Unterscheidung serioes/unserioeser Tierschutz?

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Re: Unterscheidung serioes/unserioeser Tierschutz?

Beitrag von Murx Pickwick » Mi 1. Mai 2019, 09:59

1. Zumindest inländische seriöse Vereine sind gemeinnützig (außer, sie sind gerade in der Entstehung, der Papierkram braucht einfach seine Zeit), ob auch ein ausländischer Verein gemeinnützig sein kann, weiß ich nicht.
2. Die Finanzen sind transparent (für den Nachweis der Gemeinnützigkeit müssen die Finanzen eh dem Staat offengelegt werden, es braucht also nicht extra für Interessenten aufgearbeitet zu werden). Es wird dem Interessenten klar dargelegt, welche Gelder vom Staat bezuschußt werden und wie hoch der Spendenanteil ist.
3. Handelt es sich um einen Verein, der Hunde oder Katzen in Nichtdeutschland betreut, wird vorrangig versucht, die Bedingungen im Land zu verbessern. Wenn Hunde oder Katzen nach Deutschland verbracht werden müssen (was Einzelfallentscheidungen sind), dann kommen die Hunde und Katzen nicht in Tierheime, sondern werden direkt vermittelt oder bei Hilfspersonen an die deutschen Verhältnisse gewöhnt und dann vermittelt.
4. Auffangstationen etc können besichtigt werden und die Haltungsbedingungen innerhalb der Stationen begutachtet werden. Die Haltungs- und Fütterungsbedingungen sind so artgerecht gestaltet, wie irgendmöglich (oft fehlen Geld und Menschen, welche beispielsweise eine artgerechte Wiesenernährung bei Meerschwein und Kanin sicherstellen können - da werden auch von seriösen Vereinen zwangsweise Abstriche gemacht).
5. Was so ein Verein treibt, kann zumindest erfragt werden - und läßt sich mit den Finanzen des Vereines abgleichen.
Leider sind regelmäßige Veröffentlichung über Homepages oder ähnliches eher ein Indiz für unseriöse Vereine - ein seriöser Tierschutzverein hat meist so viel zu tun, daß er keine Zeit für die Pflege von Internetseiten oder die Herausgabe regelmäßiger Zeitungen hat. Nur selten gelingt es deshalb seriösen Vereinen, auf ihren Internetseiten oder über Informationsblätter regelmäßig über ihre Handlungen Auskunft zu geben. Je pompöser und aufwendiger die Dokumentation der Arbeit ist, desto genauer sollte man sich den Verein deshalb anschauen (wobei auch eine gut aufgebaute und ansprechende aktuelle Internetseite eines Tierschutzvereines durchaus auch einem seriösen Verein gehören kann - ist halt nur leider recht selten ... aufgrund der Arbeit, die so eine Seite nunmal macht).
6. Seriöse Vereine geben Rechenschaft und können gut mit Kritik umgehen. Wenn viel Kritik auf Tierschutzseiten (insbesondere Tierschutzforen) gelöscht wird, ist das immer ein Zeichen für Unseriösität.
Man muß hier allerdings auch dazusagen, daß speziell auf Tierschutzseiten oft gar keine Möglichkeit existiert, seine Meinung zu äußern - dafür ist meist gar nicht die Zeit, sowas zu pflegen. Daß auf Tierschutzseiten nirgendwo die Möglichkeit zur Meinungsäußerung besteht oder die Internetseite hoffnungslos veraltet ist, ist also kein Zeichen für Unseriosität.
7. Auf Kritik wird sachlich reagiert, auch wenn es oft sehr schwer fällt.
8. Es ist von keinem Tierschutzverein zu verlangen, daß er jede Studie für seinen Bereich kennt - aber wenn man ihnen Studien direkt in die Hand gibt, die ihre Vorgehensweise in Frage stellen, optimieren sie ganz selbstverständlich nach bestem Wissen und Gewissen unter Berücksichtigung der Studie ihre Vorgehensweisen.
9. Seriöse Katzenschutzvereine füttern Katzen nicht auf Friedhöfen oder ähnlichen sensiblen Orten an, um sie einzufangen oder stellen dort auch noch Schlafgelegenheiten für Katzen auf.
10. Seriöse Tierschutzvereine prangern nicht an, sondern suchen das Gespräch, auch wenn es schwer fällt. Nur in Bereichen, wie beispielsweise Tiertransporten oder Massentierhaltungen, wo das Ausmaß des Tierleids enorm ist, wird Bild- und Filmmaterial herangezogen, um aufzurütteln. Allerdings nicht auf BILD-Niveau, sondern sachlich als Dokumentation mit Vermittlung von Hintergrundwissen, wie es dazu kam und was man ändern muß, damit sich was ändert. Es werden keine Bilder von Tierquälerei dazu benutzt, um für Spenden zu werben, sondern es werden Erfolge des Vereins dazu benutzt, um Spenden zu werben.
11. Die eigenen Ansprüche an Tierhaltung werden auch in den eigenen Reihen umgesetzt - wenn also das Töten von Tieren abgelehnt wird, wird auch das Töten von in diesen Vereinen abgegebenen Tieren selbstveständlich abgelehnt und die Tiere vermittelt oder in Pflegestationen so artgerecht wie irgendmöglich gehalten.
12. Welches Tier in einer Pflegestation aufgenommen wird und welches nicht, wird nicht nach Öffentlichkeitswirksamkeit entschieden, sondern nach solchen Kriterien, wie Aufnahmekapazität, Dringlichkeit des Falles etc.

Die Arbeit von seriösen Tierschutzvereinen ist hart und schwer - und wird noch zusätzlich erschwert durch Vereine, die im Grunde genommen nur ihre Geschäfte machen mit dem Leid der Tiere. Leider ist die Seriosität eines Vereines oft nur schwer zu ermitteln und die Grenzen sind fließend - was solchen Leuten wie mich regelrecht dazu treibt, nicht mehr im Tierschutz zu spenden, sondern lieber dem weißen Ring, SOS-Kinderdörfern oder ähnlichen Vereinen Geld zu überlassen.
Man muß ja fast ein Studium ablegen, um einen seriösen, sehr gut arbeitenden Verein von den schwarzen Schafen zu unterscheiden.



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Re: Unterscheidung serioes/unserioeser Tierschutz?

Beitrag von Kim » Di 7. Mai 2019, 07:38

Für mich gibt es einen Unterschied zwischen seriös und gut.

Seriös hat für mich in erster Linie nur absolute "Basics" zu erfüllen.
Finanzen werden offen gelegt, Einrichtungen sind (im Idealfall auch ohne vorherige Anmeldung) zu besichtigen, es geht um tatsächlich helfendes Handeln und nicht um Medienpräsenz und von strafrechtlich relevanten Aktionen wird Abstand genommen (Tiere aus Intensivnutztierhaltungen entwenden, Pelz-Träger mit Farbe beschmeißen, etc.). Stattdessen wird der neutrale Kontakt gesucht, um durch Gespräche etwas zu verändern.


Viel mehr muss "seriös" für mich nicht erfüllen.

Allerdings bedeutet seriös für mich dann auch noch nicht gut und "guter Tierschutz" definiert sich noch über eine Reihe weiterer Dinge.



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