Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

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Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Melli » Mo 13. Aug 2012, 23:33

Australische Forscher haben die weit verbreitete Methode des "join-up" untersucht.
Ich denke, die Methode des Pferdetrainings von Monty Roberts wird auch vielen Nicht-Pferde-Leuten ein Begriff sein. Kurz zusammengefasst geht es darum, dass das Pferd sich in einem geschlossenen, kreisförmigen "Round pen" befindet und darin so lange mit einem Seil geschickt wird, bis es dem Menschen durch seine Körpersprache signalisiert, dass es sich ihm anschließen möchte.
Die Methode wird oft als besonders pferdefreundlich dargestellt, weil der Mensch in der "Sprache der Pferde" kommuniziert.

Die Forscher haben in einem Experiment den Menschen durch Spielzeugautos ersetzt, um den hochgepriesenen Aspekt der Körpersprache völlig auszuschalten.

Weitere Infos zur Studie und deren Ergebnisse sind hier nachzulesen:
https://www.pferdplus.com/news/neue-studie-wie-pferdefreundlich-ist-monty-roberts-trainingsmethode-wirklich" onclick="window.open(this.href);return false;

Das wichtigste zusammengefasst:
„Einfach gesagt, funktioniert das Join-up-Training schlicht durch eine Reduktion des Drucks, also durch negative Verstärkung. Das Pferd empfindet den Druck, dem es ausgesetzt wird, als unangenehm – und die Verringerung oder gänzliche Ausschaltung des Drucks folgerichtig als angenehm und belohnend.“
Für das Pferd ist jene Reaktion, die es unmittelbar vor der Verringerung des Drucks setzt, dafür verantwortlich, dass der Druck tatsächlich nachlässt oder verschwindet. Und es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Reaktion in einer neuen Situation abermals zeigen, um das von ihm gewünschte Ergebnis zu erhalten – nämlich SIcherheit.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass diese Methode letztlich auf dem Wechselspiel von Furcht und Sicherheit basiert – und dass das Pferd in gewisser Weise gezwungen ist, sich entweder ständig zu fürchten und davongejagt zu werden, oder aber sich dem Trainer anzunähern. Wir stellen in Frage, ob es besonders pferdefreundlich ist, in der Pferdeausbildung mit dem gezielten und bewussten Einsatz von Angstreizen zu arbeiten.“
Fragen sind natürlich gerne willkommen :)


Wer sagt, dass zuverlässiges Verhalten bei diesem oder jenem Hund nicht ohne Strafe erreichbar ist, sagt nichts über den Hund aus, sondern beschreibt erst einmal seine eigenen Fähigkeiten. (Dr. Ute Blaschke-Berthold)

Liebe Grüße von Melli mit Hund Simba, den RB-Pferden Ásta und Hvatur und den Meerschweinchen Eumel, Kalahari, Paula, Ebby, Lilli und Lotta.

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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von ElHappy » Mo 13. Aug 2012, 23:45

Also ich denke das es auf jedenfall besser ist als andere Methoden ,wie "willen brechen" und andere brutale Methoden die vorallem in den USA heute noch Anwendung finden . Bei uns wird schon seit Jahrzehnten oder sogar länger die "eine sanftere Methode " angewandt . Bei uns wird das Join up ja ehr für Pferde benutzt die der Mensch oder schlimme Erlebnisse erzeugt haben .

Und im Pferdetraining gibt es ja heute noch andere sanftere Methoden die ein Pferdetrainer anwendet . Genauso viele unterschiedlich Methoden wie beim Hund . Was ich am wichtigsten finde ist dass sie "mit dem Pferd " geschehen und nicht dem Pferd schaden . Und ich glaub der Erfolg des Join ups gibt der Methode recht. Sie hat vielen Pferdebesitzern einen neuen mit ihren Pferd beschert.

Und was die Forscher da äußern hört sich ehr nach "vermutungen " und Theorien an . Den die Pferde werden es ihnen nicht erzählt haben :D

P.S Wenn wir uns mal dran erinnern wie Monty den wilden Mustang geritten hat . Und das PFerd hatte ja bisher null ERfahrung mit Meschen . Weder positiv noch negativ und da passt Sicherheit und Druck verändern etc. nicht rein .


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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Melli » Di 14. Aug 2012, 00:03

Magst du die "sanftere Methode" genauer erläutern, damit wir über das gleiche reden? :lieb:
Dann kann ich auch genauer drauf eingehen :)
ElHappy hat geschrieben:Und ich glaub der Erfolg des Join ups gibt der Methode recht.
erinnert mich an einen Spruch, den ich mal in einer Signatur gelesen habe "Nur weil es funktioniert, muss es nicht heißen, dass es auch gut ist"
Funktionieren tut es v.a. deshalb, weil die Pferde nicht wirklich eine Wahl haben. Schließen sie sich nicht an, werden sie weiter geschickt. Zwar gibt es die Option des Abbruchs, aber meiner Einschätzung nach wird das nicht oft praktiziert.
Diese Gesten des Pferdes , die die Bereitschaft zum Anschluss an den Menschen zeigen sollen (wie z.B. das kauen und schlecken), sind übrigens von Pferde-Verhaltensbiologen als "calming signals", also Beschwichtigungsgesten "entlarvt" worden. D.h. sie dienen v.a. dazu, das gegenüber zu beschwichtigen und sind Anzeichen für großen Stress.


