Kräuter trocknen, und dann?

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Giftige Pflanzen die hier aufgeführt oder vorgestellt werden, stellen für Tiere die Ad Libitum ernährt werden selten eine Gefahr dar, da sie in der Lage sind zu selektieren und daher immer wissen, was fressbar und genießbar ist und was nicht. Solltest du Interesse daran haben bei deiner Tierart genau in Erfahrung zu bringen, ob entsprechende Pflanzen nun gut oder schlecht für sie sind, bitten wir dich im entsprechenden Forum eine direkte Frage zu stellen.
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Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Lepidus » So 28. Okt 2012, 23:24

Ich hab dieses Jahr nicht so recht geschafft viel zu trocknen und nutze jetzt noch ein bisschen das, was ich so finde.

Mir kam beim sammeln jetzt der Gedanke hoch, ich nehm mal ein Bsp.

Ich hab Sauerampfer gesammelt und will den trocknen lassen. Jetzt hat der ja verschiedene "Inhaltsstoffe". Beim trocknen geht ja das eine und andere verloren davon, woher weiß man denn, was da verloren geht. Kann man das nachlesen, kann das irgendwer nachvollziehen und wenn, wie wird sowas gemacht? Woher weiß man das?



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Venga » So 28. Okt 2012, 23:40

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das genau auflisten kann, was Wildkräuter an Inhaltsstoffen verlieren.
Da spielen zu viele Werte rein.
Auf welchem Boden stand das Kraut,
wie viele/welche Nährstoffe waren im Boden,
wie viel hat es geregnet
war der Boden eher feucht oder trocken
wie alt war das Kraut beim Ernten
hatte es schon geblüht, ausgeblüht, Saat angesetzt...
wie wurde es getrocknet
...

Murx weiß da bestimmt mehr.


LG
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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Murx Pickwick » Mo 29. Okt 2012, 08:13

Du hast schon das Wichtigste angemerkt ...

Im Herbst ziehen sich die meisten Kräuter zurück, sie sind nur einjährig. Aber auch die mehrjährigen Kräuter sparen genauso, wie es unsere Tiere in Mangelzeiten tun. Der Nährstoffgehalt sinkt, bei dem einen Kraut mehr, bei der andern weniger, es ist nicht mehr genügend an Nährstoffen da, um Fraßschutzstoffe und ähnliches zu bilden, der Gehalt an einigen Wirkstoffen sinkt dementsprechend. Andere Wirkstoffe, wie Gerbsäuren, Lignine etc nehmen zu ... Wassergehalt sinkt bei vielen mehrjährigen Kräutern im Winter.

Speziell beim Sauerampfer steigt der Oxalsäuregehalt im Jahr, die Oxalsäure konserviert zwar sehr gut, aber führt beim Trocknen schneller zu vergilbten Blättern, weil Chlorophyll durch die Oxalsäure zerstört wird.
Was da noch so alles im Sauerampfer an chemischen Prozessen abläuft, darüber kann man nur spekulieren, meines Wissens hat das noch nie jemand beim Sauerampfer untersucht.



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Lepidus » Mo 29. Okt 2012, 23:50

Hm sowas dachte ich mir schon.... ;)

Und bei den Kräutern, bei denen man das weiß, also zB bei giftigen Kräutern ist es ja oft so das sie nach dem trocknen weniger oder garnicht mehr giftig sind, woher weiß man sowas? Wie findet man das raus?



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Venga » Di 30. Okt 2012, 00:18

Lepidus hat geschrieben:... bei giftigen Kräutern ist es ja oft so das sie nach dem trocknen weniger oder garnicht mehr giftig sind...
Bist du da sicher?
Ich hätte eher angenommen, dass sich das Gift verstärkt, weil die Feuchtigkeit verdunstet und das Gift dadurch konzentrierter ist. :grübel:


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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Lepidus » Di 30. Okt 2012, 01:15

Hm, vllt kommts da auch auf die Pflanze an. Also zumindest bei manchen Pflanzen soll das ja so sein.



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Venga » Di 30. Okt 2012, 01:30

Möglich, andere Wirkstoffe können sich beim Trocknen ja auch verflüchtigen


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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 30. Okt 2012, 10:33

Ob ein Wirkstoff durch Trocknen wirsamer wird oder weniger wirksam, hängt vom Wirkstoff selbst ab - und ob etwas auf einen Organismus giftig wirkt, oder nicht, hängt wiederum von Konzentration und Organismenart ab ...

Heißt also, wenn ich Protoanemonin habe, was in den Hahnenfußgewächsen enthalten ist, dann braucht das Protoanemonin Wasser um sich drumrum, damit es stabil bleibt. Trocknen Hahnenfüße, fehlt das Wasser, das Protoanemonin zerfällt und wenn es nicht mehr da ist, weil kaputtgegangen, kann es nicht mehr wirkern.

