Besuch im Zoo

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Besuch im Zoo

Beitrag von lapin » Fr 22. Mär 2019, 20:37

Wie ihr wisst, habe ich ja seit etwas länger als ein Jahr nun ein Kind und man macht sich über das, was man so einem kleinen Wesen mit auf den Weg geben kann viele Gedanken.

Mein Mann hat als Kind in Zoos immer geweint, weil ihm die eingesperrten Tiere so leid getan haben.
Ich denke, dass mit einem gewissen Bewusstsein, was Kinder wahrscheinlich noch ausgeprägter haben als die Erwachsenen für die vieles Normal geworden ist und mit der Zeit vllt auch abstumpfen an diese "Haltung" gehen.

Ich weiß, das die Argumentation von Zoos ist, viele Bestände zu erhalten, weil sie in freier Wildbahn wahrscheinlich schon ausgestorben wären...jedes Kind weiß aber auch, wer daran Schuld ist...

Wir sind uns einig, NICHT in den Zoo mit unserem Sohn zu gehen. Weil wir unserem Kind nicht vermitteln möchten, dass das richtig ist. Das Wildtiere in Gefangenschaft glücklich sind. Das es ein schönes Erlebnis ist, Tiere auf kleinsten Raum in einer Umgebung die ihrem natürlichen Lebensraum nicht mal ähnelt zu sehen.

Wir denken, dass das Bewusstsein immer mehr in diese Richtung geht und was das in Zukunft für Zoos bedeuten könnte, ist wahrscheinlich schwierig?!

Wie seht oder handhabt ihr das?
Was denkt ihr, könnte das in Zukunft für Zoos und deren "Bewohner" bedeuten?


Lg lapin"Das Leben ist 10% was dir passiert und 90%, wie du darauf reagierst."

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Re: Besuch im Zoo

Beitrag von Murx Pickwick » Sa 23. Mär 2019, 10:09

Nun, daß Zoos Tiere auf engstem Raum halten, stimmt so nicht mehr ... der Trend geht immer mehr zu großen Schauanlagen, Gemeinschaftshaltung, artgerechter Beschäftigung etc. Es ist allerdings auch richtig - es gibt Tierarten, die sind für die Zoohaltung schlichtweg ungeeignet, wie beispielsweise Eisbären oder alle Wal- und Delphinarten - ein guter Zoo, der solche Tierarten nicht hält.

Es ist absehbar, daß die Circen von heute ihre Tiermenagerien nach und nach auflösen müssen. Zirkus Krone gibt seine Elefantennummern auf, Circus Roncalli hat gar keine Tiernummern mehr im Programm ... Zoos und Sanctuaries sind dabei mögliche Auffangstationen für diese oft psychisch schwerst geschädigten Tiere. Für Elefanten, die aus Circen beschlagnahmt werden, sind Zoos und Sanctuaries oft die letzte Hoffnung, sonst müßten sie eingeschläfert werden.

Viele Zoos beteiligen sich an Artenschutzprojekten, sowohl monetär, als auch durch die zur Verfügungstellung von Tieren für Auswilderungsprojekte. Die in Deutschland ausgewilderten Luchse und Biber stammen allesamt aus Wildtierparks und Zoos.

Wichtig find ich in dem Zusammenhang nicht, Zoos generell zu boykottieren, sondern sich bewußt Zoos herauszusuchen mit einer vorbildlichen Tierhaltung ... kein Kind wird auf die Idee kommen, die Giraffen, Gnus und Zebras auf der Afrika-Anlage des Opel Zoos zu bedauern, weil sie eingesperrt sind - es sind an vielen Stellen dieser Anlage nicht mal Zäune zu sehen. Es ist einfach eine große Weide, auf der die Paarhufer rumlaufen, spielen und ihr Leben leben. Das war noch gänzlich anders vor wenigen Jahrzehnten - Giraffen hinter 2m hohen Zäunen auf Betonboden und wenigen Quadratmetern Platz, Gnus in engen Käfigen, die nie das Sonnenlicht sehen durften, Elefanten, die sich den lieben langen Tag auf ihren wenige Quadratmeter großen Auslauf mit Weben beschäftigten und die zum Schlafen angebunden wurden.
Das sind Bilder, die zunehmend der Vergangenheit angehören ... und bei vielen Menschen (nicht nur Kindern) Bedauern auslösten.