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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von ElHappy » Di 14. Aug 2012, 00:59

Die Frage ist ob es eindeutig bewiesen ist das die MEthode dem Pferd "schadet" ob man es den überhaupt schädigen nennen kann ?! Den eine Pychotherapie ist ja auch nicht einfach .Die Frage die ich mir stelle ist der schaden größer als der Nutzen?? sollte man das nicht abwägen ?? ich finde in dem Fall heiligt der Zweck die Mittel . Die Frage ist doch was uns lieber ist Join up oder ähnlich es oder die brutalen methoden in den Usa und anders Ländern oder das Besitzer die ein Pferd mit Macke gekauft haben es womöglich zum Abdecker bringen ??

Mit andern MEthoden meine ich die die z.B bei Vox bei der Miniserie mit den Pferdentrainern(komm jetzt nicht mehr drauf wie die hieß) Da wurden von beiden Trainern unschiedliche MEthode angewandt .Teileweise basierten sie wohl auf monty Roberts,zumindest bei den ,aber sie waren doch anders .


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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Melli » Di 14. Aug 2012, 10:43

ElHappy hat geschrieben:Die Frage ist ob es eindeutig bewiesen ist das die MEthode dem Pferd "schadet" ob man es den überhaupt schädigen nennen kann ?!
haben sie es "schädigen" genannt? :grübel: für mich ist das auch nicht die Hauptaussage der Untersuchung. Ich glaube, schädigen ist auch ein schwieriger Begriff in der Definition (Was fällt alles unter "Schädigung"? Auch psychische? Da haste das Problem, dass man bei Pferden erst am Anfang der Erforschung der Gefühlswelt steht und allein schon die körperliche Ausdruckssprache enorm komplex ist. Und dass natürlich jedes Pferd anders reagiert. Nur weil das eine Pferd äußerlich total ruhig erscheint, heißt das nicht, dass es innerlich nicht weniger gestresst ist als ein Pferd, dass total rumhampelt etc.)

Denke die Hauptaussage ist, dass es eben nicht so sehr auf die hoch angepriesene Körpersprache ankommt. Das wurde ja immer zum Argument genommen, die Methode als besonders pferdefreundlich anzupreisen, weil man in der Sprache der Pferde kommuniziert.
Und dieser Einfluss der Körpersprache / "Pferdesprache" wurde widerlegt.
D.h. es handelt sich schlichtweg um eine Form der negativen Verstärkung -> das ist einfach ein Lernprinzip der Natur, nachdem wir übrigens auch oft unbewusst handeln ;)

D.h. du hast grundsätzlich 4 Möglichkeiten, ein Verhalten zu bestärken bzw. zu unterdrücken.
- positive Verstärkung: d.h. nach dem Verhalten folgt etwas positives (z.B. Streicheleinheiten, Leckerli) -> das Verhalten lohnt sich und wird in Zukunft häufiger gezeigt
- negative Verstärkung: man übt solange Druck (in jeglicher Form) aus, der für das Pferd unangenehm ist, bis das Pferd das gewünschte Verhalten zeigt -> auch das Verhalten lohnt sich, weil es eine Reduktion des Drucks zur Folge hat
- positive Strafe: ein ungewünschtes Verhalten wird bestraft, z.B. durch einen Schlag mit der Gerte. Das Verhalten wird in Zukunft weniger häufig gezeigt.
- negative Strafe: man reagiert auf ein unerwünschtes Verhalten, in dem man dem Pferd etwas Positives entzieht (z.B. Futter, Streicheleinheiten)

Das join-up und auch die Methoden der Vox-Pferdetrainer sind schlichtweg Methoden der negativen Verstärkung.
D.h. es wird Druck aufgebaut, der für das Pferd als unangenehm empfunden wird. Das Pferd wird also naturgemäß versuchen, diesen Druck zu reduzieren. Zeigt das Pferd nun das gewünschte Verhalten (z.B. die Beschwichtigungsgesten), so wird der Druck weggenommen. Das Pferd wird also das Verhalten, das den Druck aufhören ließ, in Zukunft häufiger zeigen.
Das ist ein einfaches Lerngesetz der Natur.

