Heterandria formosa: der Zwergkärpfling

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RuJo
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Heterandria formosa: der Zwergkärpfling

Beitrag von RuJo » Mo 20. Sep 2010, 02:40

Huhu!

In meinem letzten Becken habe ich die rein optisch auf den ersten Blick eher unauffälligen Tierchen gepflegt, und ich dachte, ich stelle sie euch mal näher vor.
Diese Art ist eine der kleinsten Fischarten, die man im Aquarium so halten kann. Die Weibchen können unter Umständen bis 4cm groß werden (meine blieben mit 3,5 deutlich kleiner), die Männchen erreichen gerade mal 2cm Körperlänge...ausgewachsen versteht sich.
Farblich sind sie auch nicht unbedingt die auffälligsten Tiere. Grundfarbe ist etwa hellgrau mit leichtem Braun-Ockerton... je nach Stimmung zeichnet sich ein dunkler Längstreifen von der Schwanzwurzel bis zum Kiemenansatz (bzw auch bis zum Maul) ab. Des weiteren können dunkle Querstreifen vom Rücken bis knapp zur Mitte des Körpers nach unten zu erkennen sein.
Den einzigen Farbkleks bildet die Rückenflosse, die von sonnengelb bis orangrot eingefärbt sein kann (die Diskussion, ob die Färbung Futterbedingt oder eine genetische Variation ist läuft noch soweit ich weiß...ich tendiere zu ersterem).
Ursprünglich sind sie im südlichen Teil Nordamerikas verbreitet und kommen dort in dicht bewachsenen, ruhigen Kleingewässern vor.

Der Zwergkärpfling gehört zu den lebendgebärenden Zahnkarpfen wie auch der Guppy oder der Platy, und sind damit die kleinsten lebendgebärenden Wirbeltiere die bekannt sind.
Und noch eine Besonderheit gibt es. Diese Tiere sind zur Superfötation fähig. Das bedeutet, dass ein Weibchen in seinem Körper Jungtiere in ganz verschiedenen Entwicklungsstadien beherbergt... von der befruchteten Eizelle bis zum voll entwickelten Jungtier. Die Jungen werden über eine Art Urform der Plazenta ernährt im Körper.
Die Geburtsperiode verläuft über etwa 2 Wochen, in denen das Weibchen jeweils nur ein Junges am Tag wirft.
Die Jungen sind zu Beginn kaum 2mm lang, verbergen sich so gut es geht im Dickicht. Bei ausreichend bepflanzten becken kommen so immer ausreichend Jungtiere hoch, trotz dem die erwachsenen Tiere diesen durchaus nachstellen.

Für die Haltung von H. formosa sollte ein Becken von wenigstens 60l vorhanden sein (gelegentlich werden kleinere Becken als Vorraussetzung empfohlen...dem kann ich nur heftigst widersprechen! Ich habe die Tiere in 112l gehalten und kann mir wirklich nichts kleineres als ein Standart 60er-Becken vorstellen bei diesen recht schwimmfreudigen Tieren!). Je krautiger, desto besser. Auch eine ordentliche Schwimmpflanzendecke wird bevorzugt.
Die Männchen besetzten im Becken kleine Reviere, wobei sie dabei keine allzu fixen Grenzen zu setzen scheinen... die Weibchen ziehen durch das gesamte Becken. Treffen zwei Männchen aufeinander, wird sich ordentlich imponiert: die Flossen werden gespreizt, der Körper versteift sich und zuckt und das dominantere Tier verliert nahezu jegliche Färbung. Zieht ein Weibchen dabei durch ein Revier eines Männchens kann es via einer Art "Sekundenvergewaltigung" zur Befruchtung kommen.

Die Wasserwerte dürfen für diese kleinen Fische durchaus hart sein, Temperaturen sollten 25°C nicht dauerhaft überschreiten... Idealtemperatur liegt bei 20°C. Das bedeutet, dass hier in der Regel weniger die Beheizung ein Problem darstellt als vielmehr die Kühlung im Sommer (noch ein Grund mehr, keine allzu kleinen Becken zu wählen, die sich viel schneller aufheizen).
Zur Fütterung eignet sich am besten kleines Lebendfutter wie Essigälchen oder Artemias... die erwachsenen Weibchen können auch Mückenlarven bewältigen (für die Männchen wird das unter Umständen schon problematisch). Nach Gewöhnung gehen sie teils auch an Flockenfutter.
Man hält die Zwergkärpflinge entweder im Artbecken oder mit passenden Wirbellosen (diverse Schnecken und Garnelen mit ähnlichen Ansprüchen) zusammen, oder vergesellschaftet sie mit eher ruhigen und kleineren Arten zusammen (zB Zwergpanzerwelse). Bei zu aufdringlichen und agilen Arten ziehen sich die Kärpflinge schnell zurück.

Ein Männchen. Auffälig ist das verhältnismäßig lange Gonopodium (die zum Begattungsorgan umgebildete Afterflosse)
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ein Weibchen
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hier zwei Männchen, die ein Weibchen (das unterste Tier) umgarnen (hier im Größenvergleich zu einer Plastikgabel gängiger Größe)
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"Ein gutes Buch, das von majestätischer Unerschlossenheit an seiner Stelle im Regal steht, stellt die aufmunternste Form intellektueller Wandverkleidung dar!" (David Quammen "Die Hörner des Rhinozeros")

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