heimische Springspinnen (Salticidae)

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heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von RuJo » Sa 2. Jul 2011, 17:50

Hallo zusammen!

Ich will euch heute mal meine Lieblingsspinnenfamilie genauer vorstellen.
Weltweit gibt es über 5000 Springspinnenarten, in Mitteleuropa kommen davon noch gut 100 Arten vor. Damit gehören sie zu den artenreichsten Spinnenfamilien in Deutschland.
Typisch ist die eher gedrungene Gestalt und die vergleichsweise kurzen, kräftigen Beine, die sie zu Profis in ihrer namensgebenden Eigenschaft macht: dem ausgezeichneten Sprungvermögen. Da Spinnen keine Muskeln zum Strecken der Beine besitzen, muss die Sprungkraft anders erzeugt werden. Dazu wird der Hämolymphdruck (Hämolymphe = ~Blut) schlagartig erhöht, so dass sich die Beine in Sekundenbruchteilen strecken, und die Spinne abspringt. Dabei ist sie sehr zielgenau und verfehlt ihre Beute nur selten. Grund dafür ist ihr ausgezeichnetes Sehvermögen. Springspinnen besitzen die leistungsfähigsten Augen im Spinnenreich, die in einer ganz familiencharakteristischen Anordnung am Vorderkörper liegen: an der Stirn liegen vier Augen, wovon das mittlere Augenpaar scheinwerferartig vergrößert ist. Am Hinterkopf liegen weitere zwei Augen, die etwa so groß wie die äußeren Stirnaugen sind. Dazwischen liegen nochmal 2 winzigste Augen.
Springspinnen gehen aktiv auf Beutesuche. Nehmen sie auf ihren Streifzügen zum Beispiel eine Bewegung mit dem hinteren Augenpaar wahr, drehen sie sich blitzschnell um, und versuchen die Bewegung anzuvisieren. Das sie das tatsächlich können ist eine Besonderheit bei den Spinnen. Sie sind in der Lage Objekte bis in ca 10cm Entfernung scharf anzuvisieren indem sie ihre Netzhaut vor und zurück schieben. Die Netzhaut kann auch seitlich verschoben werden, was ihnen einen Blickrichtungswechsel ermöglicht, ohne sich selbst bewegen zu müssen (und sich dadurch vielleicht zu verraten). Und durch die enge Lage der "Scheinwerferaugen", sehen Springspinnen sogar räumlich.. eine Notwendigkeit und gezielt springen zu können.
Obwohl diese Familie doch recht artenreich ist, lassen sich zumindest die Männchen doch oft allein anhand von äußeren Merkmalen unterscheiden (viele Spinnenfamilien sind dahingehend deprimierend uneindeutig). Die meisten einheimischen Arten bleiben unter einem Zentimeter groß (Info: bei Spinnen wird die Körpergröße ohne Beinspanne angegeben), es gibt aber ausnahmen, die diesen Wert leicht überschreiten.
Springspinnen findet man in sehr vielen Lebensräumen. Es gibt Arten, die ausschließlich in menschlichen Behausungen auftreten, manche nur in Tropenhallen und ähnlichem. Einige Arten sind recht generalistisch, dh. heißt man findet sie in verschiedenen Lebenräumen, und dort auch recht regelmäßig zu finden (Zebraspringspinnen sind zB oft schon zufrieden, wenn es irgendwo einen Zaunpfahl oder eine warme Mauer gibt). Andere kommen nur in sehr speziellen Gebieten vor, zB in Binnendünen oder an naturbelassenen Flusslandschaften (in Deutschland eigentlich nur in den Alpen). Viele Arten solcher speziellen lebensräume sind vom Aussterben bedroht. Obwohl alle Springspinnen tagaktiv sind, sind viele von ihnen nur schwer zu entdecken.

Es folgt eine kleine Bilderauswahl von Arten:

Die Rindenspringspinne (Marpissa muscosa) gehört zu den größten Arten in Deutschland. Die Weibchen werden bis 1,1cm groß.



Die Gewächshausspringspinne (Hasarius adansoni) kommt, wie der Name schon sagt, ausschließlich in einigen gewächshausähnlichen Gebäuden (Tropenhallen, Botanische Gärten usw) in Deutschland vor.. zB in Bonn, im kölner Aquarium.. man findet sie heute weltweit in solchen Lebensräumen...wo sie ursprünglich einmal herkam wird nur spekuliert, vermutlich aber aus dem asiatischen Raum. Diese hier wurde im Zoo Leipzig aufgenommen. Auf dem ersten Bild kann man, wenn man genau hinschaut, alle 4 Augen auf der rechten Seite der Spinne sehen, auch das winzige zwischen den mittelgroßen Augen.





Diese Art hat keinen deutschen Namen: Aelurillus v-insignitus. Dennoch kann ich mir den Namen recht gut merken, denn die Männchen haben eine charakteristische V-Zeichnung auf der Stirn, der ihnen den "bösen Blick" :shock: verleiht. Leider habe ich die Männchen im April am Darß (Ostsee) nur schlecht aufs Bild bekommen.. die unauffälligen Weibchen waren da kooperativer





Die letzte Art, die es heute von mir gibt ist die Zebraspringspinneart (ja, es gibt da mehrere ähnliche Arten) Salticus scenicus. Sie war Spinne des Jahres 2005. Die Art ist holarktisch verbreitet, das heißt man kann sie in Europa, Noramerika und Nordasien finden. Sie bevorzugt windstille, sonnenbeschiene Bereiche (steinige Trockenrasen zB) und ist in menschlicher Umgebung recht häufig zu finden, wo sie gerne an sonnenseitigen mauern oder Zäunen jagt.
Dieses Weibchen hier hat eine Steinfliege erbeutet.






diese Serie wird fortgesetzt..

liebe Grüße
Anja


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Re: heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von Isa » Sa 2. Jul 2011, 18:22

Ich find die Springspinnen voll hübsch.
Vor allem die Rindenspringspinne.