Nun mag ich auch nicht alle Traininsmethoden vertäufeln, die mit diesem Druck arbeiten, denn ganz ohne ist es schwierig.
Aber es lohnt sich, sich klarzumachen, wie diese Methoden funktionieren. Eben nur durch diesen Druck / je nach Stadium auch Schmerz, der als unangenehm empfunden wird. Je nach Methode wird der Druck auch noch so lange erhöht, bis das Pferd reagiert.
Es funktioniert natürlich, weil das Pferd für erwünschtes Verhalten mit einem Nachlassen des Drucks belohnt wird. Die Frage ist eben, ob man das Pferd (und so ist es in der Traditionsreiterei üblich) nur über diesen Druck ausbilden möchte, wo es doch auch andere Wege gibt, die für das Pferd wesentlich angenehmer sind ;)


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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 14. Aug 2012, 11:51

Dieses Untersuchungsergebnis bestätigt nur meine Beobachtungen ... ich habe weder in der Herde, noch beim Zusammenführen von Pferden noch sonstwo je erlebt, daß ein Pferd ein anderes Pferd die ganze Zeit weggeschickt hat, bis dieses sich angeschlossen hätte ... im Gegenteil, fremde Pferde nähern sich erst an die Herde an, dann findet ein äußerst komplexes System verschiedenster Gestiken und Mimiken an, wo dem Neuen der eigene Rang, die eigene Individualdistanz, das eigene Befinden, die Herdenstruktur und was auch immer mitgeteilt wird, der Neue reagiert hier hauptsächlich mit Beschwichtigungsgesten - oder legt es mit Imponiergehabe sogar regelrecht darauf an, nen Streit vom Zaun zu brechen (Junghengste beispielsweise, die ganz gern nen Althengst ablösen wollen, die reizen den Alten oft bis aufs Blut). Da wird aber kein Pferd weggeschickt! Nie! Sondern höchstens verjagt - aber keineswegs mit dem Hintergedanken, es an die Herde zu binden, sondern vielmehr mit dem Hintergedanken, der Scheißgaul möge nie wieder kommen!
Man darf hierbei auch nicht vergessen - Pferdekommunikation läuft ab auf unendlicher Weite, einer Weite, die wir weltweit nirgendwo mehr haben ... Pferde halten sich natürlicherweise nicht auf ein paar Quadratmetern auf, sondern die durchwandern riesige Steppen, würden wir keine Zäune haben, dann könnten sich durchaus die bayrischen Pferdehalter ab und an ihre Gäule in Hamburg und Paris abholen ... Pferde kennen keine Grenzen! Und etwas, was nur mit einer Grenze funktioniert, wie das Join-up, kann nix mit Pferdekommunikation zu tun haben, sondern ist etwas anderes ...

Es gibt übrigens etwas, was selbst bei wildlebenden Pottoks funktioniert ... das "Abholen". Das Prinzip ist einfach, man folgt der Herde und sobald man die Gelegenheit erhält, nähert man sich dem Zielpferd in einem bestimmten Winkel von schräg hinten oder aber läuft direkt von hinten am Pferd vorbei. Sobald das Pferd reagiert, dreht man ab, so daß man parallel läuft und läuft dem Pferd voraus - die Folge: es folgt. Dabei ist auffällig, je selbstsicherer das Pferd in sich ist, desto weniger klappt es! Je ängstlicher oder aggressiver ein Pferd ist, desto besser klappt es ... hier wird es sich tatsächlich um echte Kommunikation mit dem Pferd handeln. Und tatsächlich - das Abholen läßt sich durchaus auch in der Herde beobachten, spätestens dann, wenn die Führung sich auf einer Wanderung sich ändert oder wenn zwei Herden aufeinanderstoßen und gemeinsam weiterwandern.

Es gibt noch eine Art der Kommunikation, die man sehr oft bei Hempfling beochten kann - das Treiben und Ausweichen ... gerade bei aggressiven Pferden unterschreitet er sehr bewußt die Individualdistanz des Pferdes und provoziert regelrecht Angriffe, denen er dann wiederum ausweicht. Das Ganze funktioniert auch auf der Weide oder in freier Wildbahn, wenn man einen Pottokhengst oder eine Pottokstute mit Fohlen reizt, greift das Pferd an, weicht man dann aus, unterschreitet wieder die Individualdistanz, rennt hinterher, bis der nächste Angriff kommt, weicht wieder aus usw usf, wird das Pferd irgendwann ruhiger und, als wenn ein Schalter umgelegt wird, wird es friedlich und zeigt "Vertrauen" (was aber nur von uns Menschen so empfunden wird, wenn wir die Pferde sehen, wie sie sich "plötzlich" dem Treibenden zuwenden). Auch hier haben wir es ganz offenbar mit Pferdekommunikation zu tun - und tatsächlich, auch das findet sich bei Pferden untereinander wieder, man findet es hauptsächlich dann, wenn ein Hengst eine Herde übernimmt oder aber ne Stute sich gefügig machen will! Auch bei spielerischen Rangordnungskämpfen in Junghengstherden oder unter Jungstuten ist dieses Verhalten deutlich und in Reinform zu beobachten.