In Deutschland wirst du bislang noch keinen Zoo finden ohne die Stellen, wo Tiere nicht artgerecht gehalten werden ... aber das ändert sich in einem erstaunlichen Tempo. Beispielsweise hat sich der Tierpark Berlin von einer ganzen Reihe seiner Raubtiere getrennt, das Brehm-Haus, wo sie bislang untergebracht waren, wird komplett umgebaut, die Anlagen für die Tiere, die weiterhin gehalten werden sollen, sind großzügig mit viel Beschäftigungsmöglichkeiten. Statt Leopardenunterarten zu sammeln, wie andere Leute Briefmarken, werden nun Madagaskar-Mangusten zum Artenschutz und für Auswilderungsprojekte gezüchtet.
Die Haltung in Zoos ist inzwischen für viele Tierarten deutlich artgerechter, wie in unseren Privathaltungen.

Meine persönliche Meinung ist, wer Kaninchen, Rennmäuse, Chinchillas, Hamsterarten oder was auch immer in der Wohnung hält, der sitzt im Glashaus und sollte nicht mit Steinen nach Zoos werfen ...



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Re: Besuch im Zoo

Beitrag von Anduril » Sa 23. Mär 2019, 21:21

Hallo

Also sicher gibt es Zoos und Tierparks noch auf dieser Welt die ziemlich arm Seelig sind und die Tiere wirklich nur zum "Gaffen" da sind. Aber wenn ich hier z.B an den Duisburger Zoo denke die riesen Freianlagen und die Landschaften denke, glaub ich nicht, das die Tiere wirklich noch realisieren das sie "Gefangene" sind.

Und die Natur verschwindet halt immer mehr und mehr. Und die Natur ist halt auch grausam und nicht immer schön. Und die Tiere haben da immer weniger Platz schlucken Plastik usw.

Und ich kann mich als Kind an einige schöne Zoobesuche erinnern wo für mich der Grundstein gelegt wurde mich für Tiere zu interessieren und eben aufzupassen z.B nicht soviel Plastik zu verbrauchen und Tieren zu helfen. Hier finde ich auch die Aufgabe eines Zoos die Tiere zu zeigen wie schön sie sind und wie ihr IDEALER Lebensraum aussehen muss.

Ich hab damals , dass weiß ich noch in der Schule ein Projekt gestartet gegen die Abholzung vom Regenwald, weil mir im Zoo ddie Regenwaldtiere so gefallen haben und die eine Aktion hatten wo sie gezeigt haben, was der Raub in den Regenwäldern anrichtet. Da haben wir Kuchen und Kekse verkauft und Unterschriften gesammelt (natürlich haben die Unterschriften nichts gebracht) aber das Geld vom Verkauf haben wir dann an so ein Projekt gespendet^^ Da wäre ich ohne den Zoo niemals drauf gekommen.
Auch ein Grund für mich heute z.B kein Palmöl mehr zu verwenden.

Das einzige was ich z.B beim Loro Park ziemlich kritisch finde sind die Orcas , weil so groß kann kein Becken sein wie der Ozean. Aber man muss auch hier sagen sie sammeln wichtige Infos die für Tiere in Freiheit von Vorteil sein können.



