Altwasserbecken

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RuJo
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Altwasserbecken

Beitrag von RuJo » Fr 14. Mai 2010, 18:12

Hi zusammen,

folgendes las ich in der kleinen Wissensbox im Forum oben (finde ich übrigens eine sehr nette Idee, ich lese die Wissensschnipsel gerne):

"Schon gewusst?
Bei einem Aquarium ist es erforderlich, das Wasser regelmäßig alle 7 bis 10 Tage zu wechseln. Teilwasserwechsel zwischendurch helfen die Qualität des Wassers zu verbessern."


Daran störe ich mich zugegebener Maßen ein wenig, daher hatte ich das Bedürfnis, darauf einzugehen.
Es gibt verschiedene Formern der Süßwasseraquaristik. Verbreitet und lange Zeit als non plus ultra gehandelt ist die Form, in der all wöchentlich ein Teilwasserwechsel zelebriert wird. Das wird ungefähr genauso dogmatisch heruntergebetet wie bei der Kaninchenhaltung die zwingende Verfütterung von Heu.
Ich denke, beide "Regeln" haben durchaus ihre Berechtigung. Bei Kaninchen ist die zusätzliche Heufütterung bei rationiertem Frischfutterangebot sinnvoll, in der Aquaristik macht der regelmäßige Wasserwechsel abhängig von der Haltung ebenfalls Sinn. Der Unterschied ist hier aber sicherlich, das im Aquarien ja ganz unterschiedliche Fisch- bzw sogar Tierarten gehalten werden können, dass die Alternative sicherlich nicht generell empfohlen werden kann (im Gegensatz zum Kaninchen, das immer ein Kaninchen ist ;-) )

Eine eher beschauliche Gruppe von Aquarianern befürwortet aber grundsätzlich gesehen die Möglichkeit von Altwasserbecken. Dabei wird auf den geregelten Teilwasserwechsel verzichtet, und das Becken in einem in sich geschlossen(er)en Kreislauf überführt (natürlich wird Verdunstungswasser ersetzt zum Beispiel, was wiederrum die Spurenelemente im Becken auffüllt). Ausgeschiedene Abfallstoffe durch Fische oder abgestorbene Pflanzen etc. werden dabei von Kleinstorganismen, denen man ganz bewusst Raum im Becken lässt, zersetzt und umgewandelt. Dass sich die Abfallprodukte in einem anständig eingefahrenen Altwasserbecken ins bodenlose anhäufen würden, hat sich mittlerweile wiederlegt, auch wenn man beachten muss, dass sich die Werte natürlich verändern im vergleich zum Wechselwasserbecken.

Eine interessante Beobachtung dazu ist hier dokumentiert (generell eine sehr informative Seite, auch zum HMF!)
https://www.deters-ing.de/Gastbeitraege/Altwasser.htm" onclick="window.open(this.href);return false;

Ich selbst habe es vor einigen Jahren selbst mit einem Altwasserbecken probiert, und war durchweg überzeugt. Wichtig ist, dass das Becken zunächst nach den üblichen Regeln eingefahren werden muss. In der Anfangsphase sollte man die regelmäßigen Teilwasserwechsel durchführen, da zu Beginn einfach nicht ausreichend Mikroorganismen vorhanden sind, um ein Gleichgewicht herzustellen. Die Umstellung von Altwasser auf Wechselwasserbecken sollte schrittweise erfolgen (also nach und nach die Wechsel einstellen) - andersrum natürlich genauso.

Ich selbst hatte ein 112Liter-Becken mit HMF und folgendem Besatz zu Beginn als Altwasserbecken sehr erfolgreich laufen:
3 Pärchen Zwergkärpflinge (Heterandria formosa)
30 Red Fire Garnelen
2 Apfelschnecken
TDS
später noch andere Schneckenarten (Blasenschnecken, Posthörner, eine Rennschnecke usw)

Bodengrund war Quarzsand, einige Wurzeln und Steine als Einrichtung und eine dichte Bepflanzung mit teils sehr schnellwachsenen Pflanzen die regelmäßig ausgedünnt wurden.

Alle haben sich im Altwasserbecken hervorragend gemacht. Die Fische haben sich gut vermehrt, die Red Fire ebenfalls (obwohl deren Jungtiere durch die Kärpflinge arg dezimiert wurden, aber aufgrund dichter Bepflanzung kamen trotzdem genug durch).