Nun noch ein paar Worte zum Druck ... wißt ihr eigentlich, wieviel Druck notwendig ist, ein Pferd auf unnatürlich wenig Platz zu halten?
Hier auf dem Reiterhof werden die Stromzäune geziehlt dazu eingesetzt ... die Pferde lernen hier sehr schnell, diesen weißen, unangenehmen, zeckenden Grenzen zu weichen, tut weniger weh ... tatsächlich ist es hier möglich, absolut unwillige Pferde, die viel lieber auf ihrer schönen, großen, über ein Hektar fassenden Weide zu bleiben, mithilfe eines nicht Strom führenden weißen Bandes auf nur wenige Quadratmeter zusammenzupferchen, um sie für den Reitunterricht zu knebeln und zu binden - äh, sry, einzufangen und zu trensen! Einzig die Jungpferde, die das mit den Stromzäunen noch nicht so kennen, respektieren dieses weiße, kaum sichtbare Band nicht.
Den gleichen Druck macht übrigens auch ein 1,5m hoher, aus Holzbohlen gebauter Zaun oder gar eine aus Steinen gebaute Mauer ... allerdings ist hier den Pferden ein wenig Restverstand angeboren, der ihnen sagt, daß das Überspringen, Durchlaufen und Überklettern eines derartig massiven Hindernisses mit Schmerzen verbunden sein muß, sie tun es deshalb von vornherein nicht, das brauchen sie nicht zu lernen ... ohne eines solch massiven Druckes auf die Pferdeseele ist es übrigens nicht möglich, ein solches Tier, wie es nunmal das Pferd ist, was an unendliche Weiten und kilometerweite Wanderungen angepaßt ist, seßhaft zu bekommen ... dieser Druck, der über Zäune und stromführende Litzen ausgeübt wird, ist mind. ebenso hoch, wie der Druck, der beim Join-up aufgebaut wird und hat genausowenig mit Pferdekommunikation zu tun, wie das Join up selbst.

Übrigens ... manch eine Brachialmethode entpuppt sich als eine Nachmache von Pferdekommunikation! Beispielsweise das einfach draufsetzen aufs Pferd und dann solange verprügeln, bis das arme Pferd endlich aufgibt ... dasselbe kann man nämlich durchaus auch bei den Mustangs in den Rocky Montains beobachten, auch hier werden teilweise Junghengste in der Herde vom Hengst geduldet - aber wehe, diese Junghengste misachten irgendwelche Regeln! Die werden dann derartig gejagt und verprügelt, die wissen dann schon gar nicht mehr, wohin sie fliehen sollen! Erst, wenn sie vollkommen entkräftet aufgeben, läßt der amtierende Hengst sie wieder in Ruh ... gleiches zwischen Stuten, die sich nicht in die Herdenstruktur fügen wollen und dennoch in der Herde bleiben wollen, auch die werden regelrecht nach Strich und Faden verprügelt, bis sie schon rein physikalisch nicht mehr können und aufgeben müssen. Kurzum, dieses aufs Pferd setzen und den armen Gaul verügeln, hat deutlich mehr mit Pferdekommunikation zu tun, wie das Join up ... ist es deswegen besser?
Schon allein hier hinkte die Argumentation fürs Join up schon ... Pferde gehen untereinander nämlich nicht gerade zimperlich um. Übrigens ist das sogar ein klares Argument gegen Pferdekommunikation zwischen Mensch und Pferd, denn wenn das Pferd so wenig zimperlich mit nem Menschen umgeht, wie mit seinen eigenen Herdengenossen, dann ist das für den Menschen tödlich!

Pferdeschonende Ausbildungsmethoden sind vielmehr Ausbildungsmethoden, die bei fast allen Pferden funktionieren, aber das Verletzungsrisiko zwischen Mensch und Pferd möglichst gering halten ... kurzum auf den Gaul setzen und ihn halbtot prügeln macht offensichtliche, körperliche Schäden am Pferd und kann zu lebensgefährlichen Stürzen führen, die nicht nur den Gaul, sondern auch den Menschen ins Grab bringen können ... ergo: schlechte und pferdeverschleißende Ausbildungsmethode

Das Join up dagegen verletzt weder Pferd noch Mensch, es ist eine sehr sichere Ausbildungsmethode für Pferd und Mensch ... ergo: gute und pferdeschonende Ausbildungsmethode.

Die Dressur, wie sie von FN-Reitern zunehmend praktiziert wird, führt zu erheblichen Haltungs- und Skelettschäden am Pferd ... ergo: schlechte und pferdeverschleißende Ausbildungsmethode, aber immer noch besser, wie das sich Draufsetzen und Pferd verprügeln - weil, gibt weniger Verletzungen auf menschlicher Seite.



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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Melli » Mi 15. Aug 2012, 00:23

vielen Dank für deine ausführliche Antwort :top:
Dieses Untersuchungsergebnis bestätigt nur meine Beobachtungen ... ich habe weder in der Herde, noch beim Zusammenführen von Pferden noch sonstwo je erlebt, daß ein Pferd ein anderes Pferd die ganze Zeit weggeschickt hat, bis dieses sich angeschlossen hätte ...
kann ich nur unterschreiben! ;)

