Betäubung hemmt Aggressivität

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Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von saloiv » Fr 1. Jan 2010, 20:47

Ich habe einen ganz interessanten Artikel zu einer Studie gefunden.

[url=http://www.zeit.de/1971/25/Betaeubung-hemmt-Aggressivitaet]Betäubung hemmt Agressivität[/url]
A. Cherkin und R. O. Meinecke von der Universität in Los Angeles betäubten eine Reihe besonders kampfwütiger Kaninchen mit dem Anästhesiemittel Natrium Pentobarbital. Selbst vierzehn Wochen nach der Betäubung lebten die Kaninchen noch friedfertig in ihrem Käfig zusammen. Dann wurden die Tiere zwei Wochen lang voneinander isoliert. Als die Forscher die Kaninchen anschließend wieder in einem Käfig züsammensperrten, war nichts mehr von ihrer Friedfertigkeit zu spüren: Binnen zwei Minuten entbrannten heftige Kämpfe zwischen den Tieren. Die Isolation hatte — so folgerten Cherkin und Meinecke •—das Aggressionspotential der Kaninchen erneut aufgeladen.
Das Phänomen kennen wir ja: Wenn man Tiere trennt und wieder zusammensetzt (noch dazu in einen engen Käfig (je kleiner das Revier, desto heftiger die Revierkämpfe), kommt es zu Agressionen. Interessant ist aber, dass die Agressionen durch diese Studie anders erklärt werden.
Die Version bestätigte sich in einer zweiten Versuchsserie mit sechsundzwanzig Kaninchen. Die Tiere, die nach der Anästhesie gemeinsam mit ihren Artgenossen das Bewußtsein wiedererlangt hatten, zeigten kaum Aggressionserscheinungen. Hingegen waren Kaninchen, die isoliert aus der Betäubung erwachten, besonders aggressiv. Wurden die vorübergehend befriedeten Kaninchen vier Wochen nach der Anästhesie wieder voneinander getrennt, so erlangten auch sie diese große Aggressivität, die offenkundig von der Isolation bewirkt wurde.
Wäre so ein Mittel "der letzte Weg" wenn alle anderen Vergesellschaftungsversuche scheitern?


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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von Murx Pickwick » Fr 1. Jan 2010, 21:14

Etwas, was vielleicht mit diesem Verhalten in Zusammenhang stehen könnte, hatte Bernhard Grzimek von Zebras beschrieben ... er hatte in der Steppe übernachtet, wanderte in der Nacht eine Zebraherde genau über seinen Schlafplatz, wurde er von den Zebras morgens mit Anstupsen geweckt und zeigten keine Scheu, sonst flohen die Zebras ihn, sobald er zu nah herankam.

Vom ersten Bauchgefühl war ich bei dem bewußten Einsetzen von Narkosemitteln zur VG erstmal gegen eingestellt - aber beim zweiten drüber nachdenken kommen dann halt die ganzen Probleme rund um Kaninchenbeschaffung und Vergesellschaftung wieder in den Sinn.
Ich muß ganz ehrlich sagen, ich muß erstmal über diese Idee schlafen - ich werds jedoch in der Degupedia verlinken, ich finde, sowas ist schon wichtig, daß man wenigstens mal drübernachdenkt und zur Diskussion stellt.



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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von lapin » Fr 1. Jan 2010, 21:17

Wie lässt sich denn das erklären? :grübel: Riechen sie da anders?


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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von Murx Pickwick » Fr 1. Jan 2010, 21:23

Grzimeks Erklärung zu dem Zebraphänomeen war, daß es normalerweise nicht vorkommt, daß ein Feind mitten in ihrer Herde aufwacht => jeder in der Gruppe ist ein Freund.

Ähnlich könnte es sich hier mit den Kaninchen verhalten ... wann passiert es denn schon mal, daß ein Kaninchen neben einem revierfremden Konkurrenten aufwacht? => alles, was neben einem aufwacht, ist Mitrevierinhaber bzw Gruppenmitglied und wird nicht bekämpft.



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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von saloiv » Fr 1. Jan 2010, 21:27

Aber was ich mich frage: Wie klären sie dann ihre Rangordnung?

Es gibt doch diese Methode, die Kaninchen in eine Tranpsortbox zu stecken und auf eine Waschmaschine im Schleudergang zu stellen. Durch die Angst und ungewohnte Situation klappt die Vergesellschaftung problemloser (angeblich, ich selber habe es noch nicht probiert und werde es auch nicht tun. :X). Ist das der selbe Effekt?


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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von lapin » Fr 1. Jan 2010, 21:29

Würde das nicht auf ein Kurzzeitgedächnis schließen? Die Tiere müssten ja dann vergessen haben, wer alles zum Rudel gehört und wer nicht?! :hm:


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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von saloiv » Fr 1. Jan 2010, 21:39

lapin hat geschrieben:Würde das nicht auf ein Kurzzeitgedächnis schließen? Die Tiere müssten ja dann vergessen haben, wer alles zum Rudel gehört und wer nicht?! :hm:
Ich denke nicht, denn unbetäubte, kurzzeitig getrennte Kaninchen erkennen sich ohne Probleme wieder. Meine Kaninchen sind nachts in zwei Gruppen getrennt, trotzdem erkennen sie sich jeden Tag wieder, es gibt sogar Freundschaften zwischen Kaninchen die nachts getrennt sind.