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Re: Besuch im Zoo

Beitrag von Murx Pickwick » So 24. Mär 2019, 14:44

Es gibt keinen vernünftigen Grund, Orcas zu halten. Das gilt auch für den Loro Parque.
Ausnahmslos alle Daten, die gebraucht werden, um Orcas zu schützen, kann man nur an freilebenden Orcas gewinnen, nicht an gefangenen Tieren. Denn das sind beispielsweise Familienzusammensetzungen, Wanderrouten, Jagdverhalten, Gesundheitszustand (gerade im Hinblick auf Mikroplastik), Sprachanalysen etc ... alleine schon die Sprache der Orcas kann nicht an gefangenen Tieren erforscht werden, da die Sprache über Jahre gelernt wird, genau wie bei uns Menschen.
Orcas sind hochsoziale Wesen, genau wie wir Menschen.
Nehmen wir ein paar Menschen aus aller Welt, zwangsvergesellschaften wir sie in kleinen Räumen, dann werden diese Menschen nicht mehr ihr arttypisches Gruppenverhalten zeigen können und werden auch keine Sprachen mehr an ihre Kinder weitergeben, weil sie schon Probleme haben, sich untereinander zu unterhalten. Genauso ist das auch mit den Orcas in Gefangenschaft - sie reden kaum noch, die meisten kommunikativen Töne, die sie von sich geben, sind Töne, die ihnen der Mensch beigebracht hat!
Wie sollen daran Sprachstudien durchgeführt werden? - Das sind doch letztendlich nur Stammelstudien!

Der Loro Parque ist deshalb für mich einer der zwiespältigsten Tierhaltungen überhaupt - auf der einen Seite gibt es noch etliche Papageienarten, die ohne den Loro Park nachweislich ausgestorben wären. Außerdem ist er maßgeblich daran beteiligt, das Spix-Ara-Projekt voranzubringen. Das sind gute und unterstützungswürdige Taten. Ohne Loro Parque wäre die Welt wieder etliche Arten ärmer.
Kann man denke ich so als Fakt stehenlassen ...

Auf der anderen Seite gibts halt diese tierquälerische und unnötige Orcahaltung auf Teneriffa ... und es ist egal, wie der Loro Parque das für sich begründet. Es ist definitiv Tierquälerei und die Orcas werden NUR zu Showzwecken gehalten - und versucht zur Vermehrung zu bringen. Einen anderen Grund hat das nicht.
Das wäre nun nicht so schlimm - wenn die Orcas artgerecht gehalten werden würden ... aber das ist auch nicht der Fall, sie werden in für sie extrem engen Behältnissen gehalten, wo sie sich kaum drin bewegen können. Ihnen werden Leistungen abverlangt, die bislang in freier Wildbahn nicht beobachtet worden sind. Es sind keine intakten Orkafamilien, die dort gehalten werden, sondern zwangsvergesellschaftete Orcas aus aller Welt - was muß das für das Einzeltier heißen, wenn es daran angepaßt ist, lebenslang in einer Familie mitzuschwimmen, wo jeder den anderen kennt - und auch jeden Orca aus den umliegenden Familien persönlich kennt.
Das ist vergleichbar mit der Haltung von Elefanten im Circus, was da betrieben wird!
Weiterhin - wenn der Loro Parque wirklich es ernst meinen würde mit der Erforschung der Orcas, wäre es ein einfaches, sich über den Gesundheitszustand der Tiere zu erkundigen. Aber selbst das ist nicht der Fall, genau wie jede andere Delphin- und Walhaltung wird nur über die Erfolge gesprochen, über die häufigen Hautentzündungen, Darmentzündungen etc wird geschwiegen. Es sterben oft Jungtiere oder werden von ihren Eltern nicht angenommen - und auch darüber wird nicht geredet!
Das ist für mich wiederum der Inbegriff der Unseriösität in der Tierhaltung! Und da kann für mich auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß tatsächlich immer mehr der geborenen Orcakinder durchgepäppelt werden können ...

Ich weiß einfach nicht, was ich von einer solchen Tierhaltung halten soll - auf der einen Seite unbedingt notwendig, wenn nicht noch mehr Papageienarten aussterben sollen, aber auf der anderen Seite ...