Pferde gehen untereinander nämlich nicht gerade zimperlich um.
Weiß aber nicht, ob ich das allgemeingültig so stehen lassen würde :grübel: Pferde sind allgemein schon sehr friedliche Tiere. Sie müssen sich ja auch sehr genau überlegen, ob es sich lohnt, die Energie für den Kampf aufzubringen -> kostet Kraft, kann zu Verletzungen führen etc.
Klar, wenn nun ein Junghengst versucht, den Posten des Hengstes anzusägen, dann kann es schon zu Gewalt kommen, aber insgesamt läuft die Pferdekommunikation doch größtenteils friedlich ab.
Dass Vergesellschaftungen bei Pferden heute auch nicht so zimperlich ablaufen, liegt oft einfach daran, dass das Platz- und Futterangebot begrenzt ist, es also um echte Ressourcen geht.
Der Unterschied zwischen Gewalt unter Pferden und Gewalt von Mensch an Pferd ist v.a. der, dass Pferde untereinander genau wissen, warum sie nun Rüge erhalten. Wenn der Mensch allerdings mit dem Pferd arbeitet, ist das nicht unbedingt der Fall. Menschen sind da einfach schlechter in der Einschätzung und Kommunikation.

Übrigens ist das sogar ein klares Argument gegen Pferdekommunikation zwischen Mensch und Pferd, denn wenn das Pferd so wenig zimperlich mit nem Menschen umgeht, wie mit seinen eigenen Herdengenossen, dann ist das für den Menschen tödlich!
Sehr wichtiger Aspekt für die gesamte Arbeit mit dem Pferd! Pferde wissen nämlich sehr wohl, dass wir keine Pferde sind, sie gehen mit uns also anders um als mit ihren Artgenossen.
Daher brauche ich mich auch nicht wie ein Pferd verhalten ;)
Es gibt ja viele Trainingsmethoden, die darauf aufbauen, in der "Sprache der Pferde" zu kommunizieren. So z.B. auch die 7 Spiele von Pat Parelli, falls das ein Begriff ist. Diese Spiele hat er wohl von den Kommunikationsformen in der Herde abgeschaut. Mir fällt allerdings auf, dass man auch bei diesen Methoden dem Pferd noch beibringen muss, wie es zu reagieren hat. D.h. ich muss ihm beibringen, dass es auf mein Fingerdrücken zu weichen hat usw. Und wie geschieht das? Über negative Verstärkung. D.h. es ist nichts weiter als eine Trainingsmethode, die eine von den 4 Prinzipien des Lernens nutzt, mehr ist es nicht. Oft wird das eben deshalb so hoch angepriesen, weil es ja die Sprache der Pferde ist -> das halte ich nicht für tragbar.

Viele Methoden bauen auch darauf auf, dass der Mensch das Leittier in der Zweierherde Mensch-Pferd werden soll. D.h. er soll in allen Bereichen das unangefochtene Alphatier sein.
Das ist aus mehreren Gründen nicht schlüssig:
a) haben wir ja schon festgestellt: das Pferd weiß genau, dass wir keine Pferde sind -> ich kann also auch nicht Teil seiner Herde werden!
b) es gibt nirgendwo in der Tierwelt eine Rangordnung zwischen verschiedenen Tierarten -> warum soll es also gerade zwischen Mensch und Pferd eine geben?
c) die Vorstellung von einem unangefochtenen Alphatier in der Pferdeherde ist überholt. Es ist vielmehr so, dass es ein sehr komplexes Verhältnis von Beziehungen ist, das mit unseren einfachen Beschreibungsmöglichkeiten (oft wird ja eine lineare Hackordnung angenommen) nicht erklärt werden kann. D.h. nicht der Hengst ist in allen Bereichen der Chef, sondern eine ältere Stute kann vielleicht viel besser den Weg zu Wasserstellen finden, ein anderes Pferd übernimmt die Herde bei Flucht etc.

Das bedeutet fürs Pferdetraining, dass ich mich weder wie ein Pferd verhalten noch mich um die allumfassende Dominanz über das Pferd bemühen muss. Man muss vielmehr einfach einen Weg finden, dem Pferd zu zeigen, welches Verhalten erwünscht und welches unerwünscht ist. Und dafür gibt es auch andere Möglichkeiten als die Arbeit über Druck und negative Verstärkung.

Pferdeschonende Ausbildungsmethoden sind vielmehr Ausbildungsmethoden, die bei fast allen Pferden funktionieren, aber das Verletzungsrisiko zwischen Mensch und Pferd möglichst gering halten
Ja, ist ne Definitionsfrage. Den körperlichen Aspekt hast du abgedeckt, aber was ist mit der Psyche der Pferde?
Viele Ausbildungsmethoden haben letztendlich das Ziel bzw zumindest den Nebeneffekt der Unterdrückung. Letztendlich hat das Pferd meist keine andere Chance als das zu tun, was der Mensch von ihm möchte. Denn andernfalls würde der Druck nicht aufhören bzw. verstärkt werden, das Pferd würde bestraft werden usw. Das Pferd hat dann auch keine andere Aufgabe als auf die Signale des Menschen zu reagieren. Eigeninitiative? Unerwünscht.
Und ob das wirklich schön fürs Pferd ist, wage ich mal zu bezweifeln. Pferde sind ja wie alle Tiere im Grunde genommen sehr neugierig und sind auch gerne kreativ -> das hat aber in der Traditionsreiterei keinen Platz.
Wenn ein Pferd im Leben sehr oft beschränkt oder bestraft wird, führt das zum Zustand der "erlernten Hilflosigkeit", d.h. es ergibt sich ganz seinem Schicksal und wehrt sich überhaupt nicht mehr. Das sind übrigens oft die Pferde, die als besonders brav vorgestellt werden..die Augen von vielen Turnierpferden sprechen eh Bände.

