Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

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Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

Beitrag von Curly » Di 23. Nov 2010, 21:29

Bezugnehmend auf diesen Thread hier:
https://www.tierpla.net/post117971.html#p117971" onclick="window.open(this.href);return false;
Murx Pickwick hat geschrieben:Nicht ganz ... denn die Schnegel und andere heimische Schnecken sterben in einem nicht passenden Biotop aus ... beispielsweise müßte der Tigerschnegel auf den Feldern zuhauf vorkommen - dort fehlen jedoch selbst die eingeschleppten spanischen Wegschnecken!
Um so ganz genau zu sein ... irgendwie gibts höchstens noch in Waldrandlage ein paar Schneckchen ...

Wenn also die spanische Wegschnecke oder die Achatschnecke in der Lage sind, unsere heimischen Spezialisten zu verdrängen, ist das absolut allerhöchstes Alarmsignal, mal ein wenig umzudenken - denn irgendwann sind die Biotope soweit verändert, daß selbst die spanische Wegschnecke keine Chance mehr hat zu überleben - und vor ihr verschwinden endgültig und auf Nimmerwiedersehen etliche Tier- und Pflanzenarten ... unmerklich, aber stetig! Auch Arten, die eigentlich mit Schnecken nicht viel am Hut haben, wie diverse Grillen, Heupferdchen, Neuntöter, Siebenschläfer, Haselmäuse, Mauswiesel und und und ... oftmals verschwinden als erstes die unauffälligen Arten, wenn die auffälligen Arten verschwinden, ist im Grunde genommen schon alles zu spät!

Momentan ist schlecht mit Schneckenbildern, selbst die sonst immer allgegenwärtigen Schnegel sind längst in Winterstarre ... wenn die Achatschnecken nächstes Jahr noch da sind, kann ich sie fotografieren (und auch die wunderschönen und hier allgegenwärtigen schwarzen Schnegel und Weinbergschnecken :D)
Du hast natürlich Recht, was die Vernichtung von unscheinbaren Arten betrifft.
Nur was können wir dagegen tun?

Wie erklärt man einem Mann, dass eine Wildblumenwiese im Garten viel schöner ist
als nen englischer Rasen und wie gibt man ner Mutter zu verstehen, dass "Unkraut"
auch seine Daseinsberechtigung im Gemüsebeet hat?

Glaub mir... ich tue mein möglichstes...

Curly



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Re: Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

Beitrag von Murx Pickwick » Di 23. Nov 2010, 22:06

Gut ... solange du dich mit anderleutz rumschlagen mußt, die anderer Meinung sind, bist du eh aufgeschmissen ...

Dennoch gibt es einige Hilfen, die etlichen heimischen (und auch nichtheimischen) Tierarten eine enorme Hilfe bieten und dennoch in einen modernen Englisch-Rasen-Garten passen.

Ein paar Beispiele, vielleicht ist hier ja etwas bei, was Männe oder Eltern doch gefällt:
- [url=http://www.bss-b.de/schulgartenbss/Wildbienenwand/Wildbienenwand.html]Insektenhotel[/url], auch Wildbienenwand oder Wildbienenhotel genannt.
- Schnecken nicht vergiften, sondern in den Komposthaufen locken, gefährdete Blumenrabatten und Gemüsebeete mit Kaffeesatz schützen.
- Komposthaufen nach einem Jahr mit Ästen, Zweigen und Laub abdecken und erst nach zwei bis drei Jahren verwenden, zwischen den Komposthaufen Äste, Zweige und Laub füllen.
- Wenn schon der Rasen nicht einer Wildblumenwiese weichen darf, die Rasenbegrenzung mit heimischen Büschen bepflanzen ... besonders eignen sich hier Pfaffenhütchen, Schlehe, Weißdorn, Hollunder, Haselnuß, Strauchmalven, europäischer Wacholder, Eibe, Hundsrose ... hat man Tiere, werden einfach die giftigen Sträucher weggelassen, es gibt auch genügend heimische Sträucher, welche für die gehaltenen Tiere bekömmlich sind.
- [url=http://kleinsthof.de/Kraeuterspirale/]Kräuterspiralen[/url] und Wildblumenspiralen ... selbst ausgesprochene Wiesenblumen lassen sich in solchen Gebilden prima kultivieren und bringen jeder Menge Insekten Nahrung und Schutz, vor allem, wenn man sehr dicht pflanzt. (Daß es nicht nur Spiralen mit Teich sein müssen, liegt auf der Hand, es gehen auch Steinhaufen mit Erde zwischen den Steinen - nimmt weniger Platz weg und kann trotzdem sehr dicht bepflanzt werden und sieht schön aus.)
- mit Efeu oder Wildrosen bewachsene Schattenspender oder [url=http://foto.mein-schoener-garten.de/userimages/8103/nm/165642/Mein+Rosenpavillon+im+Juni+08.jpg]kleiner Pavillon[/url]
- Überall, wo man etwas hat zum Anhängen (Bäume, Pavillon etc) umgedrehte, mit Stroh gefüllte Blumentöpfe hängen

Sind jetzt nur mal ein paar Ideen ... es heißt hier einfach, seine Phantasie spielen lassen.