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Re: Besuch im Zoo

Beitrag von Anduril » Mo 25. Mär 2019, 11:11

Wie gesagt bei den Orcas stimme ich dir absolut zu das ist wirklich mehr wie fraglich.

Aber diese frage kennt wohl jeder tierhalter der sich sorgen drüber macht ob seine tiere es gut haben.
Ich frag mich bis heute bei den frettchen was für ein domestieziertes Tier die beste haltung ist. Hier kenne ich auch verschiedene haltungsarten von wohnung über riesiges Freigehge - ich könnte jetzt nicht ausmachen wo die tiere wirklich glücklich sind.
q
Und ich meine meine süßen können mir das schon gut zeigen wenn ihnen mal was nicht passt.
ursprünglich wurden sie für die Jagd gezüchtet und waren immer bei ihren menschen also was solltten sie spaß haben abseits vom geschehen in einer außenvoliere leben zu müssen. Auf der anderen seite buddeln sie gerne und da ist dann die frage reicht die buddelkiste auf dem balkon auch wenn sie da jedes mal party machen.

Wie du schon sagtes hat der loropark auch einiges getan wie für die papageien oder auch die große anlage für die pinguine.
Aber ob es wirkliche freiheit für tiere heute überhaupt noch gibt wage ich zu bezweifeln aber vielleicht lernen die kinder heute doch noch was den es waren ja die nächsten generationen die auch die alte zoohaltung verbessert haben. Wer weiß



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Re: Besuch im Zoo

Beitrag von Murx Pickwick » Mo 25. Mär 2019, 15:24

Bei den Frettchen ist das noch relativ einfach zu beantworten - die Wildform existiert noch, man braucht also nur noch zu vergleichen zwischen dem Frettchenverhalten und dem Iltisverhalten. Und hier ist auffällig - wenn Frettchen in Freiheit entkommen, verwildern sie genauso schnell, wie in Menschenobhut aufgewachsene Iltisse. Iltisse wiederum lassen sich fast genauso gut zähmen, wie Frettchen und werden fast genauso zahm. Füttert man wildlebende junge Iltisse an, schließen sie sich sehr eng dem Menschen an und bleiben in der Nähe der Fütterungszone und spielen mit dem Menschen.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, Brehm hatte von so einer Beziehung berichtet ...
Das heißt, daß Frettchen den Menschen nicht mehr brauchen, wie Iltisse - aber sowohl Iltisse, als auch Frettchen genießen durchaus menschliche Anwesenheit und können den Menschen in ihr Leben einbauen.

Führt man nun diese Gedankengänge zuende, dann müßte eine Freilaufhaltung, wie wir sie ja auch bei Katzen betreiben, die optimalste Haltungsform für Frettchen sein - zumindest aus Frettchensicht, nicht so sehr aus der Sicht der Nachbarn, die werden sich nämlich gar nicht freuen, wenn nun auch noch neben Fuchs, Marder, Habicht und Co auch noch Frettchen in Hühnerställe und Kaninchenvolieren eindringen und die dortigen Tierpopulationen vollständig ausrotten ... ich denke, daß Frettchen aufgrund ihrer enormen Neugier sogar deutlich gefährdeter sein dürften, wie Katzen. Zumindest die Fretts, die ich bislang kennenlernte, kamen mir immer ein wenig größenwahnsinnig vor ... ich glaub, die können sich gar nicht vorstellen, daß ihnen irgendetwas passieren könnte, wenn sie ihre vorwitzige Nase in irgendwelche Löcher stecken, die sie nix angehen. Katzen sind außerhalb ihrer Wohnungen doch deutlich vorsichtiger.