Die Dressur, wie sie von FN-Reitern zunehmend praktiziert wird, führt zu erheblichen Haltungs- und Skelettschäden am Pferd
Wichtiger Aspekt und absolut richtig! ;) Das, was da von der Mehrheit praktikziert wird, ist einfach nicht schön anzusehen..es gibt aber mittlerweile immer mehr Menschen, die umdenken..v.a. in der Freizeitsparte :top:


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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Murx Pickwick » Sa 25. Aug 2012, 14:03

Wird die Psyche des Pferdes über die Gebühr vergewaltigt, steigt der Anteil der Pferde, welche mit Aggression oder mit unbeherrschbarem Durchgehen antworten - solche Ausbildungsmethoden funktionieren nur bei einem Teil der Pferde und keineswegs bei den meisten Pferden.
Eine Vergewaltigung der Psyche des Pferdes in kleinerem Ausmaß dagegen ist haltungsbedingt - Pferde brauchen zu ihrem seelischen Wohlbefinden grenzenlose Steppen. Ein Mensch, der das Pferd nutzen will, will aber nicht jeden Tag kilometerweit laufen müssen, um sein Reitpferd oder seinen Ackergaul einzufangen ... mit der Nutzung des Pferdes also geht schon die Vergewaltigung der equinen Psyche los, ein Weidezaun ist für Pferde eigentlich für Pferde inakzeptabel. Pferde kennen angeborenermaßen keine Grenzen!

Ich kenne eigentlich nur eine Art der Pferdehaltung, die ohne diese Vergewaltigung durch künstliche Grenzen setzen auskommt - und selbst das nicht bei allen Pferden, sondern nur beim Großteil der Herde. Das ist die Haltung und Nutzung von Pferden, wie sie von Mongolen und diversen Turkvölkern praktiziert wird/wurde. Die Pferde laufen frei in der Herde, die Gruppe zieht mit den Pferden, die Pferde bestimmen weitestgehend, wohin sie wandern wollen, allerdings werden verschiedene Pferdefamiliengruppen künstlich in einer Riesenherde zusammengehalten. Reitpferde werden aus dieser Herde eingefangen und durch Einbrechen eingeritten - also zu gut deutsch, festbinden, draufsetzen und verprügeln!
Die genutzten Reitpferde werden oft gehobbelt, festgebunden oder ähnlich in ihrer Freiheit beschränkt, werden jedoch wieder in die freilaufende Herde entlassen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden - bis sie wieder gebraucht werden. Stuten, welche zur Milchproduktion gebraucht werden, werden angebunden gehalten. Da die Pferde aus Erfahrung und Zuschauen wissen, was ihnen blüht, wenn sie die Einfangprozedur und diverse Reitexperimente nicht ohne Gegenwehr über sich ergehen lassen, zeigen sie auch kaum Gegenwehr, sondern dulden den Reiter oftmals sogar ohne, daß dieser die Pferde immer wieder neu oder erstmalig einbrechen müßte. Es sind nur einzelne Pferde, die eine starke Gegenwehr zeigen und die dann für unsere Augen und unser Empfinden sehr brutal eingeritten werden.

Eine weitere solche Pferdehaltung, auch wieder mit der Einschränkung, daß es nicht für alle Pferde, sondern nur für die Pferde gilt, die gerade nicht gebraucht werden, ist die Haltung in den Pyrenäen. Die Ponyherden durchstreifen in Familientrupps die Pyrenäen und werden nur einmal im Jahr zusammengetrieben, nach Eigentümer sortiert, die Fohlen markiert (meist durch Kerben der Ohren), teilweise wird ein Teil der Pferde die Mähne im (menschlich)sportlichen Wettkampf geschnitten, von einem Dorf aus muß sogar der Schweif einiger Stuten dran glauben. Pferde, die als Reitpferde oder Ackergäule gebraucht werden, werden behalten und in Koppeln und eingezäunten Weiden gehalten, die Art des Einreitens ist sehr individuell und vom Geschick und Einfühlungsvermögen des Einreiters abhängig, man findet hier das Einbrechen neben sehr einfühlsamen, langsamen Einreitweisen, bei denen auf Mitarbeit des Pferdes schon während des Einreitens gesetzt wird. Werden die Pferde nicht mehr gebraucht, werden sie wieder freigelassen und dürfen eigenbestimmt sich wieder einer Herde anschließen, wobei einige Pferde sogar freiwillig in der Nähe "ihrer" Menschen bleiben und freiwillig wieder auf die eingezäunten Weiden gehen, wenn man sie läßt.
Das Mähnenschneiden hat übrigens nicht nur irgendeinen hobbymäßigen Grund dort, wie man ihn beim Scheren von Fjordpferden kennt, sondern die Mähnenhaare werden tatsächlich auch heute noch genutzt zur Seilherstellung, Bürstenherstellung und teilweise sogar noch zur Herstellung witterungsbeständiger Kleidung. Es ist also keine sinnlose Pferdequälerei, wie man sie beim jährlichen Einfangen der dülmener Wildbahnpferde beobachten kann!



