geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

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geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von steffi » Mo 9. Aug 2010, 16:32

hallo,

wer sich mit dem thema reptilien, speziell lsk beschäftigt, wird immer wieder auf die aussage stoßen:
"...wurde bei ca. 32grad ausgebrütet, was die wahrscheinlichkeit von weibchen erhöht..."

nun frage ich mich: ist das wissenschaftlich belegt, wunschdenken oder einfach nur mumpitz!? :crazy:

ich bekomme immer wieder mal schildis, entweder sommertiere, oder ich hole sie aus schlechter haltung, oder aber ich bekomme sie einfach, weil die leute keinen bock mehr drauf haben. und in 80% der fälle sind es kerle.
da bei schildis, wie zb auch bei bartagamen, das verhältnis 1.2 und höher sein sollte (da böcke sich gegenseitig bekämpfen, beißen und auf den rücken drehn), wäre es natürlich toll, wenn dementsprechen viele weibliche tiere verfügbar wären. aber wie gesagt, weibliche schildkröten gleichen "6 richtigen im lotto" und werden dementsprechend teuer gehandelt. :sauer:

das geschlecht einer schildkröte ist ab einer gewissen größe erkennbar - nicht alter wohlgemerkt.
meine blue ist jetzt 6 jahre alt und erst dieses jahr konnte klar gesagt werden, daß sie wahrscheinlich ein mädel ist. die zwei sorgenkinder sind von 2008 und jetzt ist schon klar, daß die jungs sind, weil sie entsprechend körperlich enwickelt sind.
das heißt auf gut deutsch: halte ich meine tiere artgerecht, kann ich mit frühestens fünf jahren sagen, ob nun cosma & shiva (ja, ich gebe es zu, der wunsch ist vater des gedankens und der namen ;) m oder w sind.

die frau eines züchters meinte mal, sie glaube nicht an diese bruttemperatur-theorie, ihrer meinung nach entscheide sich bei reptilien/schildkröten das geschlecht erst nach der geburt. und da würde es sich danach richten, was sozusagen "gebraucht" wird. aber wären da weibchen nicht dann wesentlich häufiger als männer? :hm:

bin gespannt, was ihr dazu meint


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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von Murx Pickwick » Mo 9. Aug 2010, 16:44

Es gibt Reptilienarten, bei denen es nachgewiesen ist, daß die Bruttemperatur einen Einfluß auf die Geschlechterentwicklung hat - nun sind das allerdings nicht alle Reptilienarten, sondern nur einzelne Arten.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaub, Schildkröten haben diese Bruttemperaturgeschlechterregelung generell nicht - oder gibts da doch ein paar Arten?



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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von steffi » Mo 9. Aug 2010, 16:51

wenn man in die kleinanzeigen schaut, behauptet jeder sogenannter züchter zumindestens, daß er durch die bruttemperatur viele weibchen erzeugt - und da ist es egal, ob graeca, horsfieldi, tbc,tbh oder tbb. :crazy:


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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von Ziesel » Mo 9. Aug 2010, 23:08

diese Aussage kenn ich aber keine Ahnung von Schildis...
Ich hab dunkel im Hinterkopf, dass sich das Geschlecht in den ersten drei Wochen entscheidet und ausser der Temperatur noch andere Faktoren dies beeinflussen aber zu niedrige Temp in der Zeit macht Männer und zu hohe auch aber wenn man die Temp hochschraubt könnten Deformationen zB an Schildis Panzer auftreten



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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von RuJo » Mo 9. Aug 2010, 23:53

Ich kenne diese Aussage auch. Es ist nachgewiesen, dass es temperaturabhängige Geschlechterdifferenzierung bei verschiedenen Tieren und Pflanzen gibt.
Auch bei sehr vielen Schildkrötenarten. Die Zusammenhänge sind aber immernoch nicht so ganz klar...es gibt die These, dass durch die Temperatur ein Hormon aktiviert wird (Aromatase), welches Testosteron in Östrogen umwandeln kann, wodurch sich die Zahl der Weibchen ab einer gewissen Temperatur praktisch bis fast 100% erhöhen kann. Diese Erklärung würde natürlich nur für Spezies funktionieren, wo die Temperatur eben auch sorum wirkt.. es scheint jedenfalls verschiedene Mechanismen zu geben, weil Temperatur ganz unterschiedliche Auswirkungen haben kann auf die Geschlechter.

hier mal zum nachlesen bisschen was: https://www.bio.davidson.edu/people/midorcas/animalphysiology/websites/2004/Kinsell/page2.htm" onclick="window.open(this.href);return false;

Die Ansicht der Züchterin ist für mich nicht wirklich logisch... wie soll ein Jungtier wissen was gebraucht wird gerade? Wonach soll es das "entscheiden"? Im ersten Moment hat es doch dann einfach nur seine eigenen, ebenso unorientierten geschwister um sich.. nee, das klingt mir eher nach Wunschdenken.