Wenn du den Daumen auf dem Einkauf hast, kannst du weitaus mehr tun, wenn du zusiehst, möglichst viel aus Permakultur und aus Naturschutzprojekten zu kaufen ... eine Vollversorgung ist damit noch nicht möglich, weil die Produkte aus Permakultur sehr oft sehr teuer sind (ist halt noch viel Handarbeit mit verbunden, weil es passende Maschinen noch nicht gibt). Der größte Feind unserer heimischen Tier- und Pflanzenwelt sind nämlich unsere Monokulturen und Massenviehhaltungen - und dabei ist es fast egal, ob es sich um Bio oder Nichtbio handelt, Monokultur ist Monokultur ... einzig die Pflanzenschutzmittelmenge ist in Bio deutlich geringer und verträglicher ... aber das hilft letztendlich den heimischen Haselmäusen und Schnegeln auch nicht weiter, denn die brauchen nicht hektarweise Mais, die brauchen eine abwechslungsreiche, artenreiche Landschaft mit vielen unterschiedlichen Pflanzengesellschaften.



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Re: Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

Beitrag von Curly » Di 23. Nov 2010, 22:32

Ja, so ein Insektenhotel ist ein lang gehegter Traum von mir.
Ich find die soooo klasse.

Früher hatten meine Eltern in den Obstbäumen immer umgedrehte Blumentöpfe mit Holzspäne drin.
Ohrenkneifer sollten darin wohnen und Schädlinge fressen.
Ohrenkneifer finde ich nun wieder ekelig... vorallem, wenn sie in meiner frisch
von der Leine geholten Wäsche kleben... bäääh...

Ich werde mal sehen, was sich machen lässt.
Die abgebildete Kräuterspirale mit integriertem Teich gefällt sicher auch Männe.

Danke für deine Ideen, Murx!

Curly



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Re: Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

Beitrag von Murx Pickwick » Mi 24. Nov 2010, 10:12

In dem Augenblick, wo der Mensch anfängt, sich die Rosinen aus dem Kuchen zu picken, wird er anfangen, Arten auszurotten ... Ohrwürmer sind die gefräßigsten Vertilger von Blattläusen - und gleichzeitig ein sehr gutes Futter für eine ganze Reihe von Singvögeln und dem Kuckuck. Wer also Ohrwürmern Verstecke bietet, so daß sie sich vermehren können, schützt empfindliche Pflanzen vor Blattlausfraß und sorgt dafür, daß Singvögel ganzjährig Futter finden ... besseres und gesünderes Futter übrigens, wie diese aus minderwertigem Fett und ranzigen Großsamen zusammengebabbten Meisenknödel und Meisenkringel ...

Diese umgedrehten Töpfe, egal ob mit Stroh gefüllt, oder mit Holzspänen drin, bieten nicht nur den Ohrwürmern ein gutes Versteck, im Winter nisten sich dort auch andere Insekten ein und überwintern - und bieten ihrerseits wieder gutes Meisenfutter.

Ich selbst HASSE Ameisen - ich hab Angst vor ihnen ... und zwar mächtige ...
Dennoch haben auch Ameisen ihren Platz in der Natur und auch hier biete ich verschiedenen Ameisenarten Schutz - damit sie sich vermehren. Ok, ich mach das jetzt nicht unbedingt direkt an der Eingangstür zum Haus, mein Haus ist schließlich mein Schutz, da will ich mitentscheiden dürfen, wer hier sich einnistet und überwintert, schließlich schmeißen auch Ameisen alles aus ihrem Bau, was nicht Ameise ist, will ich auch dürfen ... aber schon ein wenig weiter weg vom Haus liegen diverse tote Holzscheite in der Gegend rum. Sie bieten Asseln, Hundertfüßern und Tausendfüßern Schutz und Nahrung und damit eben auch Ameisen. Wenn meine Langohren und Krummbeiner mal wieder ihr Nadelgehölz nicht aufgefuttert, sondern nur bepullert haben, kommt es raus in den Wald in die Nähe von Ameisenburgen - prima Baumaterial für die kleinen sechsbeinigen Arbeiter. Sie kommen und holen sich die Nadeln vom Nadelgehölz.



