Fragen zum Beruf des Schäfers

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Fragen zum Beruf des Schäfers

Beitrag von Grashüpfer » So 10. Jan 2010, 12:26

Hm, ich weiß nicht, unter welcher Rubrik ich das einstellen soll. Vielleicht kann das ja bitte jemand korrigieren.

Ich treffe neuerdings beim Hundespaziergang oft auf einen Schäfer. (Von weitem, also nicht so, dass ich mich mit dem unterhalten könnte).
Diesen habe ich die letzten Tage mal beobachtet und ich finde das eigentlich einen total interessanten und schönen Beruf.
Den ganzen Tag alleine mit den Hunden an der frischen Luft, die Tiere beobachten, das Zusammenspiel zwischen Schäfer, Hunden und Schafen einfach toll. Diese Harmonie...
Ich habe überlegt, alles aufzugeben und ein Einsiedlerschäferinnenleben zu führen. :lol:
Oder ist das gar nicht so romantisch, wie es sich als Ausenstehende darstellt?

Aber jetzt mal ernsthaft. Wie funktioniert so ein Beruf? Gibt es da eine Ausbildung, was kostet die, kann man das auch einfach mal nur Hobbymäßig erlernen, kann man von dem Beruf leben? Was im einzelnen muss man über Schafe in dem Beruf wissen? Was GENAU macht man eigentlich als Schäfer? Lebt man nur von der Wolle, oder auch vom Fleisch? Wie kalkuliert man die Wolle? Kauft man eine ganze Herde oder baut man sich die selber auf? usw. usf.
Würde mich freuen, wenn ihr alles was ihr wisst dazu schreibt, also jetzt nicht nur auf meine Fragen gezielt antworten.
Übrigens spricht der Schäfer mit seinen Hunden eine andere Sprache, also andere Wörter für links und rechts usw. Was ist das für eine Sprache? Wieso kann man dem Hund nicht auf deutsch links und rechts sagen?


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Re: Fragen zum Beruf des Schäfers

Beitrag von chien » So 10. Jan 2010, 12:55

Der Beruf Schäfer fällt heute unter Tierwirt meine ich. Früher hat man das als Schäfersjunge oder Mädl auf der Weide gelernt, ob das heute noch der Fall ist, bezweifele ich mal.
Ich denke man müsste sich mal bei der IHK erkundigen, den Tierwirt kann man ja nebenbei machen und eventuell muss man ein Praktikum nachweisen. In Mecklenburg Vorpommern soll es noch einige Schäfer geben, im Norden sowieso. Adressen bekommt man wahrscheinlich auch von der IHK.



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Re: Fragen zum Beruf des Schäfers

Beitrag von Grashüpfer » So 10. Jan 2010, 13:11

Habe mal gegoogelt:


[url]http://www.focus.de/karriere/perspektiven/berufe/schaefer_aid_52746.html[/url]

[url]http://www.herz-fuer-tiere.de/info/tierische-berufe/schaefer.html[/url]


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Re: Fragen zum Beruf des Schäfers

Beitrag von Murx Pickwick » So 10. Jan 2010, 13:51

Vom Prinzip her ist es einfach, zum Wanderschäfer zu werden - man schafft sich nen paar Schäflein an und zieht los ...

... und genau hier tauchen die ersten Probleme auf, die sowohl die privaten als auch die professionellen Wanderschäfer zunehmend haben.
Jegliche Wiese, jedes bischen Waldstück, jeglicher Acker, jeder Weg - kurzum ausnahmslos alles an Grund und Boden gehört jemanden. Und diese Jemanden finden es selten toll, wenn da mal kurz irgend son Oschi mit seinem wildgewordenen Köter und gefrässigen Wollfliesen über sein Land marschiert.
Egal, ob man Schäfer also als Lehre gelernt hat, oder ob man das privat macht, es gehört sehr viel Organisationstalent und Logistik dazu, erstmal Wiesen zu organisieren, die man mit seinen Schafen beweiden darf und es ist große Kunst, die Schäflein dann auch noch dahinzubekommen, ohne widerrechtlich fremderleutz Land zu betreten und sich Ärger einzuhandeln. Flügel haben Schafe nunmal noch nicht.
Es gibt noch Gegenden in Deutschland, wo die Wanderschäfer gern gesehene Leute sind - ist jedoch nicht überall mehr der Fall.