Die sehen aus, als hätten sie vorne so kleine Box-Fäustchen dran. :lol: :liebe:


Bild

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Re: heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von Angel272 » So 3. Jul 2011, 12:27

Also, wenn ich auch sonst vor allem davon renne, was 8 Beine hat, aber bei einer Springspinne schmelze ich wie Butter in der Sonne. :D
Ich liebe diese Spinnen und kann sie auch auf die Hand nehmen.
Einzig, als ich vor einigen Jahren auf Kreta war, hatte ich auch Angst vor einer Springspinne. DEnn die waren dort 2-3x so groß, wie die hier in Deutschland. :shock:
Das war dann zuviel des Guten. :schäm:


LG Angel

Link zur Petition gegen Massentötung der Streuner in Rumänien:
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Re: heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von RuJo » Mo 4. Jul 2011, 15:27

Ja, Springspinnen sind wohl - wenn es sowas überhaupt gibt bei den Spinnen - so eine Art Sympatieträger. Irgendwie greift durch die großen Augen wohl das Kindchenschema ein bisschen. Und gut ist wohl auch, dass sie nicht so lange Bene haben und irgendwie aussehen, als hätten sie Fell. ;)

Die interessanteste Springspinne (bzw interessanteste Spinne überhaupt meiner Ansicht nach) habe ich vergessen euch vorzustellen.
Wie man ja weiß, ernähren sich alle Spinnen rein räuberisch.....alle? Keine Regel ohne Ausnahme!
Erst vor relativ kurzer Zeit wurde die Springspinne Bagheera kiplingi (Nach dem Dschungelbuch-Panther und dessen Autor benannt!) im Mexiko entdeckt. Die hat sich als heimliches Zwischenglied in die Symbiose zwischen Ameisen und Akazienbäumen eingeschlichen. Die Ameisen bewachen die Bäume vor Schädlingen und greifen alles an, was nicht auf den Baum gehört, der Baum produziert dafür kleine eiweißreiche Körperchen am Ende seiner jungen Blätter, die die Ameisen als Nahrung sehr schätzen.... und die Springspinne auch. Sehr geschickt geht sie den Ameisenpatroullien aus dem Weg und stiebitzt sich den einen oder anderen Eiweiskörper. Ist sie nicht auf der Jagd, zieht sie sich in die älteren Teile des Baumes zurück, wo diese Körperchen nicht mehr produziert werden und die Ameisen daher auch nicht hin kommen.
Es ist noch nicht ganz geklärt, ob die Spinne sich wirklich ausschließlich von dieser pflanzlichen Nahrung ernährt.. bis zu 80% scheint die Ernährung aber aus dieser untierischen Beute zu bestehen...

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,654724,00.html" onclick="window.open(this.href);return false;
[youtube][/youtube]

Von mir selbst gibt es heute Phlegra faciate, die gestreifte Bodenspringspinne. Die Weibchen (wie hier auf den Bildern) sind eigentlich unverwechselbar mit dieser typischen Längsstreifung. Die Spinne ist im Prinzip in ganz Deutschland verbreitet (wobei sie in Niedersachens im Anhang 3 der roten liste geführt ist), aber überall nur vereinzelt anzutreffen. Sie lebt vorwiegend am Boden. Wird sie gestört, verlässt sie sich meist auf ihre Tarnung, die zwischen Gräsern tatsächlich hervorragend ist.
Sie ist eine extrem wärmeliebende Art, die man in extensiv genutzten, offenen Flächen finden kann, zB Magerrasen, Halbtrockenrasen, Küstendünen aber auch in Gründlandbrachen und an Ruderalstandorten usw.
Das Weibchen auf den Bildern ist mir eher zufällig vor die Linse gelaufen, als ich gerade damit beschäftigt war Bienenwölfe auf einem fast ganztägig sonnenbeschienen Weg am Bahngleis bei der Anlage ihrer Bruthöhlen zu beobachten..




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Re: heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von RuJo » Sa 17. Sep 2011, 15:35

Ich habe soeben ein Video einer Springspinne gesehen, die mir noch nicht bekannt war, aber meine Meinung über diese Gruppe weite bestärkt - sind sie nicht einfach wahnsinnig toll?! :D https://blogs.scientificamerican.com/video-of-the-week/2011/09/14/peacock-spider/" onclick="window.open(this.href);return false;


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Re: heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von Nightmoon » Sa 17. Sep 2011, 21:28

:hot: Deine Aufnahmen sind wieder einmal genial! :top: :top: :top:
Deinen Beitrag über die Springspinnen würde ich gerne mit ins Wikipet nehmen/verlinken. Darf ich? :hot:


Bild
Meine süße kleine Tessamaus, ich hab dir immer versprochen, dich nicht leiden zu lassen, ich hoffe Du verzeihst mir.[/align]

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Re: heimische Springspinnen (Salticidae)

Beitrag von RuJo » So 18. Sep 2011, 14:47

Huhu, na klar doch, darfst du gerne.
Da folgen dann bald auch weitere Bilder, muss nur mal Muse finden und so ... ;-)

liebe Grüße
Aj


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