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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von Murx Pickwick » Di 10. Aug 2010, 09:52

Bei Meerschweinchen könnte es diese Geschlechterbeeinflussung nach Bedarf geben ...
In gemischtgeschlechtlichen, stabilen Gruppen, wie sie in Zoos und Co zu finden sind, hat man meist ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis. Bei Züchtern, welche die Böcke nur bei Bedarf zu den Weibchen setzen, gibt es einen Männerüberschuß. Hier sinds allerdings die Weibchen, die offenbar mitbekommen:
- Leitbock ständig vorhanden => Genug Männers, ausgeglichenes Geschlechterverhältnis
- Leitbock fehlt bisweilen => Böcke werden ständig gefressen => Männermangel => Ausgleichen bitte
Das ist jedoch bisher noch reine Murxtheorie ...

Bei Fischen hat man dann wieder bei einigen Arten ne Geschlechtsausprägung nach Bedarf, berühmtestes Beispiel sind die meisten Clownfischarten, wo die Fischlis per default erstmal Männchen sind. Fehlt ein Weibchen in der Anemone, wird aus dem ranghöchsten Männchen ein Weibchen.

Bei Reptilien ist mir sowas bisher nicht bekannt - allerdings kenn ich mich auch nicht gerade gut mit Reptilien aus ...



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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von halloich » Di 10. Aug 2010, 10:11

Ich meine bei gehört zu haben das bei Krokodilen die Bruttemperatur das geschlecht entscheidet

https://www.planet-wissen.de/natur_technik/reptilien_und_amphibien/krokodile/index.jsp" onclick="window.open(this.href);return false;


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Re: geschlechtsbeeinflußung durch bruttemperatur?!

Beitrag von RuJo » Di 10. Aug 2010, 13:56

Murx Pickwick hat geschrieben: Hier sinds allerdings die Weibchen, die offenbar mitbekommen:
- Leitbock ständig vorhanden => Genug Männers, ausgeglichenes Geschlechterverhältnis
- Leitbock fehlt bisweilen => Böcke werden ständig gefressen => Männermangel => Ausgleichen bitte
Das ist jedoch bisher noch reine Murxtheorie ...
Falls da was dran wäre, könnte ich mir das aber eher noch vorstellen als eine postnatale Geschlechterbestimmung bei Schildkröten.
Hier können ja schnell Hormone im Spiel sein durch bestimmte Stressfaktoren die durch Gruppengefüge ausgelöst werden oder auch nicht.. und die könnten dann ja eventuell Einfluss auf Geschlechter ungeborener haben..

Bei Fischen hat man dann wieder bei einigen Arten ne Geschlechtsausprägung nach Bedarf, berühmtestes Beispiel sind die meisten Clownfischarten, wo die Fischlis per default erstmal Männchen sind. Fehlt ein Weibchen in der Anemone, wird aus dem ranghöchsten Männchen ein Weibchen.
Ja, soweit ich weiß ist es bei manchen großen Barscharten in Meerwassern sogar obligatorisch... die wandeln ab einem gewissen Alter immer das Geschlecht.
Bisschen was zum lesen: https://www.starfish.ch/Korallenriff/Fortpflanzung.html#Geschlechtsumwandlung" onclick="window.open(this.href);return false;
Bei Reptilien ist mir sowas bisher nicht bekannt - allerdings kenn ich mich auch nicht gerade gut mit Reptilien aus ...
Das wäre jetzt auch mein Einwandt gewesen... es ist ja schon ein Unterschied ob man von Geschlechtsumwandlung (in der Regel ja durch soziale Strukturwandel die wohl bestimmte Hormone ins Spiel bringen) redet, oder von postnataler Geschlechtsbestimmung durch äußere Faktoren bei Schildkröten. Die hätten dann ja zunächst erstmal hauptsächlich ihre Gelegegeschwister um sich, die wie gesagt ja nicht wirklich zum Geschlechterorientieren geeignet sind... und viele Arten haben dann auch erstmal länger keine Artgenossen um sich, bzw sind sie dann einfach zu weit versprengt, als dass ein orientieren daran sich lohnen würde... die treffen heute einen Mann, und in einer Woche ne Dame... macht nicht wirklich Sinn, sich danach zu richten, weils nicht aussagekräftig wäre. Hier fehlt mir einfach der sinnbiologische Rückhalt für eine solche Theorie. Bei Tieren mit Sozialstruktur ist dasd schon sinnvoller.


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