Protoanemonin kann schon in relativ geringen Konzentrationen Pferden echte Probleme bereiten und sie krank machen, im Heu dagegen ist kein Protoanemonin mehr drin, die Pferde können also getrockneten Hahnenfuß problemlos mitfressen ... Kaninchen dagegen können Protoanemonin pur schlabbern, die nutzen das höchstens noch für ihre Gesundheit! Für die ist es egal, ob ein Hahnenfuß frisch oder getrocknet ist.

Das im Johanniskraut enthaltene Hypericin ist sehr stabil. Wenn die Pflanze trocknet, bleibt es erhalten. Allerdings wird die Pflanze beim Trocknen leichter, das Wasser fehlt ja nun - und dadurch wird das Hypericin konzentriert. Die Wirkung nimmt zu! Es gibt Pferde, die auf Hypericin empfindlich reagieren, die können frisches Johanniskraut fressen - aber wenn sie dieselbe Gewichtsmenge Johanniskraut im Heu mitfressen, bekommen sie Ausschlag und sonnenempfindliche Augen.

Beim Jakobs-Greiskraut haben wir es wiederum mit einem ganz anderen Effekt zu tun ... wir haben einmal hochwirksame Alkaloide, welche die Nieren der meisten Säugetierarten nachhaltig schädigen, auch in kleinen Konzentrationen und wir haben Fraßschutzstoffe, welche das Jakobs-Greiskraut widerlich schmecken und riechen läßt. Frisch meiden die meisten Säugetiere den Genuß dieser Pflanze (anders Ziege und Kanin, die fressen nämlich Jakobs-Greiskraut auch in größeren Mengen, ohne daß es ihnen schadet), getrocknet aber zerfallen die Fraßschutzstoffe, die hochwirksamen Alkaloide jedoch, welche die Nieren schädigen, bleiben erhalten und können weder geschmeckt noch gerochen werden! Die Folge ist, für die meisten Weidetiere wird getrocknetes Jakobs-Greiskraut lebensgefährlich! Allerdings können zumindest Pferde lernen, sich an anderen Merkmalen wie den Fraßschutzstoffen zu orientieren, um das für sie tödliche Jakobs-Greiskraut auch im getrockneten Zustand zu erkennen und auszuspucken.

Sehen kann man das an einer Pflanze nicht, wie das Wirkprinzip dieser Pflanze aussieht, im Gegenteil, man muß probieren und sich langsam rantasten - und dafür wiederum ist der Probebiß da. Hier wird probiert, detektiert, analysiert, die Wirkung auf den Körper und Darm beobachtet und wenn da alles in Ordnung ist, wird die Pflanze in Zukunft ins Futterpflanzenspektrum aufgenommen. Selbst die optimale Dosierung kann über den Probebiß herausgefunden werden, Heilwirkungen, Schadwirkungen, Nährstoffgehalt und vieles mehr ... .



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Lepidus » Di 30. Okt 2012, 13:45

Das ist echt interessant find ich.

Muss sich halt mal jemand mit den Pflanzen ins Labor setzen und die auseinander nehmen.... :lol:
Da muss man die Inhaltsstoffe doch irgendwie raus bekommen oder?



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Murx Pickwick » Di 30. Okt 2012, 14:51

Die Inhaltsstoffe unterschiedlicher Pflanzen kannst du dir zusammensuchen ... du kannst auch Pflanzenmaterial durch diverse Chromatographen und Co schicken. Je nach Nachweisverfahren bekommst du auch eine Menge Inhaltsstoffe raus - allerdings auch eine Menge Inhaltsstoffe, die erst durch die Nachweisverfahren entstehen.

Weiterhin kannst du bei jeder Pflanzenart mit einigen Tausend Inhaltsstoffen rechnen, die meisten davon sind hochwirkungsvoll. Und nicht nur das, viele dieser Inhaltsstoffe sind die Ausgangsmaterialien für weitere Inhaltsstoffe, etliche Inhaltsstoffe kommen nur zeitweise in der Pflanze vor, da es sich um Zwischen- und Abfallprodukte handelt, einige Inhaltsstoffe sind echte Fraßschutzstoffe, die erst hergestellt werden, wenn die Pflanze verletzt wird. Die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ändert sich innerhalb von Minuten, wobei einige Inhaltsstoffe so ziemlich in gleichbleibender Konzentration (auf die Trockenmasse bezogen) in der Pflanze bleiben und einige, die nur zeitweise in der Pflanze vorkommen. Vitamine beispielsweise sind so immens wichtig für den Stoffwechsel der Pflanze, daß sie mehr oder weniger gleich bleiben (auf die Trockenmasse bezogen) und nur dann weniger werden, wenn die Pflanze ne Ruhezeit hat, in der sie ihren Stoffwechsel herunterfährt. Auch Mineralstoffe bleiben mehr oder weniger in gleicher Konzentration. Schon bei den Spurenelementen sieht es anders aus, auf selenreichen Böden beispielsweise kann die Pflanze so viel Selen enthalten, daß das kein Weidegänger überlebt, auf selenarmen Böden dagegen wachsen auch nur Pflanzen mit wenig Selen. Die Konzentration ist also abhängig von dem, was im Boden ist.

