Folgender Diskussionsansatz inspirierte mich zu diesem Thread:
RuJo hat geschrieben:...wobei das ein ganz natürlicher Prozess in mitteleuropäischen Breiten ist. Eigentlich sind diese großen offenen Flächen und selbst die so schützenswerten Trockenrasen (fast...wenige Ausnahmen an Extremstandorten)allein Produkt des Menschen hierzulande. Trockenrasen haben nur durch extensive Landwirtschaft hierzulande entstehen können, und da diese zunehmend am aussterben ist, würden auch die Trockenrasen mehrheitlich verschwinden.Murx Pickwick hat geschrieben:Ja, man darf Pferde "auswildern" ...
Viele Naturschutzgebiete verwalden langsam, da muß was getan werden
Warum und wieso und ob der Mensch nun diese (ohne Frage) besonderen Biotope schützen sollte, ist natürlich diskutabel. Deutschland ist eigentlich Waldland.
Es gibt durchaus eine Rige von Naturschützern (Stichwort Prozessschutz), die das ganz anders sehen...
Und da ist es im Prinzip ganz natürlich, dass zB die Großtrappe irgendwann wieder verschwinden würde. Ursprünglich kam sie hierzulande ja auch gar nicht vor...erst mit den Waldrodungen im Mittelalter und dem Trockelegen von Mooren fand sie hierzulande Lebensraum...
Du bringst die Megaherbivorentheorie an. Diese ist aber nach wie vor ziemlich umstritten. Es gibt sicherlich Aspekte die dafür sprechen, aber auch einige, die nicht in diese Theorie passen oder genauso gegenteilig gedeutet werden könne. So zeigen Pollenanalysen zum Beispiel, dass Gräser hierzulande generell nur wärend der Eiszeiten eine größere Rolle spielten.Murx Pickwick hat geschrieben:Die Verwaldung, die vorher stattgefunden hatte wiederum, ist auch ein Produkt des Menschen, denn durch ihn starben eine ganze Reihe von Tierarten aus, welche zur Versteppung beitrugen:
Auerochs, Tarpan, Mammut, Wollnashorn, Riesenelk, Wisent und viele weitere großen Weidegänger wurden schon vor den Römern ausgerottet oder aber stark dezimiert und dann in neuerer Zeit ausgerottet - erst dadurch konnten die europaweiten Buchenwaldmonokulturen und Eibenmischwälder entstehen, welche dann wieder den Römern und, was die Eiben angeht, den Rittern im Mittelalter zum Opfer viel ... der Mensch übernahm also nur die Rolle der vorher von ihm ausgerotteten großen Weidegänger, auch ohne Mensch hätten wir also eine weiträumig vernetzte Mosaiklandschaft aus Wäldern, Buschlandschaften, Sümpfen und unterschiedlichen Steppen ... ansonsten hätts niemals die Großtrappe in Deutschland gegeben, es handelt sich bei den deutschen Beständen um ein Reliktvorkommen!
Inzwischen können bestenfalls noch Buchenwaldmonokulturen entstehen, es würde Jahrtausende brauchen, bis wieder genügend große Weidegänger in Europa eingewandert sind, um wieder die alten Mosaiklandschaften zu schaffen - einzig das Wildschwein wäre in der Lage, durch extreme Vermehrung in den Buchenwäldern dafür zu sorgen, daß diese nur existieren, bis die ersten überalterten Buchen umstürzen - und Platz machen für Neues. Da Jungbuchen bei extrem hoher Wildschweindichte, wie sie sich ohne Jagd des Menschen in Buchenwäldern einstellen würde, so gut wie nicht mehr hochkommen, hätten wir hier immerhin die Chance, irgendwann mal ne gelichtete Buchenwaldlandschaft zu haben ... diese ist jedoch immer noch extrem artenarm und bleibt es lange Zeit ... einfach, weil die großen Weidegänger fehlen, welche die Arbeit der Wildschweine vervollkommnen.
Auch der Mensch gehört seit Jahrmillionen hier in diese Landschaft ... auch er ist ein landschaftsbestimmendes Tier, ebenso wie die großen Weidegänger - nur sollte er halt endlich wieder lernen, endlich mal aufzuhören, sich mit allen Mitteln von seiner Umwelt unabhängig zu machen und großräumige Monokulturen anzulegen!