Früher hatte man für die Nachweide auf den Feldern Geld für bekommen, daß die lieben Schäflein alles runterfraßen, was man nicht auf dem Feld haben wollte und gleichzeitig das Feld gut düngten (Schafköttel sind weitaus besserer Dünger, wie die heutigen Kunstdünger), heute kostet jede Rapspflanze, welche sich ein Schaf im Vorbeigehen mitnimmt, mächtig Strafe und Felder für die Nachbeweidung werden immer weniger.
Früher hatte man Wiesen, welche durch die Schafe kurzgehalten werden sollten, heute gibts sowas vermutlich nur noch auf den Deichen in Norddeutschland und in Naturschutzgebieten, sonst kostet das Beweiden eines Wiesengrundstückes Geld - manchmal sehr viel Geld. Nur, wenn man Glück hat, darf man ein Stück Wiese auch kostenlos beweiden lassen.
Früher gab es für den Notfall die Allmende, heute existiert sowas nicht mehr.

Früher war es üblich, bei den Schafen auf der Weide zu übernachten. So sah man gleich, wenn es den Tieren nicht gut ging und konnte halt sehr schnell eingreifen und, was noch viel wichtiger war, Leute, welche Selbstbedienung betrieben oder gar Schafe aus Spaß verletzten oder töteten, konnten so zuverlässig davon abgehalten werden.
Heutzutage ist das Übernachten im Schäferwagen neben der Herde in den meisten Gebieten Deutschlands nicht mehr erlaubt, hat man einen Hütehund bei der Herde nachts und dieser verteidigt die Herde gegen Menschen, kann dies zu horrenden Schmerzensgeld- und Schadenersatzforderungen führen.
Es gibt also so gut wie keine legale Methode, auf seine Schäflein nachts aufzupassen - es sei denn, man will gleich 24 Stunden lang bei der Herde herumstehen.
Heutzutage ist es üblich, die Herde über Nacht dort einzukoppeln, wo man sie gerade weiden läßt, weil man keine schweren Holzstücken durch die Gegend tragen will, benutzt man dafür gewöhnlicherweise nen Elektroschafzaun. Und das wiederum kann seine Tücken haben, fällt der Strom aus, gehen die Schafe eigenmächtig auf Wanderschaft - und so ne kleine Herde Schäflein auf der Autobahn ist teuer!

Früher konnte man vom Schaf die Wolle/Haare, das Fleisch und die Milchprodukte vermarkten ... heute kommt Billigstwolle aus China, Billigstschaffleisch aus Neuseeland und Schafmilch oder Schafmilchkäse wird nicht mehr verlangt ... man muß also unter Preis verkaufen, wenn man überhaupt noch was verkaufen will ... davon müssen trotzdem Tierarztkosten, Weide, Stall, Schafzäune etc etc etc bezahlt werden.
Ein Verdienst ist also kaum möglich, die meisten Wanderschäfer leben von der Hand in den Mund.

Die üblichen Härten der Wanderschäferei, die man da schon immer hatte, kommen noch dazu ... Schafe brauchen Fressi, man kann sie nicht mal schnell, weils draußen windet, schneit und hagelt, im Stall stehen lassen und auf Schönwetter warten - wenn die gewohnt sind, ihr Futter auf der Weide zu suchen, brauchen die das dann auch, eine plötzliche Futterumstellung auf Stallfütterung ist also nur schwer möglich.
Man ist also tagtäglich bei jedem Wetter draußen bei den Schafen, meist zwischen 6 Stunden und 10 Stunden ... und das ohne viel Bewegung für einen selbst, man will schließlich seine Schäflein nicht verschrecken. Sicher - wenn die Sonne scheint, ist das schön ... aber mitten im Januar, bei -10°C, Schneetreiben und scharfem, kalten Wind?
Viele Wanderschäfer sind deshalb nur noch im Sommer über mit ihren Schafen draußen, im Winter stehen die Schafe dann im Stall oder auf einer Dauerkoppel.

Schafehüten ist zwar die meiste Zeit über easy und kommt selbst solch faulen Leuten wie mir sehr gut entgegen - aber nur solange die Schäflein nicht krank sind, nicht bockig sind, nicht gerade zu ungünstigster Zeit ablammen wollen oder gar die Lämmer mitten auf der Straße der Meinung sind, daß sie unbedingt nen Päuschen brauchen - es gibt also immer wieder Situationen, da wird das Ganze zur Knochenarbeit.
Verletztes Schaf aus nem Bach ziehen, Lämmer tragen, Geburtshilfe leisten, weil der TA mal wieder nicht rechtzeitig in der Lage ist, die Herde zu finden, Tragen von Weidezäunen, um die Schafe auf der Weide zur Nacht einkoppeln zu können usw usf machen jegliches Bodybuilding und jegliches Fitnesstraining unnötig ... hat man genug bei den Schafen.