Einige Pflanzen, wie beispielsweise das Lieblingskind der Genetik, die Ackerschmalwand, können sogar Pestizide geziehlt sammeln und einlagern, diese Pestizide werden als Fraßschutzstoffe mißbraucht! Auf ungespritzten Feldern ist die Ackerschmalwand mehr oder weniger schutzlos, auf gespritzten Feldern kann sie tödlich giftig werden!

Beim Hanf wiederum ist die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) abhängig von der Sonneneinstrahlung - je mehr Sonne, desto mehr THC. Und damit nicht genug, es ist nun auch noch wichtig, welches Organ du untersuchen läßt, das Wurzelmark enthält andere Inhaltsstoffe, wie die Wurzelrinde, in den grünen Pflanzenteilen sind Chlorophylle zu finden, die in der Wurzel wieder gänzlich fehlen. Blüten enthalten sehr oft sehr ausgefallene Xanthophylle, die wiederum nirgendwo anders, wie in den Blüten vorkommen. Cyanogene Glycoside wiederum wirst du vornehmlich nur in den Samen finden, mit wenigen Ausnahmen, gibt auch Pflanzen, welche diese cyanogenen Glycoside in Blättern und Rinde einlagern ...

Einfach nur ein Beispiel am Ingwer-Rhizom, wie so eine Analyse aussehen könnte, wenn du die Pflanze untersuchen läßt. Aufgelistet ist übrigens nur ein kleiner Auszug der Inhaltsstoffe, da fehlen beispielsweise die Gerbsäuren und Lignine komplett, diverse Bitterstoffe etc, welche sich auch im Rhizom befinden, fehlen größtteils auch, dazu kommen noch etliche Stoffe, die bislang noch nicht nachgewiesen wurden und die deshalb noch niemand kennt:
10-Gingerol , 8-Gingerol, 6-Gingerol, 8-Shogaol, 6-Shogaol, 1,8-Cineol, 10-Dehydrogingerdion, 6-Gingerdion, 8-β-17-Epoxy-λ-trans-12-en-15, 16-diol, 9-Oxo-Nerolidol, Acetaldehyd, Alanin, Essigsäure, α-Linolensäure, α-Phellandren, α-Pien, α-Terpineol, α-Zingiberen, ar-Curcumen, Arginin, Ascorbinsäure, β-Bisabolol, β-Carotin, β-Elemen, β-Eudesmol, β-Ionon, β-Myrcen, β-Phellandren, β-Pinen, β-Selinen, β-Sesquiphellandren, β-Sitosterol, β-Thujon, Bornylacetat, Kaffeesäure, Camphen, Kampher, Kaprinsäure, Kaprylsäure, Capsaicin, Caryophyllen, Chavicol, Chlorogensäure, Citral, Citronellal, Cumen, Curcumin, Cystin, Delphinidin, δ-Cadinen, Elemol, Ethylacetat, Ethylmyristat, Farnesal, Farnesen, Ferulinsäure, Furfural, γ-Aminobuttersäure, γ-Terpinen, Geranial, Geraniol, Geranylacetat, Gingerenon, Glutaminsäure, Glycin, Hexahydrocurcumin, Histidin, Isogingerenon-B, Isoleucin, Kaempferol, Lecithin, Limonen, Linolensäure, Methionin, Mufa, Myrecen, Myricetin, Myristinsäure, Neral, Nerol, Nerolidol, Niacin, Ölsäure, Oxalsäure, p-Coumarinsäure, p-Cymen, p-Hydroxybenzoesäure, Palmitinsäure, Panthotensäure, Paradol, Patchoulinsäure, Phenylalanin, Quercetin, Riboflavin, Shikiminsäure, Terpinen-4-ol, Thiamin, Tryptophan, Vanillinsäure, Vanillin und Zingeron
Quelle: [url=http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za433/ingwer.html]Oh! Oh! Ofsi Online - Tip 13 Ingwer gegen Schmerzen und Entzündungen[/url]



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Re: Kräuter trocknen, und dann?

Beitrag von Lepidus » Mi 31. Okt 2012, 20:28

Oioi... Ich glaub das reicht mir schon erstmal an Infos... :lol:



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