Ein guter Kompromiß sollte dann also die Haltung mit riesigem Freigehege als ständig erreichbarer Auslauf und Wohnung mit Familienanschluß sein - und ab und an die Gelegenheit, daß sie zum Frettieren genutzt werden. Und damit sind wir schon bei einem Frettchenparadies angekommen, wie es für wildlebende Iltisse (und verwilderten Frettchen) nie geben wird - voller Komfort bei vollem Vergnügen. Die Kompromisse in freier Natur sind halt für Iltisse die ständige Bedrohung durch größere Beutegreifer und die Gefahr des Verhungerns, wenn nicht genügend Beute gefangen werden kann. Weiterhin gibt es keine medizinische Versorgung, was also die iltissche Hausapotheke überschreitet, ist Pech und meist tödlich. Auch Menschen als Spielpartner und Futtergeber wird es für wildlebende Iltisse eher extrem selten geben, ein schöner Funfaktor fällt also weg.
Der Kompromiß in der Wohnung wiederum ist eingeschränktes Buddeln, meist keine Möglichkeit, Beute zu machen, eingeschränktes Jagdgebiet ... dafür haben diese Frettchen aber wiederum den Menschen als Funfaktor, volle medizinische Versorgung und eine nicht unerhebliche Grundversorgung mit Futter. So schnell, wie Frettchen hungern, ist das Letztere denke ich ein durchaus sehr wichtiger Faktor.
Daß die Beschäftigung mit dem Menschen durchaus Auslauf ersetzen kann, daß zeigen eine ganze Reihe von Untersuchungen an Zootieren. Solange also die Haltung nicht zuweit weg ist von den Grundbedürfnissen der gehaltenen Tierart, geht also eine Wohnungshaltung - wäre merkwürdig, wenn das für die Fretts nicht gilt. Da sind es dann eher einzelne Tiere, die besser in großen Freilaufgehegen gehalten werden, und andere, die eine kompromißlose Wohnungshaltung vorziehen (sieht man ja auch gut bei Katzen, selbst wenn einer Katze Tag und Nacht Freigang ermöglicht wird, heißt das nicht, daß Katzi das auch nutzt - gibt durchaus diese Coach Potatoes, die ihren Fuß bestenfalls mal für ein Leckerli außerhalb der komfortablen Wohnung setzen. Müßte es theoretisch bei Frettchen auch geben.)

Es gibt aber noch einen gänzlich anderen Aspekt in der Tierhaltung, der halt auch für Zoos gilt ...
Ich weiß nicht, ob ihr wißt, wie der einzige ehemals wildlebende Schwertwal des Loro Parques in dessen Hände kam.
Morgan, so heißt die gute Dame, wurde halbverhungert aufgefunden und hochgepäppelt - nun stand man vor der Wahl, einschläfern oder ne Haltung finden, welche die Dame weiter pflegen könnte, denn es war partout nicht herauszufinden, aus welcher Gruppe das Tier eigentlich stammte. Orca-Familien nehmen keine gruppenfremden Schwertwale auf, sondern vertreiben sie oder töten sie sogar, alleine kann kein Schwertwal in Freiheit überleben, das ist der sichere Tod.
Es wurde entschieden, daß der Loro Parque die Dame aufnehmen könnte ... nach etlichem Hin- und Her und Kampf für oder gegen Auswilderung wurde sie schließlich mit gültigen CITES-Papieren nach Teneriffa verfrachtet, wo sie immer noch lebt. Eine bessere Möglichkeit gab es zu dem Zeitpunkt nicht, Loro Parque hatte weltweit die größten Becken für Schwertwale und eine eigene Gruppe, war nicht zuweit vom Fundort weg usw. Da hat man sich wirklich Gedanken gemacht!