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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Bigfoot63 » Di 28. Aug 2012, 22:25

Ich finde das Join up nicht gänzlich ideal, aber es ist immerhin eine ganz gute Methode, die mir im Gegensatz zu vielen anderen Methoden ( brechen etc. ) doch noch Pferdefreundlicher erscheint.
Pat Parelli`s Ausbildungsmethoden mögen sicherlich auch ihre Berechtigung haben, ich bin kein Freund der Seven Games. Viele dieser Pferde gucken genauso traurig wie die gequälten Turnierroboterpferde, die traurig übers Viereck paddeln.

In unserer heutigen Pferdehaltung ist es doch vielerorts noch unüblich die Pferde vollständig draussen zu lassen und als eine Gruppe leben zu lassen. Zu viel Angst vor Verletzungen usw. scheint es zu geben.
Ich beobachte das oft bei unseren Pferden, wenn neue Mitglieder in die ca. 15 -17 köpfige Herde kommen, das die Pferde miteinander nicht zimperlich umgehen. Sie rempeln, treten aus und jagen mit geöffneten Maul die Neuankömmlinge. Die Leitstute ( Wallache haben nichts zu melden ) und die hochrangigen Stuten jagen die Neuankömmlinge immer, ausnahmslos. Ich persönlich kenne kein einziges Pferd das druch wegschicken aufgefordert wurde sich der Herde anzuschließen. Mir scheint sie werden verjagt, weil die anderen es können. Jedoch kommt es ganz selten zu ernsten Verletzungen, meist sieht das ernster aus als ist.
Mittlerweile haben wir auch schon oft so genannte "Problempferde" aufgenommen und viele wurden auch nach Veränderung der Haltungsbedingungen wie z. B. dauerhafte Futteraufnahme, keine Boxenhaltung, Bewegung auf großer Fläche, völlig andere Pferde, ruhiger, umgänglich, händelbar und auch reitbar. Ausgeglichenheit scheint viel mit Bewegung und Umweltreizen zu tun zu haben.
Die meisten Probleme scheinen wir uns selbst zu machen im Umgang mit den Pferden. Ich bin kein Pferd, aber ich kann meinem Pferd ein konstantes Verhalten bieten. Ich kann in "schwierigen Situationen Ruhe austrahlen und das Pferd tatsächlich beruhigen. Wir Menschen neigen dazu immer irgendwelche "Schablonen" nutzen zu müssen, wie z.B. Parelli etc. Dies scheint vor allem dazu zu dienen nicht selber nachdenken zu müssen. Sicher mache ich nicht alles richtig, aber ich denke zumindest darüber nach.


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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 28. Aug 2012, 22:54

Ich glaub, dieses Schablonen benutzen kommt einfach nur durch unsere Gesellschaft zustande - es wird nicht mehr beobachtet, das Selbstbewußtsein, zu wissen, daß die eigenen Entscheidungen richtig sind, fehlt - es werden also die Schablonen benutzt, um keinen Fehler zu machen, um alles richtig zu machen - und genau darüber wird es dann falsch!



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Re: Wie pferdefreundlich ist das "Join-up" wirklich?

Beitrag von Melli » Mi 29. Aug 2012, 00:15

Bigfoot63 hat geschrieben:Ich finde das Join up nicht gänzlich ideal, aber es ist immerhin eine ganz gute Methode, die mir im Gegensatz zu vielen anderen Methoden ( brechen etc. ) doch noch Pferdefreundlicher erscheint.
Pat Parelli`s Ausbildungsmethoden mögen sicherlich auch ihre Berechtigung haben, ich bin kein Freund der Seven Games. Viele dieser Pferde gucken genauso traurig wie die gequälten Turnierroboterpferde, die traurig übers Viereck paddeln.
ja, richtig..und das Grundproblem ist aber bei allem dasselbe. Es wird negativer Druck aufgebaut (übrigens ist per Definition all das negativ / Strafe, auf das das Pferd mit Ausweichreaktionen oder Meideverhalten reagiert und woraufhin es Ärger-, Angst- oder Stressgesichter zeigt). Reagiert das Pferd nicht, wird der Druck immer weiter erhöht und im besten Falle sofort nachgelassen, sobald das Pferd reagiert. Eine echte Wahl gibt es für das Pferd nicht. Es lernt also, dass es in jedem Falle das tun muss, was der Mensch möchte. Das aber nicht, weil es Spaß an der Arbeit hätte, sondern eben weil es dem unangenehmen Druck entgehen möchte.
Ich kenne auch Menschen, die sehr einfühlsam nach Pat Parelli arbeiten. Man kann dabei durchaus eine ruhige, angenehme Arbeitsathmosphäre schaffen und wenn der Mensch sich im Griff hat und nicht unfair wird, kommt manch Pferd damit auch gut zurecht. Ich mag es dennoch nicht, weil es eben allein über das Prinzip des Druck aufbauens und nachlassens beruht. D.h. ich muss bereit sein, einen negativen Reiz einzusetzen und den so lange zu steigern, bis das Pferd reagiert. Für das Pferd geht es bei der Methode dennoch nur darum, den unangenehmen Reizen zu entgehen und eben entsprechend zu REAGIEREN. In keiner der Methoden ist wirklich erwünscht, dass die Pferde aktiv mitdenken und Ideen entwickeln. Es ist manchmal erschreckend, dass so "Befehlsmaschinen" als total normal angesehen werden. Das sind dann eben diejenigen Pferde, die als besonders brav vorgestellt werden. Tatsächlich sind einige dieser Pferde schon im Stadium der erlernten Hilfslosigkeit (da hab ich ja weiter oben schon was zu geschrieben).
Sehr oft ist dieses Training eben von Einseitigkeit geprägt (ich gebe Signal -> du führst aus) und für mich hat Einseitigkeit einer Freundschaft keinen Platz.