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Re: Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

Beitrag von Miss Marple » Mi 24. Nov 2010, 13:01

Kräuterspirale mit Teich gefällt mir auch. Aber ganz schöner Bauaufwand. :arg:
Murx Pickwick hat geschrieben:...es gehen auch Steinhaufen mit Erde zwischen den Steinen - nimmt weniger Platz weg und kann trotzdem sehr dicht bepflanzt werden und sieht schön aus.
In meinem Garten (hab ich seit Oktober) ist so was:

Bild

Was kann ich da reinpflanzen oder säen? Oder besser alles lassen wie es ist, sonst vermassel ich den Bewohnern dort alles?

Ist das ein gutes Insektenhotel: https://www.panda.de/bdquo-Insektenhotel-ldquo--459d1a630465.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Und wie sieht es aus mit einer Schmetterlingsstation? https://www.panda.de/Schmetterlingsstation--459d1a630468.html" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich will ja im Frühjahr Magerwiese säen und so viel Naturgarten wir möglich machen. Mit so wenig Aufwand wie möglich. :P


"Der Clown ist die wichtigste Mahlzeit des Tages."

geklaut


"Ich schimpfe nie über Regen. Ich mochte ihn ja auch, als er noch das Meer war."

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Re: Verdrängung, Vernichtung und Ausrottung heimischer Arten

Beitrag von RuJo » Mi 24. Nov 2010, 14:03

Also ich würde ein Insketenhotel nie kaufen... unnötiges Geld zum Fenster rauswerfen. Man kann mit so einfachen Mitteln selber tolle Unterschlüpfe bauen.
Ich hatte auf meinem Balkon damals so einen Lochziegelstein (gibts für ein paar Cent im Baumarkt), das große Loch in der Mitte habe ich lose mit Heu verstopft, in die kleinen habe ich diverse hohle Pflanzenstängel verschiedener Durchmesser gepackt (Stroh zum Beispiel, eine Doldenblüter im abgeblühten Zustand eignen sich auch gut usw).
Ich hatte auch ein kleines Bambusbündel (Reste von meinen Kaninchengehegearbeiten damals) zusammengeknotet und aufgehängt.
Für Wildbienen kann man einfach eine Baumscheibe mit Bohrlöchern versehen. 2-20mm Durchmesser dürfen sie haben (am besten verschiedene Größen) und ca 5-10cm tief sein (nicht durch die gesamte Scheibe bohren) und das ganze leicht zur Öffnung hin abschüssig... wird sehr gerne angenommen. Es ist toll das rege treiben speziell an einem Bienenhotel zu beobachten ... und so interessant dann auch die parastischen Bienen zu beobachten, wie clever sie vorgehen. Oder an dem Hotel, dass ich lange beobachten konnte hatte sich in einem Loch eine Spinne eingenistet, die blitzschnell nach vorne schoss, wenn am Eingang des Loches Bewegung war...

Schön, und nicht nur für Insekten interessant sind auch Totholzstellen... Benjeshecken können sogar richtig dekorativ sein dabei.
Vielleicht könnt ihr an einer Stelle im Garten einfach ein bisschen Verschnitt liegen lassen...

In meinem jetzigen Zuhause sind extra Insektenhotels nicht nötig (seither dient der Lochziegel als Asthalter für die Kaninchen ;-) ), hier bieten sich genug natürliche Unterschlüpfe und Nistgelegenheiten... und im Garten meiner Eltern ist eigentlich auch natürlicherweise gut was los (bis hin zu Molchscharen und Kröten alljährlich und hin und wieder sogar mal eine Ringelnatter usw).. sind auch einige ziemlich buschige Ecken...die müssen nicht mal riesengroß sein. Hier und da ein paar kleine Anlaufstellen in einer Ecke reichen schon.

Ansonsten ist natürlich auch das anpflanzen von beliebten Nektarquellen sinnvoll...besonders sehr frühe (zum Beispiel ist um die Krokusse im Garten im Frühjahr immer ziemlich viel Betrieb) oder eher spät blühende Arten sind besonders sinnvoll... (im Sommer gibt es eigentlich meist genug, so dass da nicht so akute Engpässe entstehen...aber mehr kann trotzdem nicht schaden, besonders auch um die Unterschlüpfe in unmittelbarer Nähre Schmackhaft zu machen.. und sieht ja auch hübsch aus..)


"Ein gutes Buch, das von majestätischer Unerschlossenheit an seiner Stelle im Regal steht, stellt die aufmunternste Form intellektueller Wandverkleidung dar!" (David Quammen "Die Hörner des Rhinozeros")

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