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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von Murx Pickwick » Fr 1. Jan 2010, 21:47

Mit der Transportbox und Schleudergang im Auto hab ich die Erfahrung mit zwei Kaninchen gemacht, die sich vordem sehr gut verstanden, daß die sich innerhalb von Sekunden vor Angst fast zerfleischt hatten ... wenn ich nicht direkt daneben gesessen hätt, hätte der TA nicht nur Durchfall behandeln müssen, sondern auch noch zwei halbtotgebissene Kaninchen zusammenflicken müssen.

Also ganz ehrlich, ich kann mir nicht vorstellen, daß sowas mit zwei wildfremden Kaninchen mit besserem Ergebnis klappen könnte ... :grübel:

Ich nehme an, daß es sich hier einfach um ne nichtvorhergesehene Situation handelt ... sowas gibts auch beim Menschen, siehe beispielsweise Vexierbilder oder Antipathie - Sympathie durch künstliche Gerüche.

Kaninchen kennen sich normalerweise sehr genau, aber wer ein Revier hält oder wer zur Wintergruppe gehört, hat nix damit zu tun, ob man sich sympathisch ist, das sind eher Zweckgemeinschaften. Ich bezweifel, daß man mit sowas ne echte Kaninchenfeindschaft, wenn es sowas gibt, nicht behandeln könnte, die würden sich dann nach wie vor zerfleischen, wo sie sich sehen, so wie ja auch die echten Kaninchenfreunde jederzeit zusammenhalten, auch in Situationen, wo normalerweise Kaninchen ihre Gruppengenossen aus der Gruppe jagen oder mobben.
Echte Kaninchenfreunde erkennen sich jedenfalls noch nach Jahren der Trennung und begrüßen sich absolut kaninchenuntypisch und mit sichtlicher Wiedersehensfreude.



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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von lapin » Fr 1. Jan 2010, 22:15

Also lässt sich doch dieses Verhalten auf nichts schließen...ausser das die Tiere nie Feinde in ihrer Gruppe erwarten würden und daher das betäubte Tier aufnehmen...?!


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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von Nightmoon » Fr 1. Jan 2010, 22:17

Ich könnte mir vorstellen, dass es mit den Hormonen zusammenhängt, die im Schlaf freigesetzt werden. Unter Anderem sind das auch Endorphine, also Glückshormone. Hinzu kommt, dass ein schlafendes Tier keine Körpersprache hat, außer - lass mich schlafen. :jaja: Nee, im Ernst. Die Hormone, die bei Stress, Angst und Anspannung freigesetzt werden bleiben ja weg. Der Körper hat keine bedrohliche Position an sich. Warum sollten andere Tiere oder Lebewesen dann Angst davor haben? Wenn ein Tier in der Natur einem Anderen den Rücken wissentlich zudreht (insbesondere Huftiere), dann heißt das so viel wie "ich bin nicht dein Feind, wenn Du magst, kannst Du dich mir nähern, ich tue Dir nichts". Bei anderen Tieren wird sich auf den Rücken gedreht, als Unterwürfigkeitsgeste. Es wird dem Fein die verwundbarste Stelle, der Bauch gezeigt. Dabei vertrömt das Tier wahrscheinlich Angstzeigende Hormone. Es heißt ja nicht umsonst, dass Tiere Angst riechen können. Wobei ich da vielleicht doch eher von der Körpersprache ausgehen würde.

Liegt ein Tier in Narkose, so kommt es einem schlafenden oder kranken Tier ähnlich. Es geht also keine Gefahr von ihm aus und wird dadurch wahrscheinlich besser akzeptiert. Mit der Rangordnung ist es vielleicht dann so, dass das schlafende Tier erst einmal nach dem Aufwachen sich ganz still verhält, weil es die Gefahr nicht bemerkt hat, als sie sozusagen kam? :hm: Oder, was mir mehr einleuchten würde, es hat beim Schlafen schon unbewusst den Geruch aufgenommen und ihn beim Erwachen als bekannt eingestuft? Die Gegner hatten schon lange genug Zeit, um festzustellen, dass von dem keine gefahr ausgeht. Somit zeigen sie auch keine Aggressionen oder Anspannungen im Verhalten, was der Schlafmütze widerum sagt, dass er sicher ist. Irgendwie so könnte ich es mir vorstellen.
Ich hoffe, dass das jetzt nicht zu verworren war. Es sind halt meine Gedankengänge dazu. :hehe:


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Meine süße kleine Tessamaus, ich hab dir immer versprochen, dich nicht leiden zu lassen, ich hoffe Du verzeihst mir.[/align]

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Re: Betäubung hemmt Aggressivität

Beitrag von saloiv » Sa 25. Aug 2012, 22:40

Ich habe diese Methode nun ausgetestet, ich weiß ja nicht wie es ohne Betäubung ausgesehen hätte, aber die VG war recht entspannt. Allerdings muss man sie trotzdem außerhalb des Reviers halten nach der Narkose. Revier-Verteidigungs-Verhalten wurde nämlich trotzdem gezeigt.


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