Selbst, wenn weiterhin Gesamtdeutschland eine Kulturlandschaft bleibt, ist es möglich, über freilaufende große Weidegänger mit einfachen Mitteln sehr abwechslungsreiche Mosaiklandschaften zu schaffen, wie sie vermutlich schon immer für Gesamteuropa typisch waren ... ansonsten würde es in Europa nicht so viele unterschiedliche Pflanzenarten geben, in einer Buchenwaldmonokultur kommen schließlich nur wenige Pflanzen überhaupt vor - und noch weniger Tiere! Die Eibenbestände können sich im Schatten der Buchen auch nicht mehr erholen, dazu wachsen sie einfach viel zu langsam.
In Nordamerika, einem klimatisch vergleichbaren Gebiet, gab es beim Eintreffen der ersten Weißen noch riesige Bisonherden, obwohl es dort wesentlich mehr Ureinwohner gab als Menschen in Mitteleuropa nach der letzten Eiszeit (im betroffenen Zeitraum waren das etwa 4000 Menschen... die Overkill-Theorie wird daher mehrhreitlich eher abgelehnt).. die Indianer haben es nicht geschafft, diese Herden nenneswert zu dezimieren..
Andererseits kann man das Auftreten von Wollnashörnern und Mammuten hier auch genau andersrum interpetieren. Möglicherweise haben die sich nur nach Mitteleuropa ausgebreitet, weil es eben in und nach den Eiszeiten offene Flächen gab, die aber einfach vom Klima geprägt waren. In den Zwischeneiszeiten wurdne die großen
zwei interessante Links noch zum Thema:
https://www.lwf.bayern.de/veroeffentlichungen/lwf-wissen/27-grosstiere-landschaftsgestalter/lwf-wissen_27-05.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;
https://www.kritische-naturgeschichte.de/Medien/aussterben_der_pleistozaenen_megafauna.pdf" onclick="window.open(this.href);return false;
Man kann da sicherlich viel spekulieren und diskutieren, wie nun genau die Urlandschaft in Mitteleuropa tatsächlich aussehen würde, hätte es den Menschen niemals gegeben.
Was ich mich aber frage ist, in wie weit es Sinn macht, auf Teufel komm raus einen Zustand zu erhalten, der sich definitiv nicht erhalten würde, wenn der Mensch von jetzt auf gleich wieder verschwinden würde oder einfach keine Zeit oder kein Geld oder kein Interesse mehr hätte, aktive Landschaftspflege auf nicht genutzten Flächen zu betreiben.
Man kämpft doch wider die Natur, die - ja eventuell - anders vorgehen würde, hätte der Mensch niemals eingegriffen. Aber ich frage mich, wie sinnvoll es ist, so vehement gegen aktuelle natürliche Sukkzessionsvorgänge anzugehen?
Bleiben wir bei der Großtrappe, die natürlicherweise in steppenähnlichen Landschaften vorkommt, die es aber hier aktuell nicht geben würde, wenn der Mensch nicht nach wie vor dafür sorgen würde. Lass den Menschen irgendwie von jetzt auf gleich das Interesse verlieren an dem Thema (Krieg, Seuche...denkt euch was aus). Ohne Frage wären innerhalb weniger Jahrzehnte die Großtrappen hier eh ausgestorben, weil ihre Lebensräume zunehmend verwalden würden.
Damit würde die Großtrappe und ihr Lebensraum hier nichts wesentlich anderes sein als ein Park oder ein Zoo... vom menschen geschaffen, vom menschen erhalten, und mit dem Menschen untergehend.
Ist es nicht sinnvoller Naturschutz mit der Natur zu betreiben als gegen sie?
Warum soll es dem Menschen vorherbestimmt sein, zu entscheiden dass bestimmte Arten hier leben und bleiben sollen? Ist da nicht genauso vermessen, wie das Gegenteil?
Warum schafft man Naturschutzgebiete, die nicht nur vor dem Menschen, sondern auch vor der Natur selbst geschützt werden müssen?
Ich freue mich auf eure Ideen und Gedanken zum Thema
lieben gruß
Aj
Ps: Ich möchte deutlich machen, dass mich das Thema interessiert, gerade weil ich selbst noch zu keinem befriedigenden Schluss für mich gekommen bin, auch wenn man meine Äußerungen anders deuten könnte!