Ein weiteres will gut überlegt sein, man lebt mit seinen Schafen, von seinen Schafen und für seine Schafe, das ist noch genau so wie noch vor 100 Jahren oder 500 Jahren ... nur sind in den letzten Jahrhunderte die Ansprüche ans Leben gestiegen - man will Urlaub machen, ins Kino gehen usw usf ... nun, mit Schafen ist man da noch weitaus mehr eingeschränkt, gerade in der Wanderschäferei, wie mit jeglicher anderer Tierhaltung. Man kann nicht mal eben nen Hiwi für die nächsten zwei Wochen einstellen, der die Schafe beaufsichtigt.
Es gibt Wanderschäfer, die sind noch nie in ihrem ganzen Leben auch nur aus ihrer unmittelbaren Heimat herausgekommen! Eine 50 - 60 Stunden Woche ist in der Wanderschäferei die Regel, nicht die Ausnahme - in der Hauptablammzeit kann man noch mit deutlich mehr Arbeitsstunden die Woche rechnen ... würde man die einzelne Arbeitsstunde auch nur mit einem Euro vergüten, wäre das Ganze ein einziges Minusgeschäft.

Es braucht schon viel Idealismus dazu, sich ausgerechnet einen solchen Beruf auszusuchen ...



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Re: Fragen zum Beruf des Schäfers

Beitrag von chien » So 10. Jan 2010, 14:14

Es braucht schon viel Idealismus dazu, sich ausgerechnet einen solchen Beruf auszusuchen ...
ich denke das ist der ausschlaggebende Punkt, man kann sich den Beruf so gar nicht wirklich vorstellen, ich würde auch vorweg immer versuchen sowas mal in einem Praktikum oder so zu machen, um ein echtes Bild zu bekommen;)



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Re: Fragen zum Beruf des Schäfers

Beitrag von Grashüpfer » So 10. Jan 2010, 18:08

Klar ist das ein Beruf in den man mindestens erst mal reinschnuppern sollte. So wirklich ernst habe ich das auch nicht gemeint, dass ich jetzt Schäferin werden möchte. Aber ich finde das trotz alledem ein total beeindruckender Beruf. Bzw. beeindruckend finde ich das Zusammenspiel zwischen den Schafen, Hunden und Mensch.
Vor etlichen Monaten hatte ich mal einen Bericht im TV gesehen, da wurde ein Schäfer in Irland gefilmt. Der war auf einer Weide am Meer. Die Weide im Hang zwischen der Wiese etliche größere und kleinere Felsen und wie die Schafe sich dort drin bewegten und vor allem wie die Hunde da in einer Geschwindigkeit die ganze Herde in dem unwegsamen Gelände kontrollierten, das ist so was von beeindruckend. Der Schäfer selber hatte fast nur mit Handzeichen oder im Flüsterton mit den Hunden gesprochen.
Ich meine alleine die Landschaft in Irland ist ja schon beeindruckend, aber irgendwie finde ich wenn in so einer Landschaft noch Tiere stehen, das wirkt irgendwie harmonischer, als Weidetiere auf deutschen Wiesen. Weiß auch nicht wie ich es erklären soll.

Im übrigen, der Schäfer hier den ich immer mal wieder treffe, der ist nie 12 Stunden oder länger bei seinen Tieren. Er hat sie auch immer in einem Stromweidezaun stehen. Neulich habe ich beobachtet wie er mit seinem Cheep kurz kam irgendwas kontrollierte und wieder ging. Und ein paar mal sah ich wie er erst mittags kam und die Tiere raus lies.
Und vorgestern hat er sie wirklich von einer Wiese über die Straße auf eine andere Wiese getrieben. Und ich muss mich wiederholen: Sehr beeindruckend.

Nachtrag: Aber der schreit mit seinen Hunden, das hört man km-weit.

Offtopic:
Murx, ich finde deinen Schreibstil immer wieder Klasse, die Art wie du schreibst, ich lache mich da immer wech.... Nicht inhaltlich, sondern einfach weil du so direkt bist. :top:

Gut Geld verdienen kann man mit dem Beruf nicht, also erst im Lotto gewinnen und dann Schäferin werden :D. (Was soll ich auch sonst mit einem Lottogewinn machen, wenn nicht Schafe kaufen?) :roll:
Dann mache ich eine Deutschland-Schäferwanderung und besuche euch alle. :D
Somit brauche ich auch keinen Urlaub, bin ja dann ständig woanders. ;)

Ach, öhem zuerst brauche ich noch andere Hunde, denn meine Schäferhunde haben Angst vor Schafen. :crazy:


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