Wichtig für das Funktionieren eines solchen Beckens halte ich einen mäßigen Fischesatz (bei Überbevölkerung kommt ein Becken kaum in ein Nährstoffgleichgewicht) ein dichter Pflanzenbewuchs der die ins Becken gelangte Nährstoffe umsetzt (ein Malawibecken würde ich nicht als Altwasserbecken laufen lassen wollen) ... ideal sind dabei ein paar schnellwachsende Arten... beim Ausdünnen werden die in ihnen fixierten Nährstoffe (Nitrat zum Beispiel, welches aus Ammonium, dass die Fische ausscheiden durch die Bakterien im Boden über Nitirt erzeugt wird) dementsprechend auch wieder ausgedünnt.
Zudem sollte die Fütterung der Insassen angemessen sein. Es sollte nicht übermäßig viel gefüttert werden. Meine Formosas haben hauptsächlich Lebenfutter bekommen, sich dann aber auch am Granulatfutter für die Schnecken (die wären mir in dem dicht bewachsenen Becken sonst verhungert, allen voran taten sich die Blasenschnecken schwer, die so gerne zur ungewollten Plage mutieren! Ich musste ein spezielles Augenmerk auf sie legen, um sie zu halten. Soviel zum Thema Schneckenplage) und Garnelen. Außerdem gabs für die Nichtfische regelmäßig überbrühte pflanzliche Kost.
Des weiteren ist es wichtig, den Bodenmulm liegen zu lassen. In ihm befinden sich die wichtige Mikroorganismen. Diese sind ebenso im Filter angesiedelt, der auch nur bei Bedarf gesäubert werden sollte. Ich habe da mit dem HMF (Hamburger Mattenfilter) sehr gute Erfahrungen gemacht, der in den ersten 2 Jahren nicht ein einziges Mal gereinigt werden musste.
Nach einem Jahr war auch das Nahrungsgleichgewicht so weit hergestellt, dass ich die Fische nur einmal wöchentlich anfüttern musste (der Rest wurde sehr gut über die Garnelenpopulation bereitgestellt), die Schnecken musste ich allerdings alle 2-3 Tage füttern.

Wichtig, wenn man sich an Altwasserbecken probieren will, ist besonders in den ersten Monaten trotzdem regelmäßig die Wasserwerte zu überprüfen um gegebenenfalls reagieren zu können!

Becken die sich nicht für Altwasser eignen meiner Meinung nach (Liste sicherlich nicht vollstänig):
Großbarsch oder auch Goldfischbecken > große Schmutzfinken die kaum Pflanzen unbeschadet lassen...meist nur derbere Einzelgewächse
generell Pflanzenarme Becken
Überbesetzte Becken ("unterbesetzt" ist optimal, bei grenzwertig besetzten kommt es auch auf die Fischarten an)
Überfütterte Becken
Weichwasserfische eignen sich nur bedingt für Altwasserhaltung


Vielleicht kann man den entsprechenden Infofetzen etwas abändern? Zum Beispiel noch ein "Ausnahme: Altwasserbecken" in lammern dahinter? So wie er jetzt ist, ist er einfach überholt und zu strikt.

Lieben Gruß
Aj


"Ein gutes Buch, das von majestätischer Unerschlossenheit an seiner Stelle im Regal steht, stellt die aufmunternste Form intellektueller Wandverkleidung dar!" (David Quammen "Die Hörner des Rhinozeros")

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Re: Altwasserbecken

Beitrag von lapin » Fr 14. Mai 2010, 22:50

Wow :klatsch:, wenn du magst, kannste dazu mal mal nen paar neue "Schon gewusst" Texte formulieren, dann hau ich die rein und den alten da raus :jaja:!

Magste? :lieb:


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Re: Altwasserbecken

Beitrag von RuJo » So 16. Mai 2010, 15:01

Ja ok, ich überleg mir was. Würde ja dann direkt gerne noch einen Spruch über Schnecken dazufügen...die werden oft so verkannt und verteufelt in Aquarien, dabei halte ich persönlich sie für die besten Helfer und Anzeiger die man sich vorstellen kann.

Habt ihr sowas wie einen Ideensammelthread für diese Wissenstexte oder so? Generell Interesse an mehr dazu?


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Re: Altwasserbecken

Beitrag von lapin » So 16. Mai 2010, 22:53

Ja guck hier:
https://www.tierpla.net/ankundigungen/schon-gewusst-sammelthread-t1894.html" onclick="window.open(this.href);return false;


Lg lapin"Das Leben ist 10% was dir passiert und 90%, wie du darauf reagierst."

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