, Silikat oder Kieselsäure drin sein ... das alles wird vom Bambus innerhalb eines Tages verwertet und eingebaut und kann deshalb Paulinchen nicht mehr schädigen - das tuts nur, wenn du den Dünger, statt damit den Bambus zu gießen, Paulinchen in den Wassernapf kippst.
Was nicht drin sein darf, sind Pflanzenschutzmittel, weder etwas gegen Pilze, noch gegen Insektenfraß oder ähnlichem - denn das wird in die Pflanze eingebaut und bleibt oft giftig.

Ich kann dir nur raten, fütter so viel Bambus, wie du herbekommen kannst.
Dann ... du bekommst in Asialäden und manchmal auch in Naturkostläden Zitronengras - probier es aus, ob es gefressen wird. Auch gut ist sog. Katzengras, und zwar das Katzengras, was eigentlich Zypergras ist ... gibt nix Besseres, da diese Gräser nicht zu weiteren Aufgasungen führen.

Wir haben leider Winter ... da gibt es vieles nicht, was du nun brauchen könntest. Heißt also, aus dem, was du im Naturkostladen, beim Türken oder wo auch immer her an nichtblähendem Gemüse bekommst, möglichst viel verfüttern. Wurzel- und Fruchtgemüse ist zwar sehr nährstoffreich, hat aber in deinem Fall den Nachteil, daß sie schneller zu Aufgasungen führen, wie Blattgemüse. Kohl müßtest du (und solltest es auch möglichst schnell, ohne Paulinchen zu überfordern) erst langsam anfüttern, wenn zuviel untewohnter Kohl auf einmal verfüttert wird, kann es zu tödlicher Trommelsucht kommen. Der Kohl fällt also leider erstmal leider weg, bist du ihn angefüttert hast und Paulinchen Kohl verträgt.

Daß Paulinchen ihre artgemäße Nahrung nicht annimmt, heißt, daß sie durch den Zwang, Heu fressen zu müssen um satt zu werden, viel zu wenig Energie und Eiweiß bekommen hat. Dem kannst du mit Leinsaat und gekeimten Saaten entgegenwirken. Weiterhin solltest du dir Mariendistelsaat (ganzes Korn, kein Pulver!) besorgen - das wird in der Umstellungszeit auf genügend Frischfutter die Leber schützen und sie bietet wichtige essentielle Fettsäuren, also Energie, welche Paulinchen dringenst braucht. Auch Kürbiskerne sind nun ein Versuch wert.

Weiterhin hilfreich sind diverse aromatische Sämereien: Koriander, Fenchel, Anis, Ajowan, Wacholderbeeren ... was du halt so in der Küche findest, einzig Pfeffer ist erstmal tabu, weil der die Magenwand noch weiter reizen würde.
Nur ein einziges gefressenes Aniskorn bringt deutlich mehr wie Imogas oder sonstige Medikamente! Und das, ganz ohne zu schädigen!

Du wirst bei der Umstellung auf gesunde Kost lernen müssen, dich auf Paulinchen zu verlassen - du hattest deine Chance gehabt, hast ihr das Futter rationiert und sie krank gefüttert - nun laß ihr die Chance, sich langsam wieder gesundzufuttern! Anhand dessen, was sie annimmt und was sie verschmäht, wirst du mit unserer Hilfe herausfinden, was sie als nächstes braucht, um wieder gesund zu werden - ganz ohne Medikamente!
Nur brauchst du dafür Geduld - denn was über sechs Jahre mit der ungesunden Ernährung kaputtgemacht wurde, wirst du nicht innerhalb von Tagen wieder in Ordnung bringen können! Dazu braucht es Zeit ...



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Re: Paulinchen frisst zu wenig Heu und gast immer wieder auf

Beitrag von Heike » Mi 11. Dez 2013, 16:37

Wie geht es Paulinchen? Wäre schön, wenn du uns regelmäßig etwas berichten könntest :lieb:



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