Der Loro Parque hatte Morgan weiter aufgepäppelt und sie in die eigene Orca-Gruppe integriert. Dabei stellte es sich mit der Zeit raus, Morgan kann nicht richtig hören. Noch ein Grund mehr, daß sie vermutlich nie erfolgreich ausgewildert werden kann.
Nun geht der Loro Parque von der Prämisse aus, daß es ein Grundrecht eines jeden Tieres ist, sich zu vermehren ... grundsätzlich geb ich ihnen recht - aber es ging hier um Morgan! Dieses Tier hätte nie mit seiner Taubheit in freier Wildbahn überlebt, es hätte als gar kein Recht zur Fortpflanzung gehabt, weil es vorher gestorben wäre. Zudem ist nicht klar, ob diese Taubheit erblich ist oder nicht.
Und genau mit diesem Tier wird nun gezüchtet ... das Kalb wurde 2018 geboren, Morgan hatte nicht genügend Milch für das Kalb (ein häufiges Problem in der Schwertwalhaltung, vermutlich ist dies eine Folge von Verfettung durch zuwenig gleichmäßige Bewegung und zu fettreicher Nahrung, Fische unterscheiden sich ganz extrem in ihrer Nährstoffzusammensetzung und auch im Loro Parque werden nur wenige Fischarten überhaupt verfüttert). Das Kalb wurde zeitweise für die Handaufzucht isoliert, so wie man es ja auch mit Papageien und Pinguinen macht, wenn es mit der Aufzucht nicht wirklich klappt ...

Für mich als Außenstehende ist die Sache sonnenklar - für Morgan hätte eine Gruppe gefunden werden müssen, in die sie integriert werden kann (wurde ja auch im Loro Parque) und dann eine Freischwimmhaltung mit Zugang zum Meer geschaffen werden müssen, wo die Gruppe in menschliche Obhut Schutz suchen kann, aber so wie ja auch Freigängerkatzen jederzeit sich im Meer austoben kann. Solche Haltungen gibt es inzwischen für mehrere Delphinarten, für Schwertwale wäre es die erste Haltung dieser Art überhaupt. Außerdem hätte sichergestellt werden müssen, daß die schwerhörige Morgan sich nicht fortpflanzen kann, solange nicht klar ist, ob es sich nicht eventuell um einen genetischen Defekt handelt.
Für den Loro Parque dagegen ist das nicht mehr so einfach und sonnenklar - man muß sich da einfach mal in ihre Situation denken.
Selbst wenn wir den monetären Zugewinn durch Morgan wegdenken, ist das verdammt problematisch - Morgan ist schließlich zur endgültigen Größe gepäppelt worden, sie ist erfolgreich in die eigene Gruppe integriert worden, man hat Erfahrung mit der Zucht und Aufzucht von Schwertwalen (ich glaub, zwei Tiere der Loro-Parque Schwertwale sind im Loro Parque geboren worden) und man hat auch heute noch eine der größten Schwertwalanlagen mit dem weltweit besten Wasser ... selbst wenn die anderen Schwertwale ausgewildert werden könnten, wäre ja Morgan allein im Becken - das geht natürlich auch gar nicht!
hmm ... plötzlich nicht mehr so einfach, vor allem, wenn man sich vorstellt, diese Schwertwale wären keine Schwertwale sondern Chinchillas (Frettchen, Hamster, whatever) und es würde sich um die eigenen Tiere handeln.
https://www.loroparque.com/morgan/index_de.html

Sicher - hier spielen in der Entscheidung sehr menschliche Gefühle etc eine herausragende Rolle ... aber ist das nicht auch irgendwie in jeder unserer Tierhaltungen der Fall?
Wird wirklich von uns immer kompromißlos im Sinne der Tiere entschieden oder wird nicht bisweilen das eigene Interesse, die eigenen Vorteile und Vorurteile und die eigenen Emotionen in unzulässiger Weise vorgeschoben? (Bei mir ist die Beantwortung der Frage momentan absolut klar: Ich halte meine Chinchillas unnötig beengt, weil ich versuche, mein eigenes Leben endlich mal zu sortieren, die Chins stehen mom hintan und das schon seit Jahren.)



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