Der Begriff der 7 "Spiele" ist auch irreführend. Ich zitiere mal die Kennzeichen des Spiels aus verhaltensbiologischer Sicht: "Kennzeichnend für das Spiel ist der fehlende Ernstbezug. Bewegungen oder Teile von Verhaltensweisen, die in anderen Zusammenhängen durchaus Ernstbezug haben können, werden im Spiel frei miteinander kombiniert. [...] Häufig werden die Handlungen von den Spielpartnern stark übertrieben, es wird sehr schnell gelaufen, wild abgestoppt oder spielerisch gebissen. Deutlich erkennbar ist die spielerische Absicht am sogenannten Spielgesicht mit seinen entspannten Gesichtszügen und der vorgeschobenen Oberlippe." (vgl.: Marlitt Wendt: Wie Pferde fühlen und denken. Verhalten, Emotionen, Intelligenz.).
Ein richtiges Spielverhalten ist bei den 7 Spielen nicht erkennbar.

Ausgeglichenheit scheint viel mit Bewegung und Umweltreizen zu tun zu haben.
auf jeden Fall :top:
Dass ein Pferd, das den ganzen Tag auf 3x3 m² im Stall steht, von den vielen Umweltreizen draußen überfordert ist, ist ja sehr gut nachvollziehbar. Daher hört sich das bei euch schon sehr toll an :)

Die meisten Probleme scheinen wir uns selbst zu machen im Umgang mit den Pferden. Ich bin kein Pferd, aber ich kann meinem Pferd ein konstantes Verhalten bieten. Ich kann in "schwierigen Situationen Ruhe austrahlen und das Pferd tatsächlich beruhigen. Wir Menschen neigen dazu immer irgendwelche "Schablonen" nutzen zu müssen, wie z.B. Parelli etc. Dies scheint vor allem dazu zu dienen nicht selber nachdenken zu müssen. Sicher mache ich nicht alles richtig, aber ich denke zumindest darüber nach.
Ist im Pferdebereich seeeehr weit verbreitet. V.a. auch, dass man irgendwelchen Gurus nacheifert und genau deren Trainingsmethode anwendet.
Kann schon allein deshalb nicht funktionieren, weil es einfach irrsinnig große Unterschiede zwischen verschiedenen Rassen und natürlich auch Individuen innerhalb der Rasse gibt. In den ganzen Trainingsprogrammen wird dagegen immer von "dem einen Pferd" geredet. Das Pferd als "Herden-, Steppen und Fluchttier" (mach ich auch mal nen extra Thread drüber auf). Es gibt nämlich allein schon beim Fluchtverhalten gänzlich unterschiedliche Typen. Nicht alle Pferde reagieren mit dem "normalen Fluchtverhalten"..manche (eher kaltblütige Rassen) reagieren auf ebenso große Angst z.B. mit Einfrieren.
Na und diese "Gurus" gehen auch oft weit über die persönliche Hemmschwelle. Der gesunde Menschenverstand sagt den meisten schon, dass sie es eigentlich nicht schön finden, die Pferde zu schlagen (da werden eigentlich durchgängig beschönigende Worte benutzt) oder starken Druck auszuüben. Aber wenn "das eben sein muss um die Rangordnung zu klären", dann machen es viele eben doch.
Letztlich muss jeder seinen eigenen Weg finden - einen Weg v.a., den man mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann. Und ich denke, unerlässlich ist eh, dass man sich und seinen Umgang mit dem Pferd immer wieder reflektiert. Perfekt ist eh niemand..


Wer sagt, dass zuverlässiges Verhalten bei diesem oder jenem Hund nicht ohne Strafe erreichbar ist, sagt nichts über den Hund aus, sondern beschreibt erst einmal seine eigenen Fähigkeiten. (Dr. Ute Blaschke-Berthold)

Liebe Grüße von Melli mit Hund Simba, den RB-Pferden Ásta und Hvatur und den Meerschweinchen Eumel, Kalahari, Paula, Ebby, Lilli und Lotta.

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